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MISC - sellfish.de Beifang 05/06 | 02

Miscellaneaus: Genrekram*EP*Vinyl*MCD*Sampler*Demos*Soundtrack

Eine neue Heimat bei sellfish.de: Für Sachen, die normalerweise unterzugehen drohen. Oft verdient und von manchen verachtet lassen sich in dieser Rubrik immer wieder auch echte kleine Perlen entdecken...

Andersen, Andra & Paul Laine & David Redman - Three CD

Frontiers / Soulfood

Royal Hunt-Chef und Keyboard Maestro Andre Andersen verabschiedet sich für ein Album von den progressiven Tönen und kommt diesmal mit kompakten Vierminütern um die Ecke gebogen. Zehn Songs enthält der Longplayer, jeweils fünf Songs werden von Paul Laine (ex-Danger Danger) und David Readman (Pink Cream 69) dargeboten. Aber Herr Andersen kann seine Gewohnheiten nicht völlig ablegen, weshalb die ersten Nummern nicht ganz so straight ausgefallen sind wie die der jeweiligen Hauptbands der der beiden Vokalisten. Gottlob lässt die anfangs sehr ausgeprägte neoklassische Ausrichtung nach den ersten beiden Songs ein wenig nach. Klar, Andersen komponiert nun mal so und wie in jedem Genre gilt natürlich auch für Rockmucke eine Weisheit: alles war irgendwann in irgendeiner Form schon mal da, Musik kann lediglich noch Nuancen hinzufügen, bereits dagewesenes in vermeintlich neuen Kontext stellen oder auch gewisse individuelle Merkmale überbetonen. Kein Akkord, der noch nicht gespielt wurde, kein Dreiklang, der über die Jahrzehnte noch nicht entdeckt wurde. Genau aus diesem Grund ist ja auch das Image derart wichtig geworden, was Dilettantenpacks wie Deathstars oder XYXYXY (Lieblingspfuschband bitte hier eintragen) erst verkaufsfähig werden liess. Multimediale Überpräsenz kann wahrlich seltsame Blüten treiben, selbst ohne das mittlerweile in relativer Bedeutungslosigkeit versunkene MTVIVA-Musikfernsehen. Doch wir schweifen ab: aller Kritik zum Trotz bietet das gerade mal 36 Minuten lange Album einige gelungene Melodic-Nummern, wie beispielsweise das von Paul Laine intonierte 'The way it goes' oder 'Don't need a thing' mit David Readman am Mikro. Einsteigern empfehle ich in jedem Fall eher die Veröffentlichungen der genannten Hauptbands beider Sänger. Solide Kost, aber wohl kein Pflichtkauf.
 -- / 36:40 / Hardrock / frontiers.it
Stefan Löffler

Cataract - Kingdom CD

Metal Blade / Spv

In schöner Regelmäßigkeit bedienen Cataract die Metalcore-Fraktion mit ihren ebenso derben wie hochkarätigen Ergüssen. Entwicklung findet bei den Schweizern derweil nur noch in überschaubaren, systematischen Bahnen statt: Mittlerweile verschanzt man sich immer mehr auf seiner Metal-Hochburg. Hardcore-Attacken haben da kaum noch eine Chance, durch die unnachgiebigen Death-Thrash-Kanonaden zu dringen. Die Gitarrenarbeit in Stücken wie "Denial of life" erinnert eher an die Bay Area der achtziger Jahre. Doch Cataract steuern längst in den Windschatten eines anderen Klassikers: Was die Vocals und die Instumentalarbeit angeht, kämpft sich die Präzisionsmaschine nämlich stärker denn je in Richtung Slayer vor. Das ist zwar nicht gerade innovativ, aber verdammt gut umgesetzt. Auf diese Weise entstehen nämlich eine ganze Menge veritabler Nackenbrecher - hier ganze elf an der Zahl. Der Überraschungseffekt des großartigen "Great Days Of Vengeance" ist zwar längst verflogen, in seiner Konsequenz ist das abermals von Tue Madsen gekonnt inszenierte Album aber nichtsdestotrotz eine Macht.
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 41:28 / Metalcore / cataract.cc
Michael Streitberger

