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Collett, Jason

Idols Of Exile

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Es kommt eben ganz drauf an, wann man eine Plattenkritik schreibt. Man stelle sich vor: nach stundenlangem Dauerfeuer aus allen Rohren, namentlich "TipTop" oder "NMFarner", ist ein Album wie "Idols of Exile" von Jason Collett geradezu wohltuend, genialistisch. Das ist fast schon makaber und eben auch kein Stück fair. Denn Musik zieht seinen Wert schließlich nicht aus seiner Lautstärke. Wenn es danach ginge, würde Jason's neues Solowerk gewinnen. Zumindest bei mir, denn es ist wohltuend leise, zurückhaltend und wenig aufdringlich. Das aber ist eben gleichzeitig Fluch und Segen.
Zuerst jedoch das grundsätzliche: Jason Collett ist, für alle die sich im Indie-Kosmos wenig auskennen, Gitarrist der Broken Social Scene, einem Musikerkollektiv aus Kanada. "Idols of Exile" ist das mittlerweile Dritte Soloalbum und wurde von Howie Gelb (Giant Sand) produziert. Und wie es sich für echte Kanadier gehört, wurde auch hier wieder nicht darauf verzichtet, mit diversen Musikern aus dem "Arts & Crafts"-Label-Umfeld zusammen zu arbeiten. Entstanden ist ein relativ unspektakuläres Album, das seine Spannung vor allem aus dem Hit "We all lose one another" und seinen kleinen Nuancen zieht. Das reicht zwar nicht, um einen verwöhnten Musikhörer wie mich vom weichen Samtsessel zu reißen, aber ist allemal genug, alle "TipTops" dieser Welt vergessen zu machen. Im Kern hat Jason Collett das Album wohl für sich geschrieben. Vielleicht, um sich zu beweisen, dass er nicht bloß ein kleines Rad im Getriebe eines Musikerkollektivs wie Broken Social Scene ist, sondern durchaus auch Solo seine Daseinsberechtigung besitzt. Das möchte ich an dieser Stelle ihm auch keinesfalls absprechen. Denn auch wenn Neil Young immer wieder als leuchtendes Vorbild durchscheint, seine eigene Duftmarke hat Jason Collett durchaus gesetzt. Bloß: nach drei Solo-Alben sollte in Zukunft mehr kommen. Denn für bloße Selbstbestätigung ist Musik einfach ein viel zu idealistischer Ort. Aber vielleicht, wenn langsam Sommer wird und wir an den Teichen der Republik in der Abendsonne liegen, vielleicht geht dieses Album dann so richtig auf. Abwarten. Wie so oft.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 40:05 / Singer/Songwriter


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