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MISC - sellfish.de Beifang 11/05 | 03

Miscellaneaus: Genrekram*EP*Vinyl*MCD*Sampler*Demos*Soundtrack

A Traitor Like Judas - Nightmare Inc. CD

Dockyard 1 / Soulfood

Das wesentliche Manko ihres Debüts "Too Desperate To Breathe In..." haben A Traitor Like Judas elegant behoben: Die Produktion von "Nightmare Inc." lässt nämlich keinerlei Wünsche offen und knallt ordentlich. Auch das Songwriting ist deutlich fokussierter und stärker ausgefallen als auf dem an sich schon recht ordentlichen Vorgänger. Zentrales Problem der Herren aus Braunschweig: Die Konkurrenz in ihrem Genre ist inzwischen nicht nur unüberschaubar, sondern stellenweise auch verdammt hart geworden. Man denke nur an Unearth oder Darkest Hour... und im Vergleich zu denen spielt man eben doch noch in einer ganz anderen Liga. Wenn dann in "From my cold dead hands" beispielsweise zum typischen melodischen Deathmetal noch ein paar Samples dazukommen, ist das zwar nett; diese Tatsache rettet das Album trotz klarer Fortschritte aber dennoch nicht mehr ganz aus dem dicht besiedelten (oberen) Durchschnittsfeld. Wollen wir aber nicht ungerecht sein: Wer von handwerklich richtig gut gemachtem Deathmetal schwedischer Prägung samt abwechslungsreicher Breaks und schicker Harmonielinien - heute eben gerne als "Metalcore" attributiert - nicht genug bekommt, macht trotzdem nicht viel falsch.
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 38:35 / Metalcore / dockyard1.com
Michael Streitberger

Bolt Thrower - Those Ones Loyal CD

Metal Blade / SPV

Deathmetal-Bands sind auf diesen Seiten bekanntermaßen eine eher seltene Erscheinung. Doch ein neues Album des britischen Anarcho-Flaggschiffs Bolt Thrower kann und darf auf sellfish.de nicht unberücksichtigt bleiben. Zumal sich die Formation mit dem Wiedereinstieg von Ur-Frontmann Karl Willetts kürzlich wieder ordentlich ins Gerede gebracht hat. Die Umstellung ist dabei jedoch halb so groß: Der Weggang des stimmlich ohnehin sehr ähnlichen Dave Ingram (Benediction) ist problemlos zu verschmerzen und verlief glücklicherweise absolut friedlich... weshalb der Gute passenderweise auch ein Gastspiel auf den neun Tracks gibt. Selbige geben allen Band- und Genrefreunden, worauf sie so lange warten mussten: Erhabenen, monotonen Deathmetal, der seine Wurzeln zwar noch zwischen Discharge und Slayer weiß, auf dem achten Werk seiner zwanzigjährigen Karriere mittlerweile jedoch nur noch sich selbst zitiert. Perfekt, denn Bolt Thrower orientieren sich dabei an ihrer meiner Ansicht nach stärksten Phase: Beinahe alles hier klingt wie auf dem 1998er Masterpiece 'Mercenary'. Seien es nun Sound, Artwork, Songwriting oder die Lyriks - Traditionalisten kommen voll auf ihre Kosten!
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 39:34 / Deathmetal / boltthrower.com
Michael Streitberger