Down The Drain - Music For Troublemakers CD

Sunny Bastards / Broken Silence

Hatte mich kürzlich schon das Album der Last Crime Nation (LCN) beeindruckt, können Sunny Bastards mit ihrem neuesten Signing sogar nochmal stärker punkten. Und das bei einer Musikrichtung, die mir normalerweise gar nicht (mehr) gefällt. Aber diese Band zieht ihr Ding dermaßen konsequent und mitreißend durch, dass ich meinen Respekt samt meiner Begeisterung einfach nicht zurückhalten kann. Das fängt schon mit dem Opener "The pride of rheydt" an, der in bester Blood For Blood-Manier aus den Boxen ballert. Und eben diese sind neben Discipline auch die Haupteinflüsse, die ich auf "Music For Troublemakers" ausmachen kann. Denn wie die holländischen Hooligans haben auch Down The Drain ihre Wurzeln im Hardcore, sind aber gen Oi!-Sound abewandert. Dabei schimmert die Vergangenheit immer wieder durch und gibt dem Material einen knackigen Anstrich. In diesem Kontext macht auch das Warzone-Cover "In the mirror" Sinn. Eine Sache haben Down The Drain aber den genannten Kollegen voraus: Sie sind sympathisch! Alles in allem entsteht so eine Runde Sache - und Freunde von gut gemachtem, authentischem sowie dezent prolligem Streetpunk dürfen zu den sieben Punkten sogar nochmal zwei dazu addieren. PS: Die Erstauflage der CD kommt im schicken Pappschuber.
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 34:15 / Streetpunk / sunnybastards.de
Michael Streitberger

Enslaved - Ruun CD

Tabu Records

Man darf angesichts dieser Aufnahmen wohl durchaus überrascht sein. Vorausgesetzt, man hat Enslaved - wie ich - in den letzten Jahren komplett aus den Augen verloren. Um genau zu sein war es das vor über zehn Jahren erschienene Album "Frost", welches meinen letzten Kontakt mit der norwegischen Schwarzkittel-Band markierte. Und waren Enslaved damals noch die visionären Protagonisten des Viking Metals (sie spielten ihren epischen Sound so bitterkalt und konsequent wie kaum jemand anderes), bin ich mir heute gar nicht mehr so sicher, ob man ihr aktuelles Werk überhaupt noch in dem gleichen Genre unterordnen kann. Schließlich rockt "Ruun" auf eine Weise, wie man es eher von stilfremden Zeitgenossen kennt. Gut, extremere Vocals und räudigeren Sound als die Konkurrenz im regulär-Metal-Lager liefern Enslaved allemal ab. Vor allem, weil sie nun weniger klirrend und scheppernd klingen, sondern eher erdig rockend. Und wenn über die verganenen Werke etwas von Artrock und Bombast zu lesen war, darf man angesichts dieser acht Songs erst Recht den Kopf schütteln. Wobei hier 'mal wieder Ausnahmen die Regel bestätigen... siehe das Titelstück oder die paar Passagen mit cleanen Vocals. Enlsaved machen es ihren Fans jedenfalls nicht leicht. Und Respekt für die konsequente Missachtung vermeintlicher Szeneregeln verdienen sie allemal. Ganz abgesehen davon, dass ihre Herangehensweise sie zu einer der interessantesten und ernstzunehmendsten Bands einer Subkultur macht, deren Aushängeschilder von grimmig schauenden, schwarz angepinselten Kaspern dominiert wird...
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 46:05 / Blackmetal / enslaved.no
Michael Streitberger

Frontline - Circles CD

AOR Heaven / Point

Seit Frontline an ihr neues Label gebunden sind, setzt sich endlich sowas wie ein regelmässiger Veröffentlichungsturnus durch: kein Jahr ohne neues Lebenszeichen! Ein, zwei schwächere Songs finden sich zwar auf jedem Album der Nürnberger, aber wenn der Rest so knallt wie auch jetzt wieder auf dem neuen Opus kann man da guten Gewissens drüber hinwegsehen. Im Fahrwasser des Erfolges von Evidence One, deren Besetzung ja zur Hälfte deckungsgleich ist mit der von Frontline, sollte sich auch Circles einer gewachsenen Hörerschaft erschliessen. Das Potential dazu ist ohne Frage vorhanden, und den ewigen Journes-Vergleichen hält die Band diesmal den knochentrockenen, modern angehauchten Härtner 'I give you the rest' entgegen. Klasse auch! Aber natürlich sind die wichtigsten Trademarks noch immer ausgefeilte Refrains und bei aller Eingängigkeit mitunter ungewöhnlichen Songarrangements. Und da macht den vier Franken so schnell keiner was vor, man höre nur die überzeugenden Smasher 'Save me' oder 'No one'. Drummer Rami wirkt mit seiner kaputten Optik noch immer wie ein Fremdkörper im Bandkosmos, aber wahrscheinlich beziehen Frontline ihren Reiz eben gerade aus der Konstellation von vier verschiedenen Charakteren. Im direkten Vergleich mag ihr vor rund einer Dekade veröffentlichtes, verkaufsträchtiges Debut fast schon posermässig wirken, Frontline sind mittlerweile sowohl personell umbesetzt als auch musikalisch einen Zacken reifer agierend. Kleine Randnotiz: Bandchef Robbie Boebel scheint sich doch tatsächlich wieder ab und an 'ne Mütze Schlaf zu gönnen, denn diesmal wagte er sich ohne Sonnenbrille auf's Foto...
 -- / 46:28 / Hardrock / aorheaven.com
Stefan Löffler

