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Book of Daniel, The

Songs For The Locust King

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Songwriter der Welt zieht euch warm an. Hier kommt eine der schönsten Genre-Platten des Jahres. Sie kommt nicht zufällig aus Schweden. Die Konkurrenz in Übersee muss sich warm anziehen, aber ein gesunder Wettkampf belebt ja bekanntlich das Geschäft. Im Fall von Daniel Gustafsson stammt diese sogar aus der eigenen Familie: Bruder Martin musiziert schließlich schon seit geraumer Zeit unter dem Namen Boy Omega durch die Lande, aber ob man das wirklich Konkurrenz nennen will?
Eher gesunden Wettstreit unter Brüdern. Musik gemacht haben sie jedenfalls schon oft zusammen und obwohl Daniel erst jetzt mit seinem Debütalbum um die Ecke biegt, merkt man, dass der ältere der beiden nicht erst seit Kurzem Songs schreibt. Er hat es nur etwas langsamer angehen lassen, was vielleicht auch ein Grund dafür ist, warum die Stücke von The Book of Daniel deutlich ausgereifter sind, als die von Boy Omega. Keine Kritik an Martin, sondern lediglich der größte Unterschied zwischen den Brüdern. Während bei Boy Omega aus drei Ideen oft vier Songs werden, entsteht bei The Book of Daniel aus vier Ideen höchstens ein Titel. Das macht sich bereits an den Spielzeiten der Lieder bemerkbar und liegt wohl vor allem daran, dass Boy Omega auch solo als Singer/Songwriter-Projekt funktioniert, während es Daniel Gustafsson gerne größer mag. Schlichte Gitarrengrundgerüste werden hier im Bigbandstyle zu ausufernden Bluesmonstern. Hier ein Klavier, da ein Cello, ein Chor oben drauf und immer wieder Bläser - allen voran ein Saxophon - die sich mal mehr und mal weniger eindringlich in den Vordergrund spielen. Daniel mag Miles Davis, genau wie Tom Waits und das hört man. Weniger ist hier oft nicht mehr - zumindest was die Instrumentierung betrifft. Das bewirkt einerseits, dass die „Songs for the Locust King” erstaunlich reif klingen, andererseits wünscht man sich, sein jüngerer Bruder hätte ihn zwischendurch mal ausgebremst. Wenn man Daniel Gustafsson etwas vorwerfen wollte, dann dass er manchmal zu viel will, dass er berührende Momente fast schon unter all der Musikalität begräbt. Andererseits: Warum sollte man ihm aus seiner größten Stärke einen Strick drehen? Gerade dieser ausgearbeitete, überladene Charakter ist es, der dem Album sein Profil verleiht und zuweilen an Sufjan Stevens erinnert. Der Pathos hält sich im Vergleich zum Bruderherz in Grenzen, lieber erfreuen sich Daniel und sein kleines Orchester an einem instrumentalen Jazz-Inferno („Busy Bee“) oder der Intensivierung aller Gefühle und Spielarten („Halleluja“). Immer wieder werden Fallen gestellt, falsche Fährten gestreut und Spuren verwischt. Was zunächst bedrohlich wirkt, geht schon bald in einer zauberhaften Melodie auf und gerade wenn man sich in Sicherheit wiegt, gibt es einen präzisen textlichen Tiefschlag. Wenn Daniel Gustafsson eins kann, dann sind das mitreisende Refrains schreiben. „3rd of December“ oder „The Camels Parade“ sind dafür glaubwürdige Zeugen und zudem wunderschöne Songs. Natürlich haben auch The Book of Daniel die Portion schwedische Melancholie an Bord, zum Glück überwiegt aber der hoffnungsfrohe Blick nach vorne. Noch eine tiefdepressive Platte, hätte dieser Herbst wahrlich nicht vertragen. Dieses Album dafür umso besser.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 53:54 / Songwriterbluespop

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