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Max Richter

Songs From Before

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Max Richter ist ein bemerkenswerter Mann. Gerade vierzig geworden und musikalisch gefestigter als womöglich die meisten seiner Altersgenossen: klassische Klavier- und Kompositionsausbildung in Edinburgh, unzählige Kollaborationen und jetzt sein Zweitwerk "Songs from before". Und dabei schafft er es trotzdem, wunderbar berührende Kleinode zu schaffen.
Man muss diese Kollaborationen einfach herausstreichen, weil sie "Songs from before" so herrlich beschreiben können: Mitbegründer des extrem erfolgreichen "Piano Circus", die unter anderem die kompositorischen Beihilfen für Arvo Pärt, Brian Eno, Philip Glass, Julia Wolfe und Steve Reich gaben. Dann das "Future Sound of London". Oder die Produzentenarbeit für das Comeback der 60er jahre Legende Vashti Bunyan. Oder die Scores für den bisher unveröffentlichten Super8 Film von Derek Jarman. Oder der Score für den Film "Hope" von Stanislaw Mucha. Die Liste geht ewig so weiter. Da wundert es schon ein wenig, dass Richter noch Zeit für ein wenig Eigenproduktion hatte. Sein Zweitwerk wurde dennoch fertig gestellt und besticht durch einen zeitlosen, klassischen Sound, der sich an der Neuzeit reiben mag. Ein bischen Elektronik hier, ein paar Streicher da und ganz viel atmosphärische Sounds zwischendrinn. Schwurbeln durcheinander, erhöhen sich, fallen herab und dringen ganz tief ein in die, falls vorhanden, menschliche Seele. Zu "Flowers for Yulia" möchte man sterben. Im Sprichwörtlichen Sinne. Ein paar Medikamente geschkuckt und dann im Badewasser versinken, während im Nebenzimmer der Fernseher im Testbild rauscht. Furchtbar. Gruselig. Einsam. Nicht zu empfehlen, wenn man wirklich fertig ist mit der Welt. Aber es gibt auch die erhabenen, lichten Momente, in denen Richter seine Klavierfähigkeiten unterstreicht und Licht durch die dicken Vorhänge lässt. "Autumn Music 2" ist solch ein Beispiel. Da tanzen Klavier und Geige im Regen. Gesungen wird nicht. Nur hier und da blitzen von Robert Wyatt gelesene Haruki Murakami Texte auf. Das alles webt eine dichten Klangteppich, auf dem man locker eine ganze Nacht die Rotweinflecken zählen kann. Nur wenn die Sonne aufgeht sollte man besser die Anlage ausschalten. Wäre sonst schade um den Tag.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / 49:14 / Atmo-Songwriter

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