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Starsailor - Live

Columbiahalle / Berlin

Zu Groß, Zu Leer

Wenn normalerweise eine Band in der Columbiahalle spielt gibt man sich als Club-Konzert-Fanatiker schon ernsthaften Überlegungen hin, ob man denn überhaupt noch hingehen soll – schließlich handelt es sich bei dem Veranstaltungsort tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes um eine Halle. Heißt, das Ding ist groß, ca. 3500 Leute passen hinein. Hat man sich aber dazu entschlossen hinzugehen, ist die Überraschung groß, wenn außer einem selber vielleicht gerade mal gut 400 weitere Personen anwesend sind. Auch nach 3x Augen zu und wieder auf machen, blieb es bei der geringen Publikumszahl und verwundert wurde die Columbiahalle erst einmal gründlich von oben bis unten und von rechts nach links und wieder zurück abgelaufen – mit der Feststellung, die Leute stehen hier so vereinzelt herum, wie Bäume auf einer Blumenwiese. Nix da Gedränge, nix da Sichtschwierigkeiten, nix da Merchstand. Ja, richtig, noch nicht einmal den hatte man für nötig empfunden. Fragt sich, ob das der Popularität der Band sonderlich auf die Beine hilft.
Pünktlich fing die Vorband 'Wire Daisies' an zu spielen. Sie schreiben ähnlich sanften Brit-Pop wie Starsailor, allerdings ohne dabei besonders aufregend oder originell zu sein. Immerhin wurden die Songs druckvoller, als auf Platte präsentiert; kombiniert mit Treana Morris angenehmer Stimme haben sie insgesamt einen recht positiven Eindruck hinterlassen.

Starsailor begannen ihr Set mit 'Way Back Home' vom neuen Album. Doch leider blieb das Publikum auch bei ihnen weitgehend 'unbewegt'. Bleibt zu hoffen, daß das eine rein äußerliche Erscheinung war.... Auf jeden Fall haben die meisten Leute das Konzert hindurch ihre dicken Winterjacken anbehalten. Einzelne Songs zeigten wenigstens ein klein wenig Wirkung. Als z.B. mit 'Alcoholic' der erste große Hit ausgepackt wurde, schienen die Zuschauer/-hörer endlich James Walsh etwas von dem Feedback zurück zu geben, welches er das ganze Set hindurch, oftmals vergeblich, versucht hat zu erlangen. Überhaupt war die Veranstaltung an diesem Abend eher eine 'One-Man-Show', die anderen Bandmitglieder, plus dem neuen Gitarristen, wirkten stellenweise wie unbeteiligt. Man hörte sie zwar spielen, aber noch nicht einmal die Scheinwerfer scheinen daran interessiert zu sein, sie in Szene zu setzen, geschweige denn sie sich selber.
Eine Atmosphäre konnte in dem geradezu gespenstisch leeren Raum nicht aufkommen. Von Intimität keine Spur. Hätte man denn nicht in einem kleinen Club spielen können? Wäre dann das Publikum ein anderes gewesen? Wäre das schlimm? Auf diese Weise sind neue Fans bestimmt schwer zu gewinnen – denn wer gibt mal eben 30,- EUR für ein Ticket aus, wenn er nicht völlig von Musik und Band überzeugt ist?
So lag der Altersdurchschnitt wohl bei Anfang 30. Mit böser Zunge möchte man behaupten, je poppiger der Sound, desto älter das Publikum. Immerhin kann man dieses Phänomen auch bei ähnlichen Bands (z.B. Nada Surf) feststellen. Also wirklich Rock 'n' Roll der Jugend, Pop den 'abgeklärten Erwachsenen'? Schade wenn es so wäre.

Das Konzert war nach ca. 1 ½ Stunden, inkl. Zugabe, vorüber und ließ einen mit dem unguten Gefühl zurück, eine Band gesehen zu haben, die weitaus besser ist, als sie es an diesem Abend gezeigt hat. Dieses Konzert hat mich in keiner Weise heiß auf ein baldiges Wiedersehen gemacht. In anderem Rahmen, ja, vielleicht, ansonsten klemme ich mir lieber die Platten unter den Arm und höre mir Starsailor an einem verregneten Herbsttag in meinem Wohnzimmer an. Da dürfte mehr von der elektrisch, knisternden Atmosphäre, die doch Songs wie z.B. 'Fever', oder auch das aktuelle 'In The Crossfire' in der Lage sind zu schaffen, zu spüren sein, als an diesem kalten Dezemberabend in der leeren Columbiahalle.



Nicolina Werther


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