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Mediengruppe Telekommander

Näher am Menschen

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Zwei Jahre ist es her, dass „Die ganze Kraft einer Kultur“, das Debüt der Mediengruppe Telekommander, in der Szene einschlug wie eine Bombe. Was rückblickend auffällt ist, dass, vor allem im letzten Jahr, in dem man nach neuem Stoff lechzte, nie jemand Zweifel geäußert hat, dass die beiden Wahlberliner kein Brett abliefern würden. Und sie enttäuschen nicht. Ganz im Gegenteil. Schon der Opener „Bild dir deine Meinung“ ist brillant. Zu einem pumpenden Bass nehmen sie die Rezeption ihrer Band in der Indie-Szene auf die Schippe, sowie der Kritik vorweg den Wind aus den Segeln: „Früher waren die beiden noch die Underground-Killer / heute hört sich das schon fast so an wie Sportfreunde Stiller.“ Zugegeben: beim ersten Durchgang wirkt „Näher am Menschen“ zurückhaltender und moderater, doch bei genauerem Hinhören wird klar, dass dies lediglich an der anderen Verwendung der Stilmittel liegt. Die Gitarren schrammeln zwar wie eh und je, doch tun sie das seltener. Dafür liegt das Augenmerk mehr auf der Elektronik. Diese klingt einerseits offener und herzlicher als je zuvor, wie beispielsweise die Synthiemelodie der ersten Single „Sprengkörper“ (eingängig wie Harold Faltermeyers „Axel F“ aber mit mehr Klasse), das hallige Ende von „Mein Herz“ oder der Groove von „Mach das leiser“, andererseits werden vom Debüt bekannte Elemente weiter verfeinert wie in „Ein kleiner Widerstand“, das mit vertracktem Beat und knarzigen Sounds auf die Tanzfläche lockt. Das Album endet mit dem siebenminütigen Closer „Jedem sein Disco“, der mit seinem kernigen Bass und den Danceanleihen auch aus der New Yorker Hitschmiede DFA stammen könnte. Lyrisch bewegt man sich auf bewährtem Gebiet. Es gibt tonnenweise Slogans, denen Kritiker wieder ungefragt mangelnden politischen und gesellschaftskritischen Tiefgang vorwerfen werden. Dabei erhebt die Mediengruppe diesen Anspruch gar nicht. Vielmehr wird schlicht wiedergegeben, was in dieser Gesellschaft passiert, Yellow Press, Elitarismus, Karrierefieber. So ist „Näher am Menschen“ letztlich kein Aufguss des ersten Albums, sondern eher eine konsequente Fortsetzung unter Verwendung des Erfolgsrezepts und dem nötigen Maß an Weiterentwicklung. Amüsante Anekdote am Schluss: Florian Zwietnig hat 1994 mit Sportfreunde Stiller Sänger Peter Brugger in einer Band namens Projekt Paul gespielt. Die „Näher am Menschen“ Tour rollt ab nächster Woche durch diverse Städte. Bitte gehen Sie dahin und tanzen Sie zu den neuen Stücken.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 33:45 / Elektropunkhiphopmelange

Autor: Steffen Kern


Gebt mir ein T-Shirt... und diese CD!


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