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McCartney, Paul

Chaos and Creation in the Backyard

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Anfang und Mitte der Siebziger Jahre spielten John Lennon und George Harrison Konzerte mit Jimi Hendrix, machten Bed-Ins oder Demonstrationen, schufen weiter Meisterwerke wie „Imagine“ oder „All things must pass“: Und was machte Paul McCartney? Er gründete die Wings, schrieb mit „Mull of Kintyre“ einen der nervigsten, dennoch erfolgreichsten Folk-Popsongs und füllte Stadion mit immer der selben Art von Musikherangehensweise. Das alles gipfelte 1990 in „Hope of Deliverance“, den bis dato gruseligsten, und wiedermal: einen der erfolgreichsten Songs der Insel. Trotzdem: die Jahre haben das kreative Potenzial aus Paul McCartney gezogen. Musikalisch dehydriert gibt der gute zwar immernoch ausverkaufte Tourneen (und sagenhaft schlechte Coverversionen von Beatles-Liedern, wie vor ein paar Wochen beim Live8-Konzert zusammen mit Bono); mit der musikalischen Grenzerfahrung und –erweiterung ist es aber spätestens seit den Siebzigern vorbei.
„Chaos and Creation in the Backyard“ hat zwar einen tollen Albumtitel, leider aber sonst nichts weiter zu bieten. Das ganze erinnert eher an einen gemütlichen Sonntagnachmittag mit English-Tea (so heisst dann auch ein Song), statt einer Rückbesinnung auf längst vergrabene Stärken. Und das hier niederzuschreiben tut weh, als Beatlesfan. Zwar hat Paul McCartney noch immer dieses gewisse, einschmeichelnde Händchen für schöne Popmelodien, aber wirkliche Highlights lassen sich nicht mehr finden. Außer natürlich dem Glanzstück „Jenny Wren“ und dem etwas bemühten Hidden Track. Was bleibt sind schöne Klavierstücke, in denen Paul MacCartneys butterweiche Stimme sich der Popmusik ganz und gar hingeben kann. Ab und zu werden Zugeständnisse an Blues, Jazz und etwas Salsa/Samba gemacht (wie in „Vanity Fair“), aber insgesamt ein mehr als durchschnittliches Album. Verübeln kann man es ihm eigentlich nicht. Der Godfather of Popmusik hat in den zehn Jahren mit den Beatles so viele Hymnen geschrieben, dass es für fünf Leben reicht. In diesem Sinne ist „Chaos and Creation“ wohl eher als wärmender, wehmütiger Blick zurück zu verstehen. Denn: wenn sich einer auf seinen Lorbeeren ausruhen kann, dann Paul McCartney.

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 46:53 / Pop

Robert Heldner


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