Creozoth – Same CD

Escapi Music / Soulfood

Mit wummernden Gitarren starten Creozoth ihr selbstbetiteltes Debutalbum. „With the flow“ kommt dermaßen rocklastig aus den Boxen, dass man sich in gute alte Rage – Zeiten zurückversetzt glaubt. Und auch im Folgenden sind Parallelen erkennbar: Um nicht nur in höheren Geschwindigkeiten zu verharren, werden ebenso midtempo Nummern eingestreut („Mind“). Als Pausenprojekt sind Creozoth übrigens zu verstehen. Ein Lückenfüller zwischen den Candlemass – Alben. Denn dass die Schweden musikalisch mal stillsitzen können, geht ja nicht. Aber das hatten wir ja schon an anderer Stelle… Sozusagen als Pausenclown möchte dieses Projekt aber dennoch nicht verstanden werden, auch wenn sich der Sound beim ersten Durchlauf irgendwie als alt oder platt einstellen möchte, so eröffnet sich doch mit öfterem Anhören ein Album, welches durchaus mit Sahnestückchen aus der der Welt des ehrlichen Hardrock aufwartet („Intoxicatedead“). Um mit Gitarrist Lars Johansson zu sprechen: Coole heavy Riffs, wilde Solos, powerful metal – echte schwedische Wertarbeit also. Ja, obwohl ich am Anfang der CD etwas skeptisch gegenüberstand gibt´s hier dennoch ein Lob! Weiterso! Auf die nächste Pause von Candlemass! P.S.: Liebe Presseinfo: Doom metal??? Nee! Hardrock!
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 57:28 / Hardrock / escapimusic.com
Uwe Wollein

Ephen Rian - The Special Referendum CD-EP

Wynona Records / I Scream / Cargo

Keine Ahnung wo Großraming liegt, aber anscheinend muss es da verdammt langweilig sein. Was soll man in der österreichischen Provinz auch groß anstellen - Fußball spielen und damit Karriere machen? Nein, denn da haben schon viele Österreicher vorher das Gegenteil bewiesen. Nun gut, genug der Sticheleien, denn glücklicherweise hat sich die Ödnis der Heimat nicht auf die Spiellaune der fünf Jungs von Ephen Rian übertragen. Ganz im Gegenteil, denn mit „The Special Referendum“ geht nämlich ein erstklassiges Debüt der Österreicher an den Start: Eine amtlich rockende Mischung aus Screamo und Emo, besonders schön durch die unterfütterten Hardcore-Elementen, die sich auch manchmal Metal-Themen bedienen. Klingt nicht nach der Neuerfindung eines exklusiven Genre-Cocktails, knallt mit dem Gespür für die Melodie, die mit den druckvollen Vocals eine explosive Mischung eingehen aber trotzdem ordentlich. „The Special Referendum“ wurde ganz klassisch im Keller-Studio im heimischen Großraming aufgenommen und produziert, bevor die acht Songs der Debüt-EP in den berühmten Capitol-Studios in Übersee (My Chemical Romance, The Used) schlussendlich gemastered wurden. Mit diesem Debüt haben Ephen Rian trotz der breit angelegten Grundmischung bereits ihren eigenen Stil gefunden: Heartcore in seiner reinsten Form, perfekt produziert und schon lange mehr als ein Geheimtipp: Bis Mitte Februar noch auf breit angelegter Europa-mit-allem-was-dazu-gehört-Tour - nicht entgehen lassen.  
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 30:02 / Heartcore / ephenrian.com
Bastian Streitberger

Escapehawaii - Is This A Daily Loop? EP

Babacuda Records

Acht Stücke in zwölf Minuten. Da denkt der gemeine Leser natürlich an ein astreines Punkbrett. Tja, falsch gedacht. Escapehawaii liefert minimalistischen und experimentierfreudigen Elektrosound. Aber ist ja auch mit in- und outro. music based on the idea of punk and personal ID, wie uns die Homepage verrät. Dabei klingt der herausstechendste Song "Is This Everything?!" wie ein zerhacktes Stück von The Robocop Kraus, dass nach dem Auseinanderdröseln per Gameboy und Casiotone wieder neu eingespielt wurde. Soll heißen: ganz schön großartig. Der überwiegende Rest bleibt mehr Skizze als Song. Beeps und Clicks in elektronischem New Wave-Umfeld. "My Feeling Is Delayed". Emo in seiner elektronischsten Art und Weise. Sagt das Label. Und das muss es wissen. Wer sich fragt, wer sich hinter Babacuda Records versteckt, dem kann auch geholfen werden. Das ist das Label von The Audience-Sänger Bernd Pflaum. Wem bei Synthieklängen und mutigem Songwritertum warm ums Herz wird, der soll sich die CD kaufen. Kostet eh nur sensationelle zwei Euro. Nicht mal ein Bier. Eben. Am 26. November ist Escapehawaii übrigens mit Finn im Hersbrucker JUZ zu sehen. Und ich möchte fast meinen: Eine hervorragende Konstellation. Denn am Ende des Tages sind sich die beiden Einmann-Bands doch näher als man glaubt. Glaubt ihr nicht? Abwarten.
/ 12:01 / escapehawaii.com
Sebastian Zapf

