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FFF - Reloaded in Berlin: II

Vares – Private Eye / The Big White

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meat is murder und der Mörder ist immer der Metzger

Es gibt zwei Arten von Tarantino-Komödien: die einen nehmen lediglich den beschwingten, popkulturreferenzhaltigen Blick von QT als Vorlage und basteln ihren eigenen Pulp daraus, die anderen weiden sich an Tarantinos Filme, um daraus popkulturelle Zitate zu werkeln. Während erstere sehr erfrischend sein können, wie Guy Ritchie oder auch Mantando Cabas auf dem diesjährigen FFF bewies, wirken letztere doch meist nur bemüht.
So auch Vares, ein finnischer Film-Noir-Tarantino-Komödien-Verschnitt: wir haben die skurrilen Figuren, die smalltalkenden Killer, ja es wird sogar über Travolta gesprochen und die „Who Killed Nice Guy Eddie?“-Szene aus Reservoir Dogs zitiert – wahrscheinlich muss man dankbar sein, dass keine coole Sau zu tanzen beginnt. Dass die TV-Ästhetik mit fancy Schnitten und Überblendungen kaschiert werden soll ist löblich, aber muss deswegen gleich jeder Schnitt fancy sein? Referenzpunkt wäre am ehesten ein Film wie der deutsche Die Musterknaben: ein paar schöne Ideen, aber im Endeffekt nicht halb so clever wie er dachte. Leidlich unterhaltsam ist Vares dennoch, auch wenn es mich verwundert, dass der Kinosaal nach Vorführung in Applaus ausbrach.

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Der Reviewer, der es schafft, über The Big White zu schreiben, ohne das Wort „Fargo“ zu erwähnen, erhält einen Gin Tonic beim nächsten Melting Pop: eine schwarzhumorige Krimikomödie um skurrile Entführungen in schneebedeckten Landschaften - kommt das bekannt vor?
Auch wenn The Big White bei diesem großen Vorbild natürlich ein äußerst schweres Päckchen zu tragen hat, macht es einen Höllenspaß der erstklassigen Besetzung bei ihren Charaden zuzusehen. Besonders hervorzuheben sind dabei Giovanni Ribisi, als Versicherungsyuppie, dessen Angetraute ein Faible für Frauenzeitschrift-Psychotests hat und Holly Hunter, die mit ihrem Tourette-Syndrom für Beschimpfungen der allerhöchsten Klasse und eine „Fuck“-Dichte erster Kajüte sorgt. Der Eels-Soundtrack tut der Freude selbstredend keinen Abbruch und würde man nicht die ganze Zeit denken, dass Fargo noch besser war, man hätte einen Genrefilm, der Kiss Kiss Bang Bang in dieser Hinsicht auf dem FFF den ersten Rang streitig machen könnte.

Christian Ihle


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