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Delbo

Havarien

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„Havarien“ das dritte Album von Delbo ist ein Manifest der Verweigerung und gleichzeitig das Meisterstück des Berliner Trios, welches nun seit über fünf Jahren einen einzigartigen Stil prägt. Genau dieses unverkennbare Soundgewand ist es auch, was den Hörer von „Havarien“ bei den ersten Durchgängen vielleicht enttäuschen wird, hat man doch zunächst das Gefühl, dass sich im Vergleich zu „Innen / Außen“ nicht viel verändert hat. Da ist immer noch das unverwechselbare Gitarren-Picking von Tobias Siebert, das vielseitige Schlagzeug von Florian Lüning und der brummende Bass von Daniel Spindler, der dazu seine verschachtelten Textzeilen singt, die bei den Ungeduldigen immer noch auf Unverständnis stoßen und bei anderen größte Gefühle auslösen werden. Auch ich fühlte mich zunächst vor den Kopf gestoßen, wohin waren die wunderbaren Noise-Ausbrüche verschwunden, wo hatte sich die verzerrte Gitarre versteckt? Warum gab es keine offensichtlichen Hits mehr wie „Rakete“ oder „Sei bewegt“? Oben drauf ein schlichtes Artwork zu einem Album, das anscheinend nicht erschlossen werden sollte und die Frage, ob Delbo bei der eigenen Reifeprüfung über das Ziel hinaus geschossen sind. Eine orange CD, eingepackt in weißem Karton mit etwas Bleistiftgekritzel, so dass die Credits und Songtitel selbst mit guten Augen fast nicht lesbar sind. Darauf acht Stücke, deren Titel alle mit lediglich einem Wort auskommen müssen. Die Songs wiederum so roh, spröde und kompakt wie möglich. Verweigerung pur. Und dann beim mindestens achten Durchlauf geht plötzlich alles auf, macht alles Sinn, passt jedes Detail zusammen, wie ein Puzzle, das einfach noch mehr Zeit gebraucht hat, als so viele andere. Erst jetzt kommt man auf die Idee, selbst den Bleistift in die Hand zu nehmen und den Karton zu bemalen, bis die Schrift lesbar wird. Erst jetzt verliebt man sich in den kleinen Klavierpart von „Slalom“, das lärmende Zwischenstück von „Saldo“ oder das grandiose Outro von „Départ“. Spät aber nicht zu spät, begreift man die Größe der ganzen Wiederholungen, erkennt die Klasse, wie Delbo immer wieder Songs aufbauen, nur um den Fluss dann wieder zu unterbrechen und alle Strukturen auf ein noch höheres Level zu heben und nicht einfach nur zerstören wie in früheren Zeiten. Diese Platte braucht nicht nur Zeit, sondern den besonderen Moment und am besten gute Kopfhörer. Auch wenn mir jetzt Fans oder vielleicht die Band selbst für diesen Vergleich gerne die Finger brechen würden: Dieses Album ist das „Lateralus“ des Indierocks. P.S. Mir haben Tool nie etwas bedeutet, Delbo schon. Spätestens jetzt.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 40:07 / Indie

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