Fates Warning - Live in Athens DVD

Inside Out / SPV

Nachdem sich Fates Warning mit ihrem letztjährigen Studiolongplayer "FWX" abermals in Top-Kondition zurückgemeldet haben, gibt nun die erste DVD der Herren Aufschluss über die gegenwärtigen Bühnenqualitäten der Progmetal-Insitution. "Live In Athens" wurde im Februar diesen Jahres aufgenommen und streift in 15 Songs nahezu die gesamte Karriere der einflußreichen Formation. In der starken Besetzung Ray Adler (Gesang), Jim Matheos (Gitarre), Joey Vera (Bass), Nick D'Virgilio (der zum Frontmann avancierte Spock's Beard Drummer) und dem mir unbekannten Frank Aresti an der Gitarre bringt man sympathisch unaffektiert eine ganze Horde euphorischer Griechen in einem Club namens "Gagarin" zum Kochen. Die Tracklist der Show lässt kaum Wünsche offen: Von Hits neueren Datums (unter anderem zwei Auszüge des "A Pleasant Shade Of Grey"-Meisterstücks) bis hin zu einigen unverzichtbaren Klassikern dürfte jeder Freund der Band auf seine Kosten kommen. Zwar fallen Booklet, Menüführung und Bildqualität nicht übermäßig brillant aus, erfüllen ihren Zweck aber voll und ganz. Unter den DVD-Extras gibt es zudem noch zwei Songs mit Kevin Moore und Mike Portnoy von Dream Theater sowie diverses Behind-The-Scenes-Material zu sehen. "Live In Athens" zeigt F.W. überraschend energiegeladen und macht somit jede Menge Spaß. Bemerkenswert besonders, dass Fates Warning nun schon gut 20 Jahre auf dem Buckel haben... umso schöner, mit dieser (von den beiden Frontmännern persönlich produzierten) DVD zu erleben, dass die Amerikaner offenbar immer noch hungrig sind.
 -- / 90 min. plus Bonus / Progmetal / fateswarning.com
Michael Streitberger

Franklin Delano - Like A Smoking Gun In Front Of Me

Maledetto

Franklin Delano stammen aus Bologna, was sie aber nicht daran hindert auf ihrem zweiten Album wieder ihrer Variante von Folk-Rock uramerikanischer Prägung nachzugehen. Die Rohentwürfe entstanden daheim in Italien. In Chicago nahm man den Rest mit Califone auf. Produziert hat Brian Deck, der sich sonst unter anderem für Modest Mouse oder die fantastischen Iron & Wine verantwortlich zeigt. Trotzdem wirkt die Produktion manchmal etwas fahrig, der Gesang nicht integriert. Oft scheint es so als hätten Franklin Delano nicht selten noch im Studio improvisiert. Als Referenz ist dann auch Califone zu nennen. In ihren epischen Momenten fühlt man sich sogar an eine düstere Variante von Sigur Ròs erinnert. Das Album ist nicht für Personen mit angekratzter seelischer Verfassung geeignet, was nicht nur an Paolo Ioccas stimmlicher Nähe zu Layne Staley liegt. "Please Remember Me" oder "Matter Of Time" sind solche Songs die zu depressiven Verstimmungen führen könnten. Gelegentlich wird auch der Verstärker aufgedreht, wie in "All You Body Broken Clue". Nicht nur hier wird der Refrain noch nach Aussetzen der Musik mantraartig runtergebetet. Franklin Delano verbinden Jazz mit klassischen Folk. Dabei hat der Hörer stets das Gefühl die Musik in Zeitlupe wahrzunehmen. Alles wirkt sehr beklemmend und befremdend wobei klassische Hörgewohnheiten arg strapaziert werden. Es braucht schon viel Zeit um einmal Zugang zu "Like A Smoking Gun In Front Of Me" zu finden. Aber selbst dann ist das Album leider viel zu oft nicht experimentell sondern einfach nur einschläfernd. Jeder Song baut sich minutenlang auf derselben Gitarrenfigur auf. Besser wird es immer dann wenn Marcella Riccardi und Iocca im Duett singen und dabei die Lautstärke angehoben wird wie im abschließendem elfminütigen "Your Perfect Skin Line".
/ 62:41 / Indie-Folk / franklindelano.org
Dominik Waßerloos

