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Fantasy Filmfest 2006

+ der Nachbericht +++ der Nachbericht +++ der Nachbericht

Die fantastischen Fantasy Filmfest Feierwochen sind nun auch 2006 wieder an uns vorbeigezogen und wir wollen einen kurzen Rückblick auf die Höhepunkte des diesjährigen Festivals werfen. Insgesamt 47 Filme sahen Basti und Christian auf dem Fantasy Film Fest – genug um von jedem eine Top10 küren zu lassen - nicht berücksichtigt wurde dabei der Höhepunkt der Klassiker-Reihe, Hanzo, der bei beiden Rezensenten einhelligen Zuspruch fand.

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Christians Top 10:

1. 13 (Tzameti)
Das größte Lob des diesjährigen FFF geht an Frankreich: ein in bestechend schönem schwarz-weiß gefilmtes kleines, dreckiges Miststück von einem zynischen Film. Tzameti war die große positive Überraschung – bitte keinesfalls vorher Trailer oder Inhaltsangaben lesen, sondern blindlings mit Nummer 13 auf die Reise gehen!

2. Brick
Es kann nicht funktionieren und tut es doch: die Idee, die Brick so einmalig macht, klingt absurd und hat so viele Klippen zu umschiffen, dass es ein wahres Wunder ist, dass der Film unbeschadet spannend, amüsant und vertrackt bleibt. Keine dieser Figuren könnte auch nur annähernd in der Realität existieren, aber es kümmert nicht, denn sie sind so liebevoll gezeichnet und das Spiel mit den Ebenen so clever, dass Brick fesselt und begeistert – von Beginn bis Ende.

3. Isolation
Wieviele schlimme Alien-Rip-Offs gab es wohl im letzten Vierteljahrhundert seit Erscheinen von Ridley Scotts Science-Fiction-Horror-Masterpiece? Und wie wahrscheinlich ist es, dass auf einem irischen Bauernhof ein durchgängig überzeugendes gelingt, bei dem das Alien durch eine deformierte Kuh ersetzt? Und – noch unglaublicher – dabei weder Trash noch Comedy ist, sondern daraus ein nervenzerfetzendes Bauernkammerspiel, ein herausragender Thriller wird? Eigentlich gleich Null, umso höher ist der durchweg gelungene Isolation einzuschätzen.

4. Wilderness
Und gleich noch einmal Horror von der Insel. Wilderness ist etwas leichter im Ton als Isolation, sorgt aber ebenfalls für unablässige Spannung und ist mit einer Herde unverbrauchter Jungschauspieler erfrischend besetzt. Den Trend, den The Descent letztes Jahr losgetreten hat, setzen Wilderness und Isolation fort. Two thumbs up for Engeland.

5. The Method
Aus Spanien kommt dieses Psychokammerspiel um ein Job-Auswahlverfahren, dem der Horror des Arbeitsmarktes genügt, um auf engstem Raum mit einer begrenzten Anzahl an Figuren ohne einen Tropfen Blut mehr Spannung zu erzeugen als andere Kandidaten mit Kübeln an Kunstblut. Capitalism stole my virginity, indeed.

6. Science Of Sleep
Michel Gondrys Nachfolger zu Eternal Sunshine Of The Spotless Mind hat wunderbare Einfälle, die für drei Filme reichen würden. Allein die liebevolle Setgestaltung, der gerade Weg in das absurde Traumreich und dass Gondry mit seinem wunderbaren Hauptdarsteller Gabriel Garcia Bernal keinerlei Barrieren kennt, machen Science Of Sleep zu einem Erlebnis.

7. Severance
Und ein drittes Mal schafft das Königreich den Sprung in die Top10 – Severance, der Eröffnungsfilm, ist eine sehr amüsante Horrorpersiflage, die lediglich unter dem viel zu langen Ende leidet. Doch zwei Drittel Severance sind hervorragend – außer Hatchet hatte wohl kein Beitrag auf dem diesjährigen FFF so viele crowdpleaser im Programm.

