Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

Propagandhi

Potemkin City Limits

Propagandhi.jpg

Jaja, “Die Jugend marschiert...!“ wieder. Ist es mit den Nachfolge-Alben bestimmter Bands nicht auch ein bisschen wie zu Weihnachten: Man wartet ewig drauf, dass es endlich kommt und wenn es da ist, war die Vorfreude dann doch die schönste. Zum Glück ganz anders bei Propagandhi´s neustem Schlag: Zwar kann man sich einen Spruch wie etwa „Was lange währt, wird endlich gut!“ leider kaum verkneifen. But who cares, wenn die oft zitierte Faust so hervorragend aufs Auge passt wie beim lang ersehnten neuen Album von Propagandhi: Vier lange Jahre und noch viele Ankündigungen mehr hatten die vier Kanadier gebraucht um einen würdigen Nachfolger zu ihrem Meisterwerk „Less Talk More Rock“ zu produzieren. Und jetzt? Enttäuschung oder Erfüllung. Ernüchterung oder Hysterie. In der Nachbetrachtung lösen sich all diese Sorgen in Qualm auf: Denn auch das vierte Album „Potemkin City Limits” brennt wieder alles nieder, was sich ihm in den Weg stellt. Anders als beim Vorgänger zwar nicht ganz so eingängig, aber dafür dennoch wieder verdammt auf den Punkt. Zwölf rotzige Anklagen zwischen Punk und Hardcore gegen die Welt, Politik und sowieso. Auch diesmal wird wieder harter Kost in appetitlicher Verpackung mit Humor, Ironie und Sarkasmus serviert - und trifft den Nagel dabei wieder voll auf den Kopf. In ihrer ganz eigenen Art schlagen Propagandhi wieder irgendwo zwischen den veralberten NOFX und den über-korrekten Anti-Flag ein, und bringen die musikalische Genialität von Good Riddance gleich mit. Und so ist „Potemkin City Limits” wieder ein gezielter Schlag ins Gesicht gegen die moderne Welt - jedoch nicht mit dem Anspruch alles besser machen zu wollen, sondern sich wenigstens nicht alles gefallen zu lassen. Die Liner-Notes bzw. die Credits geben in gewohnter Weise wieder ausführlichste Informationen bzw. Weiterbildungsempfehlungen. Was Propagandhi aber so unglaublich genial macht, ist zum einen ihre gleichermaßen abgeklärte wie unverschämte Art: Sowohl das teilweise selbst geschriebene Info-Sheet („One: Music journalism is stenography“. Two: Consumers believe what they read, despite evidence to the contrary“ - inkl. für Rezensisten vorformulierte Lobeshymnen und Adjektive nahe der Superlative) als auch das Booklet bescheren Tränen der Freude und Entzückung. Die andere selten geniale Seite zeigen Propagandhi aber ganz sicher in ihren eindringlichen Lyrics und eingängigen Songideen: Die Tragik der Wirklichkeit, nüchtern und abgeklärt aber dennoch würdig verpackt - bei der sie auch auch die eigene Szene nicht ausnehmen („Rock For Sustainable Capitalism“). Und wie schon auf „Less Talk More Rock“ gibt es auch diesmal wieder Sampler-Spielereien, ob als Bush-Rede zum Terrorismus in Comedy-Tradition („Iteration“) oder „Die Jugend marschiert“ als Mädchenchor zum Song „America´s Army“. "Klos im Hals" beschreibt die Atmosphäre wohl am besten. Und so ist Propagandhi mit „Potemkin City Limits” wohl tatsächlich der lang ersehnte und erhoffte Befreiungsschlag gelungen, der zwar nicht ganz an seinen Vorgänger rankommt - aber das wäre des Guten wohl eh zuviel gewesen.

 -- / Spielzeit: 41:37 / Punk

Autor:


ERROR!