Harry Potter Und Der Feuerkelch - Soundrack CD

Warner

Der fünfte Band ist Wochen nach seinem Erscheinen noch in aller Munde, wenn nun die Verfilmung seines Vorgängers - "Harry Potter und der Feuerkelch" - in unseren Kinos anläuft. Parallel dazu gibt es natürlich auch einen entsprechenden Soundtrack zu erwerben. Und für dessen Score tritt erstmals Komponist Patrick Doyle in Erscheinung. Der war bereits für die Untermalung von "Gosford Park", "Indochine" sowie "Sinn und Sinnlichkeit" (welcher ihm Oscar- und Golden-Globe-Nominierungen einbrachte) aktiv und überzeugt auch diesmal. Unter seiner Federführung entstanden eineinhalb äußerst kurzweilige Stunden, die einen wilden Ritt durch die Möglichkeiten orchestraler Filmmusik markieren. Große Dramatik, ausladende Arrangierungen und nur gelegentlich leichtfüßige Zwischenspiele verdeutlichen, dass die Story hinter Harry Potter zunehmend schwerer verdaulich wird. Und erinnern an einigen Stellen eher an einen Horrorfilm. Da tut es gut, dass sich zum Ende der Scheibe ein paar poppige Anklänge finden lassen. Denn, passend zur Herkunft der Autorin, geben sich plötzlich ein paar prominente britische Musiker ein kurzes Stelldichein. Da wäre vor allen Dingen Jarvis Cocker, Sänger und Songschreiber von Pulp. Zusammen mit Drummer Phil Selway, Gitarrist Johnny Greenwood (Radiohead) und weiteren Künstlern tritt man nicht nur im Film als Band auf - die drei in Kooperation mit Mike Hedges entstandenen Tracks lassen sich auch auf dem Album finden und bilden einen interessanten Bonus zu dessen Ende: Rock'n'Roll und psychedelischer Pop fusionieren im finalen "Magic Works" zu einem echten Höhepunkt. Insgesamt eine sehr kurzweilige Angelegenheit, die die im Booklet enthaltene Huldigung für Doyles Leistung von Regisseur Mike Newell nachvollziehbar macht.
 -- / 75:57 / Score / harrypotter.com
Michael Streitberger

Kate Mosh - 4 a.m. And It's Already Hell EP

Nois-o-lution

Mit „Life Is Funfair“ haben Kate Mosh ein mehr als ordentliches erstes Lebenszeichen abgegeben. „Umwerfend“ trifft es wohl eher. Jetzt haben die Berliner Indierocker nicht nur die Sympathie von Sinnbus Records im Rücken, sondern auch die Unterstützung vom neuen Label Nois-O-Lution. Zur Herbsttour und als Vorboten für das im nächsten Frühjahr erscheinende neue Album gibt es nun die EP „4a.m. And It’s Already Hell“ mit fünf Songs, die einerseits den Kate Mosh-Durst etwas stillen, andererseits Hunger auf mehr machen. Druckvolle Gitarren, verspielte Melodien im ersten Moment, brachialer Noisecore im Zweiten. Fünf Titel, die keine Lückenfüller sind und auch kein überflüssiges Material, sondern ein paar Nummern, die die Stärken der Band auf den Punkt bringen. „One Giant Lied For Mankind“ rockt so schön los und hört auch nicht mehr auf, bis zu einer kleinen Verschnaufpause, nur um dann gestärkt vorne an den Bühnenrand zu stehen und wieder loszubrüllen. Der nachfolgende Ausklang bedarf keiner Worte mehr. Mit dem abschließenden „Ycsu“ hat man auch wieder einen Hit für die Disco parat, denn hier wird der Song von einem herrlich tanzbaren Schlagzeug-Bass-Gerüst unterstützt. „We Are Family“, „Clodbusting“ und „A New Dance“ unterstreichen den überaus positiven Gesamteindruck. Kate Mosh beweisen hiermit ein weiteres Mal, dass man verschrobene Songs machen kann, ohne gleich ins Unhörbare abzudriften. Das nächste Album kann kommen, Kate Mosh sind bereit. Wir auch und verbinden damit die Hoffnung, dass die Berliner ihren Überhit „Kick Nave And The Sad Beats“ toppen können und uns neue Tanzflächenfüller liefern.
Bewertung: 8 von 10 Sternen / 16:11 / Indierock / katemosh.com
Sebastian Gloser