Hawnay Troof - Dollar And Deed 2-CD

Southern Records

Und die Weirdo-Clownnase in diesem Jahr geht an... Hawnay Troof alias Vice Cooler. Nicht nur deswegen, weil der Ami aus "Dollar And Deed" ein haarsträubendes Doppelalbum machte (... die Songs hätten locker auch auf nur eine CD gepasst). Nein, deswegen, weil er die ganze Post-Punk-Dance-Scheiße endgültig auf die Spitze treibt. Und das schon mit dem Opener-Triple "The sad year/Out Of Teen/Bad News To The Stars", wo er zwischen Störgeräuschen und Beastie Boys-Raps den Tanzboden klar macht. Auch im weiteren Verlauf der 34 (!) Tracks ist quasi alles möglich: Derart zappelig und unnachgiebig hat jedenfalls selten ein Künstler um Aufmerksamkeit gerungen. Was offenbar auch für die Shows von Vice Cooler gilt: "Dollar And Deed" ging jedenfalls ein Debüt voraus, welches sich alleine über Mundpropaganda und besagte Konzerte 20.000 mal verkaufte. Für das ganze Fiasko auf seinem Zweitwerk braucht Hawnay Troof nun gerade einmal einen Synthesizer plus seine Stimme - nur gelegentlich lässt er in seinem Mitteilungsdrang noch Platz für Gäste. Wenn dann aber doch jemand vorbei schaut, sind das so illustre bzw. abgefahrene Menschen wie aus dem Lager von Stereo Total. Fazit: Hieran kann man sich entweder derbe die Zähne ausbeißen - oder eine fette Party feiern. Darum stehen unter dieser Rezension auch keine Punkte. Je nach Laune und Durchhaltevermögen, wie man sich auf die plappernden Skills dieses MCs einlassen will, ist zwischen eins und zehn Sternen alles möglich. Schließlich, um Gottes willen: Was will uns in dem ganzen Chaos noch das skurrile Coverartwork sagen...?
-- / ca. 60 min / Elektro-Pop/ hawnaytroof.com
Michael Streitberger

Hollow Haze – same CD

My Graveyard Productions

2003 begründet legen Hollow Haze nun auch in Deutschland ihr selbstbetiteltes Debutalbum vor. Was die vier Italiener auszeichnet, ist vor allem rhythmisches, abwechslungsreiches Schlagzeugspiel, ausdrucksvoller Gesang, oft gepaart mit hintergründigen Chören und…; ganz klar: Melodic Metal also. Und obwohl stark im Sound, so vermisst man doch eine klare Linie, die das Album auszeichnet, bzw. Hollow Haze aus dem Einheitsbrei der unzähligen Bands dieses Genres heraushebt. Oft stellt sich das Gefühl ein, dass den Songs eine eigene Identität oder eine gewisse Portion an eigener Emotion fehlt, als würde lediglich eine gute Coverband die Songs ihrer Heroen zum Besten geben. Doch Hollow Haze haben elf eigene Tracks am Start, die trotz der Erfahrenheit der Italiener im Musikbusiness und trotz ihrer Einflüsse aus verschiedenen musikalischen Stilrichtungen nicht so recht zünden mögen. Wer eingefleischter Fan im Lager der Melodic Metaler ist und Bands wie White Skull oder auch Symphony X liebt, der wird sich die Scheibe der Vollständigkeit halber vielleicht ins Regal stellen. Aber der Rest?
Bewertung: 4 von 10 Sternen / 54:11 / Melodic Metal hollowhaze.com
Uwe Wollein

