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Anti-Flag

For Blood And Empire

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Ob sich Anti-Flag mit ihrem Major-Signing auf Dauer eine echte Freude gemacht haben? Die Mittelfinger-in-die-Luft-Mentalität war sicherlich die richtige Einstellung mit der die vier Jungs aus Pittsburgh auf entsprechende Bedenken reagiert haben. Immerhin können die Polit-Punks nun deutlich mehr Menschen mit ihrer Musik erreichen. Aber die ersten Auswüchse werden ebenfalls schon deutlich: Anti-Flag als everybody´s darling - längst wird deren fundamental-inspirierte Anti-Haltung zur allgemeinen Attitüde erhoben, Konzerte werden beherrscht von Fangruppen, die sich wohl mehr mit ihrem Handy-Guthaben als mit den Aufgaben der WTO beschäftigen und bei Amazon künden Kundenrezensionen vom „absoluten Muss“ mit „Abgeh-Faktor“. Okay, dass wir uns da nicht falsch verstehen: Genau das war auch im Sinn der Band, so jedenfalls Gründungsmitglied Pat Thetic im Interview mit Sellfish lange vor der Veröffentlichung. Aber irgendwie war mit dieser Karrierefolge auch eines zu erahnen: Die Leichtigkeit ist dahin! So einfach lässt sich für mich nämlich „For Blood And Empire“ zusammenfassen. Das ist aber beileibe keine schlechte Wertung, sondern allenfalls eine persönliche Anmerkung. Die Parolen kommen auch weiterhin in der bandeigenen Wahnsinnsmischung aus Knaller-Riffs und grandiosen Sing-A-Longs. Die Lyrics wurden wieder mit Sorgfalt recherchiert und mit allerlei Lesestoff und Informationsmaterial untermauert. Mit Aktionen wird an Schulen und Universitäten auf relevante USA-Themen aufmerksam gemacht, verschiedene Organisationen und Einrichtungen miteingebunden und nicht zuletzt mit den eigens gegründeten Initiativen dem Netz aus Politik, Geld und Medien durch Aufklärung und Mobilisierung entgegengearbeitet. Das viel zitierte Underground Network - jetzt auch über Sony BMG! Die Steigerung vom genialen gleichnamigen Album über das Zwischenspiel „Mobilize“ (Studio-/Live-Album) hin zu „The Terror State“ aus dem Jahr 2004 war bereits bewundernswert. So gesehen ist bei „For Blood And Empire“ tatsächlich eine neuerliche Steigerung zu erkennen: Die Songstruktur wirkt noch ausgefeilter und vielschichtiger, wobei sich die Melodien nur schleppend ins Gehirn einbrennen mögen. Songs wie „Confessions of an economic hit-man“, „Press Corpse“ oder „The W.T.O. kills farmers“ stellen aber erneut eine - nicht für möglich gehaltene - Weiterentwicklung zum Vorgängeralbum dar, auch wenn die Sorglosigkeit einem gewissen Verantwortungsbewusstsein gewichen zu sein scheint. Bei all den neuen Bewunderern werden nämlich oft genug Alben wie „Die For The Government“ oder „A New Kind Of Army“ vergessen, auf denen sich einfach vier Jungs aus Pennsylvania ihre Ängste und Sorgen mit mächtig Wut von der Seele gespielt haben. Ohne Rücksicht aufs Establishment, aber genauso auch ohne den Anspruch alles und allem gerecht werden zu müssen. Denn was etwas vermisst wird, ist der früher so perfekt zelebrierte Gleichklang aus schwierigen Themen und eingängigen Hit-Riffs (geht gar nicht bei „State funeral“). Glücklicherweise ist „For Blood And Empire“ auf einem so hohen Niveau, dass diese Makel nur ganz leicht an der Beurteilung kratzen können. Korinthenkackerei oder Erbsenzählerei mögen das manche nenne, für mich aber einfach nur konsequent, Bands immer an ihrem Anspruch und der Wirklichkeit zu messen. So lange aber die vier Jungs aus Pittsburgh noch Songs wie „Exodus“, „One trillion dollars“ oder „I´d tell you but...“ schreiben ist mir alles egal. Oder wie Anti-Flag es so schön halten: „War sucks, let´s party“.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / 39:00 / Polit-Punk

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