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Diario

Things In The Mirror Appear Closer Than They Are

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Instrumentaler Indierock, so könnte man den Sound von Diario wohl am einfachsten und am schnellsten umschreiben. Ob alle Parteien damit so glücklich wären, ist eine andere Frage. Bei genauerer Betrachtung nämlich, entpuppt sich auf dem dritten Album des Leipziger Trios ein enorm großes Spektrum an Sound, Melodien und Instrumenten. Verständlicherweise wirkt das solistische Treiben aus Gitarren und Drums immer etwas sperrig, mit einem geschickten Händchen und zwei geladenen Gastmusikern aber schaffen es Diario den Spannungsbogen auch jenseits der Melodien zu erhalten. Mit Piano und Rechnerleistung werden um die Melodieentwürfe aus mächtigen Bassläufen und verspielten Gitarren nämlich drückende Soundgerüste aufgebaut, die sich nur noch schwer zuordnen lassen. Ihre Label-Partner Alias haben mit „Instrument No. 4“ schon ein ähnlich schweres Meisterwerk an den Tag gelegt, das aber vielmehr die Spannung des Laut-Leise-Moments im Visier hatte. Hier unterscheiden sich Diario: Die Klanglandschaften sind ehrlich, ohne Falltüren oder dunkle Ecken. Die Harmonie der Spannung ergibt sich in der knappen Stunde in einer Mischung aus Elektronik-Gefrickel („Cars in trains“), Noise-Rock, aber eben auch Pop-Allüren und Postrock-Zitaten. Melancholie spielt dabei in eine ebenso große Rolle wie die in Spiel- und Experimentierfreude ausgedrückte Harmonieverliebtheit. Die Songs auf „Things In The Mirror...“ vereinen nämlich verschiedensten Musikstile, zerpflücken die Melodien, lassen sie in Schleifen wiederholen, werden dabei fast zerstört und bauen sie zu einem großen Ganzen wieder zusammen. Diario vereinen so komplexe Eigentümlichkeiten in musikalischem Einklang, verlieren sich dabei aber leider auch allzu gerne in Langatmigkeiten. Es bedarf schon eines guten Nervenkostüms, um allen zehn Songs mit voller Aufmerksamkeit folgen zu können. Sicherlich bietet „Things In The Mirror...“ keine Musik zum Zurücklehnen: Eher angespanntes Eintauchen in experimentellen Soundspielereien, die keinerlei Unaufmerksamkeit entschuldigen - lockt doch die Erlösung in Form von harmonischen Zwischenspurts, Tempi-Wechseln und der befreienden Überschreitung von Melodie-Gipfeln. Wer diese Spannung erträgt wird seine wahre Freude an diesem Album haben.

Bewertung: 6 von 10 Sternen / 54:32 / Instrumental Indierock

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