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Badly Drawn Boy

Born in the U.K.

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Es ist leicht, ein Loblied auf den Mann mit der Strickmütze anzustimmen. War "One plus one is one" doch das meist unterschätzte Album 2004. Aber, und das muss dem folgenden Loblied vorausgehen: "Born in the U.K." kann meine hohen Erwartungen nicht erfüllen.
Sonst bleibt alles beim gleichen. Und man könnte die traurige Erkenntnis, dass Badly Drawn Boy hier ein eher zähes Album abgeliefert hat, ganz wunderbar übergehen, wo doch immernoch Sätze fallen wie: "Dwelling on the memories / Is such as a waste of energy / It's simple when you see it, in front of you / On walls in bedrooms". Der traurige, melancholische, verschrobene Engländer, der sich zu seinem Land bekennt, mit all seinen Unzulänglichkeiten. Eine Stimme, deren Beschwichtigungen und Durchhalteparolen man am liebsten jeden Tag hören möchte. Ein Musiker, dessen permanente Anwesenheit man als über alle Maßen angenehm empfinden würde, der sich aber in den letzten drei Jahren genau einmal in Deutschland blicken ließ. "Born in the U.K." geht den Weg seines Vorgängers konsequent weiter. Die verschachtelten Songstrukturen wurden weiter entwirrt (eigentlich immer ein Markenzeichen gewesen). Keine Lo-Fi-Animationen mehr, kein frickeliges, verschrobenes Songwritertum mehr. Auf "Born in the U.K." bekennt sich Badly Drawn Boy zum Song an sich. Leicht verdaulich, eingängig, an seinen Idolen Springsteen und Lennon klar ausgerichtet. Hymnen. Zwar war auch schon "One plus one is one" fokussierter, energiereicher, weniger verschroben als "The Hour of Bewilderbeast". Aber es besaß vor allem einen ganz entscheidenden Bonus, der "Born in the U.K." zumindest zeitweise abgeht: es weckte tief vergrabene Emotionen, es rührte zu Tränen. Aber, und das muss man dem Engländer zu Gute halten, das ist ja auch nicht Drawns eigentliche Aufgabe. Er soll Songs schreiben. Großartige. Und die finden sich auf seinem neuen Album zuhauf. "Born in the U.K." ist ein klarer Rocksong. Pathetisch, eingägnig und mit einem Drall, den man von Gough so gar nicht erwartet hatte. Thematisch setzt er sich mit Goughs Bekenntnis zu seiner Herkunft auseinander: viel wichtiger, als '77, als die Sex Pistols, war immernoch das "Silver Jubilee". Jedem das Seine. Fehlt eigentlich nur noch "Give Peace a Chance" im Hintergrund und fertig wäre die Hymne des neuen Jahrhunderts. "A Journey from A to B" setzt die bekannten Trademarks: Klavier, Gitarre, ein bischen Schlagzeug und Goughs eigenwillige Stimme. Unverkennbar ein großer Song, der aber nicht im mindesten auf das vorbereiten kann, was in der Mitte des Albums sitzt. Nämlich auf das Juwel "Promises", ein kleiner, fast unbedeutend leiser Song, der tief einschneidet, dorthin, wo die Tränen sitzen. Der berührendste, eingängigste Song des Albums. Mit "The Way things used to be" gibt es dann ein wenig Country Marke Bright Eyes, bevor mit "The Time of Times" der Schlussgong geläutet wird und die Brücke zurückschlagen kann zu "The Shining". Je öfter ich das Album höre, desto unbedeutender wird die Erkenntnis, dass Gough hier das unscheinbarste Album seiner Karriere aufgenommen hat. Vielleicht bin ich auch nicht mitgewachsen. Ich bemühe mich. Denn Eins und Eins macht immer noch Eins. Badly Drawn Boy forever!

Bewertung: 8 von 10 Sternen / 49:14 / Songwriter-Pop

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