I Object - Teaching Revenge CD

Alternative Tentacles / Cargo

Das ehemalige Kultlabel Alternative Tentacles konnte in den letzten Monaten nicht unbedingt mit jedem Release überzeugen. Unbeeindruckt davon stehen Kompromisse nach wie vor nicht zur Diskussion und so veröffentlicht man über seine Sub-Company Black Noise mit zunehmender Regelmäßigkeit derbere Releases mit Schwerpunkt Hardcore-Punk (darunter beispielsweise auch F-Minus). In eben dieses Raster passen nun auch I Object perfekt. Die vegane Straight Edge Band hat mit Frontfrau Barb nämlich ebenfalls eine rotzige Sängerin in ihren Reihen. Die New Yorker spielen rough produzierten Skatecore klassischer Machart mit vehementer politischer Message. Das ganze mag vielleicht etwas monoton klingen, aber die 16 Songs sind so schnell wieder vorbei, dass man sich darüber kaum Gedanken machen muss. Zudem kann "Teching Revenge" auf Anhieb mitreißen, wenngleich die gut eineinhalbminütigen Eruptionen auf Bühne sicher noch um einiges spektakulärer wirken. Für Skatepunks der alten Schule sicher ein lohnender Anspieltipp.
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 19:19 / Skatepunk / blacknoise.net
Michael Streitberger

Mills, Jeff - Blue Potential CD/DVD

Tresor / Rough Trade

"Blue Potential" beginnt mit einer aufbrausenden Orchestralpassage und der Betrachter ist für einen Moment geneigt zu denken, was diese Veröffentlichung denn auf einem Label wie Tresor zu suchen hätte. Mit "Imagine" lichtet sich der Nebel dann jedoch nach einigen Sekunden und elektronische Beats drängen sich in den Sound hinein. Dennoch: Auch wenn die 16 Tracks (auf der Audio-CD sind es 15) ursprünglich rein elektronische Produktionen für Mills' Maxis oder Alben waren - Reinrassiger Techno schafft es während der achtzig Minuten nicht ein einzige Mal, das 15-köpfige Ensemble des Montpellier Philharmoic Orchestra in den Hintergrund zu drängen. Jeff Mills greift mit Drum-Machine und Percussions zwar aktiv in das Gechehen ein und setzt auf diese Weise auch Akzente. Doch selbst seine Dancefloor-Hits "The Bells" oder "Sonic Destroyer" erstrahlen nach der Transkription (welche durch den Komponisten Thomas Roussel erfolgte) in die E-Musik in völlig neuer Form. Je nach Geschmack bleibt "Blue Potential" so eine futuristische Version klassicher Musik oder eine Art Orchestral-House. Die DVD-Version gefällt zudem mit komplett untertiteltem Extra-Part samt Tutorial und 30-minütigem "The Making Of". Fazit: Ein Experiment, dessen Umsetzung gerade durch die Zurückhaltung des Protagonisten als gelungen gewertet werden darf. Zumal auch die technische Komponente überzeugt: Die Soundqualität könnte nicht besser sein und die mit ruhiger Hang geführten Kameras fangen die Atmosphäre am illuminierten Pont Du Gard in Südfrankreich perfekt ein.
 -- / 79:03 / Orchestral-House / tresorberlin.de
Michael Streitberger

Nothing in Common – The Dataset Interface EP

Ass – Card Records / Flight 13

Man wird wirklich mit erstem Blick auf das Cover an Perry Rhodan erinnert. Aber anstelle des damit assoziierten Elektro – Beats tönen punkig bis grungeartige Akkorde aus der Anlage, die im Titeltrack „The Dataset“ von einem wummernden Bass begleitet werden. Die nächsten 3 Stücke sind im gleichen Stil und man fühlt sich in eine Welt versetzt irgendwo zwischen Monster Magnet und The Ramones. Nothing in common indes beschreiben den Sound dann doch eher als Punkrock und wollen mit ihrer EP schon mal die Münder auf das bald nachkommende full-length Album wässrig machen, in dem die Weltraumabenteuergeschichte, die auf „The Dataset Interface“ begonnen wird, eine Fortsetzung findet. Wer übrigens nicht nur hören, sondern auch lesen will, dem sei das zugehörige Booklet mit der Geschichte als Comic – Strip ans Herz gelegt. Desweiteren ist mit genügend multimedialem Bonusmaterial gegen Langeweile gesorgt und zwei Remixe des Titeltracks stellen zudem dessen Tanzbarkeit unter Beweis. Jener elektronisch angehauchte („The Electroset“) wurde übrigens von Motobecane beigesteuert, was dem einen oder anderen vielleicht als Nebenprojekt von Holger Kochs, seines Zeichens Sänger von Pale, bekannt sein könnte. Alles in allem eine vielversprechende Hinführung auf das kommende Album der Kölner!
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 22:42 / Punkrock / nothingincommon.de
Uwe Wollein

