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Dylan, Bob

Modern Times

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Ich weiß nicht, wie mir das gelungen ist: Seit Jahren Tag für Tag ununterbrochen Musik hören. Bei jeder noch so ungünstigen Gelegenheit - und dabei gerne auchmal vermeintlich wichtigere Sachen vergessen. Ein guter Teil meiner Plattensammlung besteht dann sogar noch aus Singer-Songwritern. Nick Drake, Dension Witmer, Terry Lee Hale oder die ganze Schweden-Fraktion um Nicolai Dunger, Kristofer Aström... Und dann das: Ich kenne Bob Dylan nicht.
Das Original. Klar, der Name und seine Bedeutung sind mir geläufig. Und einen Teil seines Repertoires begegnete mir in Coverversionen verschiedenster Bands. Aber bewusst habe ich Dylan selbst nie gehört. Deswegen musste ich mir kürzlich schonmal ordentlich Schimpfe anhören. Von einer gut fünfzigjährigen Arbeitskollegin nämlich, die mich (zu recht) verspottete, mit sellfish.de aktiv zu sein, aber den Mann nicht zu kennen, der musikalisch eine ganze Generation prägte und noch immer Spuren hinterlässt. Da wurden mir dann Alben ausgeliehen, für die ich aber nie die Ruhe fand, mich wirklich damit zu beschäftigen. Jetzt die forcierte Konfrontation: "Modern Times" landet in meinem Briefkasten. Mit der Bitte um Rezension. Und was im folgenden zu lesen ist, dürfte jeden Dylan-Jünger entweder total kalt lassen oder bombig amüsieren. Denn wirklich beurteilen kann ich das erste Studioalbum nach fünfjähriger Pause natürlich nicht. Zumindest nicht im Kontext seines anderen Schaffens. Ich kann nur schreiben, wie diese zehn Songs auf jemanden wirken, der reichlich unbefangen an die Musik herangeht. Und ohne zu Wissen, ob das Material hier nun zu seinem stärksten gehört: Mich begeisterte "Modern Times" auf Anhieb. Und mit jedem neuen Hördurchgang noch mehr. In dieser Stimme finde ich mehr Soul, als ich es im Großteil des gleichnamigen Genres ausmachen konnte. Das grandios entspannt swingende "Spirit on the water" beipielsweise lebt ebenso wie der eröffnende, bluesinfizierte Rocker "Thunder on the mountain" zentral von der charismatischen Stimme. Diesem angeschrägten Nörgeln, welches die spartanischen und sehr behutsam arrangierten Instrumentals begleitet. Eine Kombination, die mich Stück für Stück in ihren Bann zog. Und bei welcher es dann doch immer wieder liebevoll versteckte Details zu entdecken gibt. Die hervorragende, organische Produktion von Jack Frost schließlich rundet ein absolut gelungenes Album ab, welches tatsächlich mühelos gegen das Gros der aktuellen Rock/Singer-Songwriter/Independent-Releases bestehen kann. Und mich noch eine ganze Weile begleiten dürfte. Wenn nicht gleich der unausweichliche Einstieg in Dylans unüberschaubaren Backkatalog daraus entsteht...

Bewertung: 8 von 10 Sternen / 62:46 / Rock

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