My Enemy - Roo EP

Vapen & Godis

Viele Informationen gibt es zu ihnen noch nicht. My Enemy sind, was sonst dieser Tage, Schweden. Und sie machen Folk-meets-Electronic. Die wenigen Fakten die noch zusammen zu kratzen sind: Helena, Samira und Leonel haben bereits zwei Eps und eine Single herausgebracht. Die „Roo“ EP ist dabei das Glanzstück. Elektronik vs. Folk. Yo La Tengo und St. Etienne tanzen Tango im IKEA-Markt. Herrlich, einfach wunderschön. „My time coming“ ist ein unverfälschter, ehrlicher Popsong, wie er nur von Bands kommen kann, die noch kein Schwein kennt. Gesang etwas neben der Spur, klimpernde Elektronik, herzergreifender Refrain. Auch „Khreis“ steht dem in Nichts nach. Popmusik ist das, die ihren Weg direkt ins Epizentrum findet. Kann das sein? Dass man da in Schweden anders tickt? Dass Popperlen nicht nach Reißbrett sondern nach wahrer Offenbarung klingen? My Enemy machen alles richtig, weil sie sich nicht gehen lassen, aber auch nicht reserviert in der Ecke sitzen und ängstlich auf ihren Instrumenten herumspielen. Sie öffnen sich, soweit es die Instrumentierung erlaubt. Und sie geben ein Musikverständnis preis, das so euphorisierend ist, dass man es bedauert, die Band nicht ins Wohnzimmer holen zu können. Für alle Menschen, vor allem: Mädchen, deren Herzen nur noch von „Belle and Sebastian“-Buttons zusammengehalten werden, für all diejenigen ist diese Band. Wenn das Album auch so groß wird wie diese EP, dann fließen Tränen. Vor Freude. Es lebe der kleine Pathos!
/ 14:12 / Elektronik / www.myenemy.vapengodis.com
Robert Heldner

Psychotic Youth - Bamboozle - 10th Anniversary Release 2-CD

Wolverine Records / Soulfood

Juhuuh, das ist doch mal ein Re-Release, welches wirklich Sinn macht! Psychotic Youth aus Schweden gehörten sicherlich zu den fünf besten Poppunk-Bands aller Zeiten und mit "Bamboozle" haben sie seinerzeit einen kleinen Meilenstein veröffentlicht. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums dieser Scheibe stellen Wolverine Records nun die 16 längst vergriffenen Songs ergänzt um ein komplettes Livealbum erneut in die Läden. Letzteres hört auf den Namen "Alive Under The Midnight Sun", kommt in ordentlicher Soundqualität samt schwedischer Ansagen und stellt die Bühnenqualitäten Psychotic Youths eindrucksvoll unter Beweis. Aufmerksam bin ich auf die Göteborger damals übrigens durch ihre Split-EP mit dem entbehrlichen Surf Trio geworden, welches man mit Leichtigkeit in die Tasche spielte. Kaum verwunderlich, wer Überhits wie "Summer is on" (tatsächlich der Sommerhit schlechthin!), "Mtv", "Elevator girl" oder "Hot rod girl" im Programm hat, braucht Konkurrenz nicht zu fürchten. Eben diese Ohrwürmer machen "Bamboozle" zur meiner Ansicht nach besten je veröffentlichten Platte auf Wolverine Records. Das leider nicht gerade fette Booklet wartet zudem mit ein paar interessanten Linernotes auf, aus denen beispielsweise hervorgeht, dass die Aufnahmen eigentlich eine Compilation aus zwei Alben darstellten. Und alle, die auch nur einen Hauch von Interesse für Gigantor, Chixxdiggit und natürlich die Ramones hegen, kommen an "Bamboozle" nicht vorbei. Nettes Schmankerl seitens des Labels: Die beiden Scheiben sind zum Preis einer Mid-Price CD erhältlich und haben sich nicht nur deswegen das Prädikat "unverzichtbar" redlich verdient.
Bewertung: 9 von 10 Sternen / 39:54/46:43 / Poppunk / wolverine-records.de
Michael Streitberger