Peterik, Jim - Above The Storm CD

Frontiers / Soulfood

Pride Of Lions minus Tobi Hitchcock ergibt -nicht nur auf dem Papier- Jim Peterik pur. Weniger stimmliche Theatralik also, verbunden mit dem gewohnt sicheren Gespür für prägnante Hooks und mitreissendes Songwriting. Mit nahezu identischer Begleitband (plus der Bläsersektion von Jim's alten Ides Of March-Kollegen auf einigen Songs) wildert der Gute in seiner Vergangenheit und fördert dabei das zutage, was seinen einstigen Bandkollegen von Survivor mittlerweile abhanden gekommen zu sein scheint: grossartige Songs mit Ohrwurmcharakter. Es muss kein zweites 'Eye of the tiger' dabei herauskommen, solange die -entschuldigt das doofe Wort- Hitdichte stimmt. Mit den beiden vorzüglichen Uptempo-Rockern 'Live life' und 'Burning with a reason' gelingt ein Auftakt nach Mass, und die Qualitätskurve wird nahezu über die gesamte Spielzeit aufrechterhalten. Dass so manche Nummer einen leichten Southern-Touch aufweist dürfte daran liegen, dass vieles im Verbund mit den Van Zant-Brüdern (Lynyrd Skynyrd bzw. 38 Special), seit jeher Brüder im Geiste, entstanden ist. Todsichere Anspieltipps sind neben den Openern das ungewohnt groovige 'At this time of night' und das eher poppige 'Hiding from yourself'. Manche Ballade ist diesmal allerdings wirklich etwas zu schwülstig ausgefallen, und den Titelsong werde ich mir wohl frühestens zu meinem 50.sten erneut reinziehen. Aber wozu gibt's die Skip-Taste, und mit satten 13 Songs ist ja wohl reichlich Material am Start. Summa sumarum also genau das, was man als Fan erwarten durfte, und wenn ich Herrn Peterik nicht wieder die Rohkostsalatkarte übersetzen muss, werde ich wohl wieder einen seiner nächsten Gigs besuchen müssen... Wer's mir gleichtun möchte, darf auch gerne seine alten Survivor-Alben und CD's mitschleppen, denn der Herr mischt sich nach den Konzerten stets zum Smalltalk ins Publikum und signiert alles, was ihm unter die Nase gehalten wird. Mit diesem Album im Rücken werden sich die Fans doppelt auf die in wenigen Wochen anstehende Pride Of Lions-DVD freuen!
-- / 58:00 / Melodic Rock / frontiers.it
Stefan Löffler

Riots Not Diets - Orange Mocha Frappuccino CD

Renkontre Records

Ein minimalistisches Erlebnis der bündigen Sorte: Gerade einmal 18 Minuten brauchen Riots Not Diets, um ihr LoFi-Indierock-Gebräu an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Apropos: Mit Sängerin Augustina Mancinelli und deren Bruder, Gitarrist Federico Mancinelli, besteht das Line-Up lediglich aus eben diesen Vertetern beider Geschlechter. Ob die flotten, poppigen Minihymnen deswegen so sexy sind? Oder liegt es daran, dass Drum-Maschine und Synthie-Sounds der von Buenos Aires nach Berlin emigrierten Formation vehement nach einer etwas kopflosen, hektischen Rumpel-Adaption der White Stripes klingen? Auch die Tatsache, dass "Orange Mocha Frappuccino" in einer Pariser Küche (!) entstand, mag - wenn nicht schon zum Albumtitel - mindestens zum eigenwilligen Charme beigetragen haben. Die elf Songs jedenfalls sind eingängig-kurzweilige Protopoppunk-Variationen, welche der vorübergehenden Attraktivität des entsprechenden Heißgetränks in nichts nachstehen...
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 18:02 / LoFi Rock / renkontre.de
Michael Streitberger

