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FFF: Tag 5

A Bittersweet Life / Primer / Shutter/ Matando Cabos / Malevolence

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schwarzes Regenschirm-Balett aus Südkorea

Bei A Bittersweet Life von Kim Jee-Won handelt es sich um das Centerpiece des diesjährigen FFF. Gezeigt wurde der Directors Cut, der der Kinoversion bis auf ein paar wenige Szenen gleicht. Die Story ist schnell erzählt. Soon-Woo, Enforcer eines Nachtclubs, soll das Mädchen des Chefs überwachen. Sie hintergeht ihn. Soon-Woo soll sie sofort erledigen. Doch anstatt sie zu töten wird er schwach und lässt sie laufen. Der Anfang vom Ende. Zunächst wird der ruhige und kompromisslose Killer Soon-Woo von seinem ehemaligen Arbeitgeber gequält. Kurz vor seiner geplanten Hinrichtung gelingt ihm die Flucht. Doch kurz darauf kommt er zurück. Mit Wut im Bauch und ein paar praktischen Handfeuerwaffen. „You fucked the wrong guy. Watch your back“. Und schon räumt Soon-Woo mit der kompletten Unterwelt auf. Eine simple Story, in wunderschönen Bildern. Dazu Action und zum Schluss gar Heroic-Bloodshed-Momente galore. Alles wunderbar. Von Anfang ist klar, dass dieser Rachefeldzug keine Gewinner haben wird. Dennoch entlässt uns Kim Jee-Won mit einem Bild, das alles gesehene in Frage stellt. Für einen kurzen Augenblick nur. Doch dann erinnern wir uns. A Bittersweet Life. Soon-Woo hat sich zum ersten Mal verliebt. Das Leben, das er hätte leben können. Er war so nah dran und doch ewig davon enfernt. Ein würdiges Centerpiece. Absolut.

Sebastian Zapf
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Wo geht der Blick hin? In die Zukunft oder doch eher in die Vergangenheit

Ja, da hält mal jemand, was er verspricht. Primer ist ein wunderbarer No-Budget-Film (7.000 $!!!) über, tja, was eigentlich? Über zwei Mathematiker, die in ihrer Garage ein „Ding“ bauen, das, wie sich später herausstellt, „the most important thing any living being has ever witnessed“ kann. Ohne zu viel vom Plot verraten zu wollen, sei angedeutet, dass es sich dabei eventuell um die Möglichkeit, in der Zeit zurückzureisen handeln könnte. Doch was passiert, wenn du in der Zeit zurückreist? Wo ist dein Ich, das schon einmal diese Zeit durchlebt hat? Und wer bist du? Der Doppelgänger oder das Original? Und was zum Teufel will mir dieser Film eigentlich erzählen? Kurz gesagt, ich habe keine Ahnung und es ist verdammt noch mal wundervoll, einen Film zu sehen, der sehenden Auges das komplette Publikum diesseits von Stephen Hawking überfordert. Dabei ist er in einem Dogma-ähnlichen Style extrem auf Realismus gebürstet und hat Protagonisten, die lediglich marginal mehr von dem verstehen was vor sich geht als das Publikum. Und das zeige mir mal einer: Ein zum bersten realistischer Zeitreisefilm über zwei Mathematik-Geeks mit Krawatten, dessen Story kein Mensch kapiert und trotzdem fuckin herausragend ist?

Christian Ihle
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Eine Mexikanische Gewaltgroteske wurde angekündigt. In erster Linie ist Matando Cabos jedoch eine Komödie. Eine tiefschwarze Verwechslungskomödie, die ihre Hausaufgaben gemacht hat. Regisseur Alejandro Lozano hat den Gangsterfilm der letzten zehn Jahre offensichtlich genauestens studiert. Denn er präsentiert uns die überbordende Geschichte um den entführten Tycoon Oscar Cabos, benebelte Ex-Wrestler, abgetrennte kleine Finger und absolut unfähige Entführer, im Stile eines jungen Guy Ritchie. Wer auf „Snatch“ und Co. steht, der wird auch hier seinen Spaß haben. So ganz gibt Lozano seine Hauptdarsteller nicht der Lächerlichkeit preis. Trotzdem ist Humor der wichtigste Bestandteil von Matando Cabos. Bis zum für den „Hauptdarsteller“ bitteren Ende geht einiges zu Bruch. Aber mit hohem Unterhaltungsfaktor. Wer 90 Minuten Gangsterspaß erleben will, ohne Durchhänger, zügig erzählt, und mit dem einen oder anderen Opfer am Wegesrand, der ist hier genau richtig.

