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Constantines

Tournament Of Hearts

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"Würde Bruce Springsteen für 'Dischord' veröffentlichen, er klänge wie die Constantines." So oder so ähnlich lauteten die euphorischen Beschreibungen des Sounds der Kanadier in vielen Rezensionen. Und nicht zu unrecht. Denn dieses besondere Flair von Postrock-Verkopftheit und erschütternder, emotionaler Offenheit leidensgeplagter Singer-Songwriter-Koryphäen war und ist tatsächlich auf völlig einzigartige Weise in den Kompositionen der Constantines verwoben. Mit ihrem dritten Werk jedoch hat sich in dieser Formel nochmals einiges geändert, besser: verschoben. Mit beachtlichem Resultat. Die Constantines, das steht fest, waren schon immer verdammt gut. Diesmal aber haben sie wirklich großes geschaffen. "Tournaments Of Hearts" klingt auf den ersten Blick erwachsener, überlegter als die vorherigen Releases. Was sich zunächst nur andeutet, manifestiert sich dann mit jedem weiteren Hördurchgang: Die zehn Songs verfügen über eine unglaubliche Tiefe, welche den Hörer in einem steten Sog mitzureißen droht. Bryan Webb scheint eins zu werden mit seien vier Mitmusikern, die zwischen Melancholie und Ausbrüchen markerschütternder Verzweiflung hin und her taumeln. Zum Beispiel in "Working full-time", welches auch auf dem Vorgängeralbum "Shine a Light" hätte stehen könnte. Doch dieses Aufbrausen bleibt die Ausnahme: Die rockige Vergangenheit wird oft nur noch angedeutet, harte Gitarren sehr akzentuiert eingesetzt. Stattdessen schafft man eine dichte Atmosphäre, die ganz unkonventionell in ihren Bann zieht. "Lizaveta" beispielsweise erinnert mit seinem untypischen Moll-Bläsersatz beinahe an einem Trauermarsch; das an dEUS gemahnende "Thieves" dagegen bildet ein paar Lieder weiter das Gegenstück: Ein Anflug von Leichtigkeit, für welchen man in der Tiefe des Albums fast dankbar ist. Mit dem ebenso mutigen wie zurückhaltenden "Windy Road" schließt sich das Werk wunderbar stimmig. Was also ist passiert? Zog man vormals noch Vergleiche in Richtung Bluetip oder Hot Water Music, werde ich die Constantines ab sofort in einem Atemzug mit Springsteen, Smith und - insbesondere - den späten Chamberlain nennen. Und: Im nach wie vor sehr gut besetzten Labelraster von Sup Pop nimmt die Band für mich spätestens mit "Tournament Of Hearts" die Favoritenrolle ein.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 36:52 / Postrock

Michael Streitberger


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