Saga - Trust CD

Inside Out / SPV

Zäsur im Hause Saga: Zum einen hat man die sich über die Distanz mehrerer Alben erstreckenden, in sich eine geschlossene Story erzählenden Chapters beendet. Zum anderen sitzt mit Inside Out von nun an eine neue, motivierte Plattenfirma am Ruder. Und diese macht ihren Job derart gut, dass man sich zuallererst über das liebevoll gestaltete Cover freut, das alle bisher dagewesenen Saga-Artworks in den Schatten stellt. Stilistisch hingegen hat man sich auf keine wesentlichen Neuerungen eingelassen, wenn auch betont wird, die Mannen um Michael Sadler hätten ein wenig zu den noch progressiver ausgeprägten Sounds der Frühwerke zurückkehren wollen. Ja gut, etwas verspielter, detailgetreuer oder auch vielfältiger als zuletzt mag's durchaus klingen, was der geneigte Anhänger dankbar zur Kenntnis nehmen wird. Aber letztlich sind's Nuancen. Feintuning, sozusagen. Der Opener 'That's as far as I'll go' strahlt mit seinen Rubberduck-Effektschleifen gehetzte Unruhe aus und sollte bei Verdacht auf Hyperaktivität am besten übersprungen werden. Dann nämlich wildern die Kanadier wieder in den für sie so charakteristischen Artrock-Gefilden, mit manch technischen Kabinettstückchen und vereinzelten Bombastanflügen angereichert. Um über vermeintliche Höhepunkte oder schwächere Songs zu philosophieren, erspare ich mir an dieser Stelle, denn die wahren Stärken offenbaren sich bei Saga oft genug erst nach Monaten. Mein Gott, wie habe ich 'The Flyer' damals gehasst! Hier hat es gleich Jahre gedauert, bis das Ding zünden wollte, aber entziehen konnte man sich der Nummer ja ohnehin nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls halte ich 'Back to the shadwos' für die herausragendste Komposition, der sicherlich ein Highlight auf künftigen Konzerten darstellen wird. Apopos Konzerte: fast den kompletten Mai sind Saga übrigens noch auf Europatour, davon finden viele Gigs auch auf deutschem Boden statt.
-- / 49:26 / Neo-Progrock / sagaontour.com
Stefan Löffler

Scoff – Reverse Universe CD

Daredevil Records / Point Music

„… I don´t care for all the lies out there, I want to find something to forget the grind...”. So oder so ähnlich könnte der Schlachtruf klingen, der die Irrungen und Wirrungen unserer heutigen Zeit vergessen macht. Um nicht ständig mit all den negativen Nachrichten aus der Welt konfrontiert zu werden, gibt es zur Ablenkung Musik und Bands wie Scoff. Eine junge Band und erstaunlicherweise aus München. Das muss dazugesagt werden um eines klar zu machen: Scoff rocken! Und nicht zu knapp! Schon im Intro wird deutlich, was die drei Jungs auszeichnet: Wuchtiges Riffing, intelligente Arrangements, eine gewisse Leidenschaft zum Detail und trotz des „Krachs“ einen Hang zu Melodien. Obwohl man manchmal – etwas kritischer hingeschaut – die eine oder andere Anleihe herauszuhören denkt. Ist der Bass aus „Avaron´s Crate“ nicht der von Eurythmics´ „Sweet Dreams“? Klingt das Riff aus „Sickstill“ nicht nach Metallica? Das rhythmische „Nemesis“ dagegen läuft völlig frei und eigen aus den Boxen und stellt, stilistisch gesehen, das beste Beispiel dar, was das erste Longplayalbum der Bayern alles in sich vereint. Ein wenig Kritik möchte noch am Abmischen geübt werden, denn im Gegensatz zu den energiegeladenen Gitarren tritt der Gesang ab und zu etwas zu zurückhaltend hervor, was dazu führt, dass der einen oder anderen Nummer vielleicht das „i- Tüpfelchen“ abgeht. Doch im Grunde ist das Debut „Reverse Universe“ ein beachtliches Werk und enthält mit „Dirty Grind“ zudem eine fetzige Single, die bereits auf Rotation im Rockradio von MTV.de lief und von welcher auch die Textzeile vom Anfang stammt.
Bewertung: 6 von 10 Sternen / 54:51 / Rock / scoff.de
Uwe Wollein

