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Aerogramme

My Heart Has a Wish That You Would Not Go

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Aerogramme haben noch nie Musik für die Tanzfläche oder das Radio geschrieben und sind wohl auch deshalb vor allzu großen Fanscharen verschont geblieben. Kritiker dagegen waren der Band schon immer wohl gesonnen und das wird sich auch mit dem neuen Album „My Heart Has a Wish That You Would Not Go“ nicht ändern. Das mit den Fans vielleicht schon.
Das kann zum einen daran liegen, dass die Schotten ihre bisher zugänglichste Platte gemacht haben, aber auch daran dass nach „A Story In White“ und „Sleep & Release“ nun das kompakteste und rundeste Werk der Band vorliegt. Vorbei ist die Zeit der Zerrissenheit. Zumindest der musikalischen, denn die Texte strahlen nach wie vor nicht vor Glückseeligkeit. Laut/Leise-Malereien finden fast nicht mehr statt, Aerogramme machen jetzt in Pop. Das ist im Kosmos der Glasgower zwar nichts wirklich Neues, die Art und Weise aber schon. Nachdem Sänger Craig B. nach einem Infekt monatelang seine Stimme schonen musste, reifte bei den geistigen Brüdern von Kapellen wie Isis oder Mogwai die Erkenntnis, dass es auch ohne schreien und keifen gehen muss. Quiet is the new loud sozusagen. In diesem Fall aber auf Rezept und mit guter Empfehlung von Craig B.’s Hausarzt. Dass Aerogramme diese Einschränkung besser wegstecken können, als andere Bands, liegt wohl daran, dass der Gesang schon immer mehr als weiteres Instrument eingesetzt wurde und selten im Zentrum der Songs stand. Dass Craig B. auch wunderschön singen kann, wusste man schon länger, nur dass dies erst jetzt auf „My Heart Has a Wish That You Would Not Go“ so richtig zum Tragen kommt. Musikalisch hat man die Idee auf die Spitze getrieben, nur Songs zu verwenden, die als Soundtrack zu einem Film funktionieren würden. Was auf der „Seclusion“-EP bereits Thema war, wurde jetzt perfektioniert. Mit dem Unterschied, dass sich die Songs inzwischen nicht mehr nur als Untermalung von Horrormovies eignen. Alles ist heller, weiter und offener. Die atmosphärisch umwerfenden „Nightmares“ und „The Running Man“ bilden dabei die Ausnahme. Abgesehen von einem atemberaubenden Gitarrenregen zu Beginn („Conscious Life for a Coma Boy“) und dem ab und zu wütend schnaubenden Bass erinnert wenig an den Krach von früher. Streicher, Bläser, Pianomelodien und Akustikgitarren haben sich nicht nur auf das Album verirrt, sie sind fester Bestandteil des Gesamtkonzepts. Eine schöne Form von Doping, die man der Band gerne zugesteht und die die Musik von Aerogramme auf das nächste Level bringt.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 47:18 / Noise-Pop

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