Pull A Star Trip - Hooking Up With Hope... My Favorite Kind Of One Night Stands EP

Eigenvertrieb

Da kann man dem Nürnberger Label Plane Records nur gratulieren. Die haben nämlich diese wundervolle EP hier gehört. Und gleich mal Nägel mit Köpfen gemacht. Und sich Pull A Star Trip geangelt. Anfang nächstes Jahr kommt das Debütalbum auf Plane Records. Darum wird die EP auch erst mal nicht mehr verkauft. Denn auf dem zu prophezeienden Hit-Album werden die sechs Songs der EP sowie sechs neue Songs drauf sein. Dafür gibt es den Hit „My Last Wish Shall Be A Time Machine“, sowie drei weitere Lieder (davon zwei brandneue) auf ihrer myspace-Seite zum runterladen. Galore. Aber wer ist Pull A Star Trip überhaupt, und was machen die, fragt ihr? Pull A Star Trip sind Bart Rymek und Steffen Kelle. Beides keine Unbekannten. Ersterer singt bei Diatribe. Letzterer bei Distance In Embrace. Und zusammen malträtieren sie nun Akustikgitarren und Klaviere. Muss man sich ein wenig wie die Akustiksachen von Grade vorstellen. Also großartig. Mit Chören und Geschrei und allem was dazugehört. Im Januar geht es tatsächlich erst mal auf kurze Tour durch die USA. Bei mir rennen Pull A Star Trip mit ihrem mitreißenden „Acoustic Screamo“ wie sie sich selbst definieren, offene Türen ein. Und bei euch sicherlich auch. Wer in seinen Songs tatsächlich Jerry Seinfeld per Sample zu Wort kommen lässt, der kann ein so schlechter Mensch nicht sein. In diesem Sinne. Weiter machen. Ich freu mich auf das Album. Verspricht groß zu werden.
Bewertung: 8 von 10 Sternen / 29:27 / Acoustic Screamo / www.myspace.com/pullastartrip
Sebastian Zapf

Schein23 - So Sieht's Nämlich Aus

Stereotonic / Godsongs

Schein23 kommen aus Karlsruhe und machen Indierock. So präzise und knapp diese Aussage auch ist: da fehlt etwas. Nämlich die Tatsache, dass Schein23 eine jener Bands aus deutschen Gefilden ist, die sich seit Jahren den Hintern abtout. Man tourte mit so illustren Gästen wie Wir sind Helden oder Kettcar und das färbte dann auch ab. Ohne den Badenern böses zu unterstellen: ein wenig nach links und rechts hat man schon geschaut, um sich ein Album zurechtzubasteln. Das ist legitim. Machen andere ja auch so. Nur bei sogenannten Newcomern (ein Wort, das im deutschen Sprachgebrauch eigentlich zu oft falsch benutzt wurde, um noch Aussagekraft zu besitzen) ist das komplizierter. Denn da wird alles auf die Goldwaage gelegt. Bei Schein23 schlägt sie nicht besonders aus, was schade ist. Denn das große Makel ist in diesem Fall nicht die Musik. Die rockt und poltert schön nach vorn, bedient sich all der Elemente, die gute deutsche Indierockmusik eben braucht. Zwar sind die Akzente eher dezent gesetzt, im Großen und Ganzen jedoch verhält es sich nach der Devise: was den Körper zucken lässt, kann so schlecht nicht sein. Etwas anderes jedoch sind die Texte. „Nach vorn“ soll es gehen, man will „raus aus der galaxie“, „nichts ist wie gestern“ und „aller Anfang ist leicht“. Das aller Anfang eben doch nicht leicht ist, beweist Sänger Daniel. Zu verkrampft ist das ganze noch, um wirklich zu bewegen. Denn wenn man sich schon einen Weg durch das Dickicht des deutschen Sprachgebrauchs schlagen will, sollte man nicht die ausgetretenen Pfade gehen, die andere schon freigelegt haben, nur um die eigene Sense zu schonen. Die deutsche Sprache lädt eben nicht gerade dazu ein, es sich leicht zu machen. Weniger platte Alltagsweisheiten, mehr ehrliches Alltagswissen, das wäre schön. Denn Musik ist immer dann am schönsten, wenn sie richtig persönlich wird. Wenn Schein23 das in Zukunft beherzigen, dann stimmts auch mit dem Etikett: „feinsinniger deutschsprachiger Indierock“. Zu früh applaudieren, das wäre aber sowieso nicht im Sinne der Band. Ich applaudiere lieber, wenn ich mit einer Träne im Auge auf einem Konzert stehe. Und ich bin mir sicher, dass das bei Schein23 irgendwann auch mal der Fall sein wird!
Bewertung: 5 von 10 Sternen / 50:49 / Indierock / www.schein23.de
Robert Heldner