8. Strange Circus
Strange, wie wahr. Ganz weit draußen vor den Toren der guten Sitten und der Moral spielt der Strange Circus seine Abendvorstellungen. Ein Film, wie er nur aus Japan kommen kann, der unablässig Tabus bricht und Grenzen überschreitet – selbst die nicht gelungenen Elemente von Strange Circus führen nur weiter zu einem beklemmenden Gefühl, so dass Sion Sonos Beitrag allein aufgrund seines Wagemuts und seiner Originalität genannt werden muss.

9. The Ice Harvest
John Cusack, Oliver Platt, Billy Bob Thornton…eine schwarze Komödie, die dank ihrer drei Hauptdarsteller hervorragend gelingt und sich vom Genrerest absetzt, weil sich über allem ein Schleier von Cusacks Melancholie legt. Die stille Verzweiflung am eigenen Leben begründet die entstehenden Absurditäten und der Gleichmut, mit dem jene ertragen werden, bessert The Ice Harvest nur weiter auf.

10. Renaissance
Es mag Renaissance an den Worten mangeln, um diesen Bildern gerecht zu werden, aber allein für das visuelle Feuerwerk, das diese animierte französische Meisterleistung abbrennt, muss man es gesehen haben. Ein großer Vorteil im Vergleich zu den ebenfalls oft technisch brillanten japanischen Animes ist die Verhaftung in der Realität, die Glaubwürdigkeit jeder Sequenz, die das gesehene nur noch eindrucksvoller macht. Im Gegensatz zur japanischen Tendenz, animierte Filme mit einer Überdosis New Age Quark zu garnieren (siehe Ghost In The Shell 2), bleibt Renaissance zu seinem eigenen Glück eine mehr oder minder einfach Film-Noir-Thriller-Story.

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Bastis Top10:

1. Adams Apples
Anders Thomas Jensen, Autor von In China essen sie Hunde und anderen dänischen (Film-)Delikatessen knallt für mich den Überraschungsfilm des Festivals raus. Eine höchst komische, teilweise absurde und trotz allem ziemlich herzliche Geschichte, die nicht nur von ihrem rabenschwarzen Humor lebt. Aber doch sehr - kein Wunder, wenn die Hauptfiguren ein Pfarrer, ein Neonazi, ein Vergewaltiger und ein Tankstellenräuber sind. Ab 31.08. dann übrigens in synchronisierter Version offiziell im Kino.

2. Severance
Perfekt gewählter Eröffnungsfilm dieses Jahr. Severance wandelt zwar auf schmalem Grat, schafft es aber immer wieder auf der guten Seite zu landen. In erster Linie punktet der Film mit seinem herrlichen Humor. Ein Genremix, wie er unterhaltsamer nicht hätte ausfallen können. The Office goes Backwood. Inklusive Szenenapplaus bei leichtbekleideten Frauen und ein paar abgetrennten Körperteilen. Hab mich schon lange nicht mehr so gut unterhalten gefühlt...

3. Them
Die Story von Them ist in einen Satz erzählt. Wenn man denn will. Der „nach einer wahren Geschichte"-Faktor fällt nie störend auf. Und selbst das Ende schockt ordentlich. Auch wenn die Eröffnungsszene mehr Richtung Slasher lenkt; Them ist 77 Minuten Hochspannung ohne etwaige Schnörkel. Das sahen viele im Kino anders. Vielleicht lags an der Erwartungshaltung. Wer Blut sehen will, der ist hier an der falschen Adresse. Für mich ein Highlight in Sachen Survivalfilm.

4. Strange Circus
Regisseur Sion Sono, der auch den vielerorts gelobten Suicide Club gemacht hat, spielt ein wunderbar verstörendes Spiel mit seinen Zuschauern. Das können auch nur die Asiaten. Eine Story um Kindesmissbrauch und sexuelle Perversionen zu erzählen, die sooo sehr zwischen Kunstfilm und surrealem Trash schwankt, die sich dabei trotzdem nie lächerlich macht. Käme am Ende, wenn alle Erzählebenen miteinander verschwimmen, nicht ein wenig zu sehr der Holzhammer zum Einsatz, der Film wäre fantastisch.