Trouble - Live In Stockholm DVD

Escapi / Soulfood

Hey, schon lange nichts mehr gehört von den Epigonen des Stoner- bzw. Doom-Metal! Aber bei Trouble sind wir an lange Pausen ja gewöhnt; die tauchen immer mal wieder auf und verschwinden dann für ein paar Jahre wieder in irgendeinem Erdloch. Gegründet hat man sich bereits anno 1979 mit dem Ziel, den von Bands wie Black Sabbath aufgebrachten Doom-Metal fortzuführen und weiterzuentwickeln. Aber selbst nach einigen Jahren im Chicagoer Underground waren die Jungs mit ihrem sperrigen Lava-Sound damals einfach viel zu früh (respektive zu spät...) am Start und hätten sich wohl selbst nicht träumen lassen, dass die Mucke Jahre später mal wieder richtig angesagt sein würde. Denn eines sollte klar sein: Bands wie Queens Of The Stone Age oder Kyuss wären ohne die innovative Vorreiterrolle von Trouble in dieser Form schlicht und ergreifend nicht denkbar. Ausserdem haben sie die klassische Schule durchlaufen, weshalb es auch massig Soli und coole Gitarrenleads gibt. Als Manko könnte man jetzt anführen, dass ein grosser Teil der Songs etwas gleichförmig aus den Boxen dröhnt, aber dafür entschädigt die 2004 beim Gig mit Candlemass in Stockholm toll gefilmte Performance einer äusserst spielfreudigen Band. Jetzt also hat die Szene Gelegenheit, Verpasstes nachzuholen und sich den von dämonsch-spartanischer Lightshow in Szene gesetzten Auftritt der US-Band um Eric Wagner in ordentlicher Qualität als DVD reinzuziehen. Coole Sache, verdammt unterhaltsam und so ganz nebenbei ein kleiner Beitrag zur Geschichtsaufarbeitung für die jüngeren unter euch. Bliebe noch die Frage zu klären, weshalb die FSK das Teil erst ab 16 Jahren freigegeben hat... Womöglich glaubt man dort ja tatsächlich, dass Rockmucke im allgemeinen und Flying V's im speziellen die Jugend verrohen können; womöglich hält man böse dreinblickende, schwarzgekleidete Zeitgenossen aber ganz einfach auch nur für potenzielle Menschenfresser. Mein Gott, welch lächerliche Instanz...
 -- / 113 min (Gig + Interview) / Crossover / escapimusic.com
Stefan Löffler

Uppercut - Tables Turned CD

I Scream / Cargo

Willkommen bei der holländischen Reinkarnation von Unity: Uppercut spielen 100% old school Hardcore! Und sie ziehen ihr Ding konsequent durch: Sei es nun das genretypische Artwork, die simplen aber aussagekräftigen Lyrics oder die superkurzen Songs - vieles erinnert an die Glanzzeiten dieser Musik. Mir fallen Wide Awake ein, frühe Sick Of It All blitzen durch und natürlich können die göttlichen Minor Threat nicht außen vor gelassen werden. Die vier Niederländer brauchen gerade 'mal gut zwanzig Minuten, um in 13 Songs klar zu stellen, dass das einheimische old school-Zepter ohne Bedenken in ihre Hände übergeben werden kann. Man merkt, dass die Band seit mittlerweile zehn Jahren unterwegs ist: Selten geht im Zeitalter von Metalcore derartige Musik so schön unkompliziert und melodiös nach vorne los wie beispielsweise in "All I know". Eben in diesem unüberschaubaren Wust an metalinfizierten Bands sind Uppercut mit ihrem vierten Album eine willkommene und wichtige Abwechslung. Auch deswegen, weil man seit dem Vorgänger "A Luta Continua" seine Stil in eine intensivere musikalische Richtung (a lá Bold oder Kill Your Idols) erweitert hat. Mag sein, dass ich von den ersten Sonnenstrahlen, die zu den Tönen dieser CD in mein Zimmer fallen, geblendet bin... Aber seit dem Tod von Kid Dynamite sind Uppercut die einzige Band, die derzeit neben genialen Newcomern wie den Dead Hearts oder Modern Life Is War bestehen kann!
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 21:28 / Hardcore / uppercuthardcore.com
Michael Streitberger