Sebastian Zapf
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Nervös? Angespannt? Angst? Vielleicht mal umdrehen... ja DU lieber Leser!

Ok, ok, I know. Der asiatische Horror war where it’s at im letzten Jahrzehnt und auch ich habe mich gerne vor dunklen Wassern gefürchtet oder mich von Ringen becircen lassen, doch langsam kann ich die creepy Frauenleiche, die durch anonym-asiatische Großstädte als Menetekel der sozialen Isolation und des Unmenschlichseins krabbelt, nicht mehr sehen. Doch: Shutter macht aus allerlei bekannten Versatzstücken (a bit Psycho und I Know What You Did Last Summer, einiges von Ringu und etliches aus Ju-On) eine Ghost-Story mit zwei, drei wirklich verdammt guten kleinen Ideen. Die Geschichte um einen Autounfall mit Fahrerflucht, bei dem das schreckliche Geheimnis nach und nach immer weiter das alltägliche Leben beeinträchtigt und ghost sightings galore Postkartenpanorama-Fotos kaputt machen, ist der originellsten keine, aber angenehmerweise sitzt hier der Kollege Suspense gleichberechtigt mit Frau Shock in den Lovechairs deines Kinopalastes und fesselt so durchgängig bis zur einfach erstaunlichen Schlusssequenz. Ich sag’s mal so: Selten hatte ich so ungern Nackenschmerzen wie an dem Wochenende nach Shutter. Erwartungen absolut erfüllt, mir die Nachtruhe geraubt und - eine Seltenheit bei Horrorfilmen - ein Schluss, bei dem kein purpurner Fluss sämtliche Logik hinwegspült, der also NICHT den ganzen Film kaputt macht.

Christian Ihle
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auch tot, aber wohl eher keiner der Bankräuber

Malevolence sieht so aus, als wäre er direkt aus den 80ern auf das diesjährige Fantasy Filmfest gerauscht. Eine Story im ursprünglichen Sinne gibt es eigentlich nicht. Eben der typische Slasherfilm. Der Killer lebt im nahegelegenen ehemaligen Schlachthaus. Und kaum tauchen ein paar Leute auf, macht er sich wieder auf die Jagd. Wäre er nur mal nicht so Michael Myers-like unbeweglich. Dann würde er auch ein wenig mehr Angst versprühen. Seine potentiellen Opfer sind eine Mutter und ihr Kind, sowie eine Gruppe von Bankräubern, die ausgerechnet in der Nähe des Schlachthauses ihren Treffpunkt ausgemacht haben. So kommt eines zum anderen. Die Gruppe dezimiert sich auf unnatürliche Weise und am Ende erfahren wir, wer der Killer war. Das haut nicht vom Hocker, konnte man schließlich schon mehr als erahnen. Aber unterhält trotzdem ganz ordentlich. Es gibt wahrscheinlich keine einzige Szene in Malevolence, die genau so noch nicht im Kino zu sehen war. Kein Wunder, John Carpenters Halloween war offensichtlich ein großes Vorbild für Regisseur Stevan Mena. Für die Filmwelt also eigentlich ein absolut verzichtbarer Streifen, aber als Genrefilm betrachtet durchaus unterhaltsam. Nur eine Frage stellt sich mir: Inwiefern dieser Film der Mittelteil einer geplanten Horror-Trilogie werden soll. Die Story reicht ja nichtmal mal für einen Film. Naja, Halloween hat es ja auch auf immerhin acht Filme gebracht. Nur, dass da die Ausgangsposition eine bessere war.

Sebastian Zapf


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