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Paper Chase, The

Now You Are One Of Us

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The Paper Chase bewegen sich seit jeher auf dem schmalen Grat zwischen Pop, Kunst und Psychotherapie. Und wäre die Indie-Welt eine gerechte, hätten sie längst eine unüberschaubare Gefolgschaft an Math-, Post- und Avantgarde-Rock Freunden hinter sich.
Denn während Bandkopf John Congleton als Produzent seinen Platz in vielen Plattensammlungen schon inne hat, wurde seine eigene Band - zumindest bei uns - bisher sträflichst ignoriert. "Now You Are One Of Us" ist nun bereits die vierte Chance, sich von den kreativen songwriterischen Auswüchsen Congletons mitreißen zu lassen. Diesmal widmet sich der Gute thematisch den bizarren Auswüchsen verschiedener Ängste, was sich auch in Albumname und den überlangen Songtiteln ablesen lässt. Dominiert werden die fantastisch arrangierten Tracks natürlich einmal mehr von den eigenwilligen Vocals des Frontmanns. Aber auch sonst gibt es scheinbar unendlich viel zu entdecken. "You will never take me alive" beispielsweise beginnt wie ein klassischer Emosong, fügt sich aber phänomenal zwischen die sperrigen Postrock-Verzierungen seines Umfeldes. Manische Streicher in "We know where you sleep" lassen einen erschaudern und nach Texten wie der "Hänschen und Gretel"-Variation "All manner of pox or canker" zweifelt man einmal mehr an der geistigen Verfassung der Protagonisten. Das besondere an The Paper Chase: Sogar völlig obskure Stücke lassen den sprachlosen Hörer mitgehen, erzwingen seine Aufmerksamkeit und nisten sich nach kurzer Gewöhnzeit im Gehör ein. Immer wieder funktioniert das Spiel mit noisigen Gitarren, einer treibenden Bassline, selbstbewusstem Piano, Elektropartikeln, dem ungewöhnlichen Spiel von Schlagzeuger Dalton sowie Congletons manischen Vocals. Dabei gelingt die Kreation einer verzweifelten, hochemotionalen Atmosphäre, ohne dass der Griff zur ungeliebten Emo-Schublade irgendwie Sinn machen würde. Alleine die verschrobenen Streicherarrangements hieven The Paper Chase in eine ganz andere Liga. Wer dennoch Vergleiche braucht: Die Verkopftheit von Fugazi, der Ideenreichtum Mr Bungles und der Bauch von Shellac mischen sich hier mit der zwingenden Präsenz von At The Drive-In zu etwas ganz und gar Großartigem.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / 51:03 / Postrock

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