5. The Science of Sleep
Allein die hohe Erwartungshaltung verhindert eine höhere Platzierung des neuen Michel Gondry-Werkes. Eine zarte Liebesgeschichte, gespickt mit unzähligen bezaubernden Ideen. Dazu noch wunderbar besetzt. Und laut Anarchie schreiend. Unbedingt im Original ansehen. Nicht nur wegen dem Englisch/Spanisch/Französisch-Sprachen-Wirrwarr. Ja, doch. Bezaubernd ist schon das richtige Wort.

6. Wilderness
England delivered mal wieder. Der ganz große Wurf ist es nicht. Aber der Regisseur von Deathwatch schenkt uns einen unterhaltsamen und wenig zimperlichen Survivalfilm. Ein paar Jugendstraftäter werden auf einer einsamer Insel mit einem irren Killer konfrontiert. Schon bald fließt ordentlich Blut. Das ergibt eine eigenartige Atmosphäre, eine absolut trashige Geschichte und ein paar absolut fiese Ideen. Und am Ende hoffentlich ein paar fröhliche Gesichter im Kinosaal.

7. SPL
80er-Jahre-Hong-Kong-Action galore. Bietet alles, für das man das Genre entweder liebt oder hasst. Und dazu noch Sammo Hung in der Rolle des Gangsterbosses. Sehr stylisch, sehr oldschool. Die 08/15-Story stört nicht weiter. Perfekt für den DVD-Action-Abend. Mit solch hintergründigem Yakuza-Kino wie der Infernal Affairs-Reihe hat Sha Po Lang allerdings wenig gemein. Dafür knallts mehr. Oi.

8. 13 (Tzameti)
Die Odyssee eines Dachdeckers, der in einen illegalen Spielerring gerät, ist kompromissloss as fuck geraten. Ruhig inszeniert, schön in schwarz/weiß. Und bishin zum zynischen, aber passenden Ende absolut stimmig. Das bereits angekündigte US-Remake wird sicher etwas hektischer werden. Aber das ist doch gerade das schöne an 13 (Tzameti). Er ist so hoffnungslos unspektakulär. Und trotzdem ungemein packend.

9. Running Wild
Für Fans des koreanischen Thrillers ein absolutes Muss. Hat seine Schwächen vor allem im viel zu lang geratenen Schlussteil. Vorher geht's aber rund. Bildet sogesehen ein wenig das Gegenstück zu SPL. Wesentlich dreckiger und ungeschönter kommt Running Wild daher. Es liegt ein wenig Dirty Harry-Feeling in der Luft, wenn der ungestüme Do-young Jang den Tod seines Bruders rächen will. Bis dahin geht einiges zu Bruch, werden ordentlich Blut und Tränen vergossen und Pathos, ach ja, Pathos. Das gibt's wie immer in einer Extraportion oben drauf.

10. Behind the Mask
Ein absolutes Muss für Fans des klassischen Slasherfilms. Zu denen zähle ich mich. Sonst hätte auf Platz zehn wohl eher Isolation landen müssen. Doch Behind the Mask spielt so wundervoll mit den Regeln und Gepflogenheiten des Slasherfilms, das man aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus kommt. Im Grunde handelt es sich hierbei um ein Slasher-Spoof, im Stile einer Dokumentation. Alles ziemlich kurzweilig. Der Killer plaudert ein wenig aus dem Nähkästchen. Erst wird das Final Girl ausgewählt, die ersten Schrecken verbreitet, der Schauplatz des eigentlichen Massakers präpariert und schlussendlich wird dann doch noch ordentlich geschlitzt. Wie sich das eben gehört. Für einen ordentlichen Slasher.

Autoren: Christian Ihle und Sebastian Zapf


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