Tears Of Blood - Kings Will Be Kings EP

Aberrado Records

Der Name verrät uns ja eigentlich schon in welche Richtung die Reise geht. Hardcore und noch eine Portion Metal obendrauf. Dazu ein Artwork voller Klischees und unterirdischer Texte. Eine Band, die Härte verkörpern will und dabei lediglich stupide Musik fabriziert, wobei der Begriff „Musik“ hier schon eine Beschönigung der Tatsachen ist. Vier Titel haben die vier Herren aus Oberhausen in einem belgischen Studio aufgenommen und dabei die guten Songs entweder zu Hause vergessen oder die Qualität auf der Autobahn liegen lassen. Das hier ist stumpf und ohne Daseinsberechtigung. Tauglich höchstens für einen kleinen Moshpit unter Halbstarken in einem heruntergekommenen Jugendzentrum und dabei sollte man es vielleicht auch belassen mit dieser Herangehensweise von Musik. Das zum Titelsong dieser EP noch ein Video gedreht wurde, macht die Sache auf keinen Fall besser.
/ 13:42 / Metal-Core / www.tearsofblood-online.com Sebastian Gloser

Trost - Markenzeichen XY EP

Impro Music

Vor ein paar Wochen auf dem Out of Ordinary-Festival: Man trifft bekannte Gesichter. Plaudert ein wenig. Und bekommt eine CD in die Hand gedrückt. Die EP der Mönchengladbacher Band Trost. Vor Glück möchte man meinen. Wer weiß ob man sonst überhaupt auf die Band aufmerksam geworden wäre. So hat es jedenfalls funktioniert. 5 Songs in 20 Minuten. Zwischen Groß und noch wachstumsbedürftig. Musik: ist einfach Rockmusik. Texte: mal höchst direkt wie im vertonten Klassenkampf „Vorstandsetage“, mal eher semi-poetisch. Beispiel: „Werden wir alles verraten was in unseren Träumen schlief?“. Gute Mischung also. Gesang: recht eigenständig. Trost erinnern im einen Moment an vieles, im nächsten wieder an gar nichts. Mal erklingen frühe Tocotronic-Gitarren, dann klingt durch, dass hier mindestens ein Graf Zahl-Sympathisant in der Band spielt, und ganz kurz erinnert man sogar mal an die Band Anajo. Aber sonst hat die Musik von Trost mit dem Kuschelpop aus Augsburg nichts am Hut. Ganz im Gegenteil: Da wird auch schon mal Surrogat-mäßig rumgerockt. Also mächtig Potential vorhanden. Wer mit keiner der genannten Bands was anfangen kann, dem muss nicht bange sein. Denn im Endeffekt klingen Trost nämlich einfach nach sich selbst. Eigenständiger Indierock im Jahr 2005. Mit durchaus kritischen Texten. Trost sind dagegen. So dagegen wie man im Jahr 2005 noch sein kann…
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 47:18 / Indierock / www.markenzeichenxy.de
Sebastian Zapf


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