Valentine - The Most Beautiful Pain CD

Frontiers / Soulfood

Buuuuh, selten ein kitschigeres Cover gesehen, das sind ja schon mal beste Voraussetzungen für 'nen ordentlichen Verriss... Zumal auch die Info auf die Bombastkönige Queen verweist, und eine derartige Referenz erweist sich in den meisten Fällen zwangsläufig als schwere Bürde. Entgegen seinem Landsmann Valensia übertreibt es der Holländer aber nicht mit wahlweise sinnlosen bzw. nervigen Adaptionen aus der Bombastküche. Tatsächlich gibt es auf dem Album 'nen ganzen Reigen an Songs, die überhaupt nicht an Queen erinnern und im Kontext beinahe sowas wie 'ne eigene Note entstehen lassen. Dazu gehören gleich die ersten Nummern, die frei jeglicher Überfrachtung auf den Punkt gebracht abrocken, mitunter auch schon mal an Rage Against The Machine (!!!) erinnern und einfach Spass machen. Ambitionierter dann erwartungsgemäss jene vorrangig in der zweiten Albumhälfte auftauchenden Songs, die den offensichtlichen Einfluss Brian May's widerspiegeln. Wohlgemerkt nicht den eines Freddie Mercury! Ebenjener Brian May zeigte sich schon vor Jahren von den Fähigkeiten Robby Valentines' angetan und nahm in seinerzeit mit auf seine 'Back to the light'-Tour. 'Everyday Hero' zerreisst euer Herz in Stücke, während das melancholisch gefärbte 'The cold and lonely lie' eine perfekte Radiosingle abgeben würde. Poprockige Stücke vom Format eines 'A new world' oder 'I'm going under (sedated)' haben was von 80er Jahre-Stadionrock im positiven Sinne und lassen jegliches Poserelement im Keim ersticken. Muss man gehört haben! Stimmlich ist der Mann -eine weitere Gemeinsamkeit zu Brian May- keine grosse Kanone, weshalb die Songs (vielleicht unfreiwillig) sehr natürlich und nie überladen rüberkommen. Einzig 'Magical memories' wildert zu aufdringlich in Queen-Gefilden und klingt wie ein vergessenes Puzzleteil auf deren 'A night at the opera'. Als weiteren Pluspunkt sollte man die überlange Spielzeit anführen, die Masse mit Klasse vereint und viel für's sauer verdiente Geld bietet. Eine absolute Überraschung und für mich schon jetzt eines der Highlights auf Frontiers in diesem Jahr. Ein kleines Juwel!
-- / 63:18 / Symphonic Melodic Rock / frontiers.it
Stefan Löffler

Waltari - Blood Sample CD

Dockyard1 / Soulfood

'Liberate your mind from musical pre-conditions!' Dieser Leitspruch, als Bandmotto sogar auf der Promo abgedruckt, bringt genau das auf den Punkt, was den grellbunten Finnenhaufen seit jeher allerbestens charakterisiert. Schranken existieren keine, und in den Köpfen der verbohrten Hörerschaft gilt es sie niederzureissen. Ein löbliches Unterfangen zwar, doch Wenn das mal so einfach wäre... Die Engstirnigen und Kleingeistigen sterben bekanntlich nie aus! Dabei schafften es Waltari vor rund einer Dekade tatsächlich, aus dem Underground auszubrechen und die Charts von unten zu kratzen. Und das mit einem kunterbunten Crossover-Stilmischmasch, bei dem es alles zwischen Death Metal-Symphonien, Techno-Beats und teils richtig eingängigen Popsongs gab. Den Fans hat man damit so einiges abverlangt, aber gerade dafür wurden sie schliesslich so verehrt. Und auch jetzt auf dem neuen Album: ein Sammelsurium aus hartem Thrash-Metal ('New York'), lieblichem Flower Power (der Beatles-Covertune 'Julia'), Alternative-Rock ('I'm in pain'), Punk ('Back to the audio') und oriantalischem Funk-Wave ('Pigeons'). Bei 95% der Musikschaffenden würde der Schuss gnadenlos nach hinten los gehen. Bei Waltari dagegen klappt's, wohl vor allem deshalb, weil sie verdammt gute Musiker sind. Zusammengehalten wird alles von Kärtsy's markantem Gesang, der zwar oft reichlich nasal und anstrengend klingt, damit aber auch eines der Trademarks darstellt. Klar, der Überraschungseffekt ist längst vorbei, was die Musik aber nicht schlechter werden lässt. Wie bei Waltari üblich wieder mal ein Album mit Überlänge, das ein paar Füller zu imaginären Bonustracks werden lässt. Kaum vorstellbar, dass jemandem alle Tracks gleichermassen gut reinlaufen und nicht irgendwann nervgetötet die Skip-Taste betätigt wird. Die spinnen, die Finnen! Aber vielleicht gerade deshalb: Ihr könntet's nochmal packen, Jungs!
-- / 78:30 / Crossover / dockyard1.com
Stefan Löffler


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