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The Hold Steady

Boys And Girls In America

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Wenn eine Band zugibt, von der Musik Bruce Springsteens beeinflusst zu sein, dann erweckt das keine besonders positiven Erwartungen. Und die Information, dass Gitarrensoli zum Inventar von The Hold Steady gehören, lässt mich als bekennenden Popmusik-Hörer vorerst einen weiten Bogen um ihr neues Album „Boys And Girls In America“ machen. Vorerst. Als ehemaliger Guns’n’Roses – Fan beschließe ich nach einigem Zögern jedoch, dem Ganzen eine Chance zu geben.
Der erste Song beginnt mit den Worten „There are nights when I think that Sal Paradise was right.“ Sal Paradise ist die Erzählerfigur aus Jack Kerouacs Roman “On The Road”. Das macht neugierig. Craig Finn, Sänger und Textschreiber der Band, bringt das Zitat mit „boys and girls in America have such a sad time together“ zu Ende. Das dritte Album von The Hold Steady ist voll von literarischen Zitaten wie diesem. Es handelt von amerikanischen Teenagern, die entweder bereits high sind oder es so schnell wie möglich werden wollen. Craig Finn und seine Band haben ihnen sehr genau dabei zugesehen und den dazugehörigen Soundtrack geschrieben. In Form von bombastischem Gitarrenrock schaffen sie eine fiktive amerikanische Kleinstadtwelt, in der neben den Romanfiguren von „On the Road“ auch Bukowskis Anti-Held Henry Chinaski nicht weiter auffallen würde. Die meisten Geschichten erzählt Finn in einer Art Sprechgesang, begleitet von energetischer Rockmusik. Und dann gibt es da auch noch die Liebe, die der Erwachsenenwelt scheinbar dieselben Rätsel aufgibt wie 17jährigen Kids. Sie kann austauschbar oder beliebig sein – und manchmal zieht sie uns den Boden unter den Füßen weg: „Lost in fog and love and faithless fear I’ve had kisses that make judas seem sincere“. Es gibt sie, die Gitarrensoli, und ich komme immer noch nicht ganz damit klar. Doch irgendwie lässt mich der Gedanke nicht los, dass The Hold Steady das ähnlich sehen. Wenn eine Band, deren Musik vor Textgehalt nur so strotzt, die Zeilen „you’re pretty good with words, but words won’t save your life“ singt, dann traut man ihr auch an anderen Stellen ein gewisses Maß an Ironie zu. The Hold Steady sind froh darüber, keine Teenager mehr zu sein. Und doch wären die Jungs aus Minnesota, allesamt über 30, auf einer dieser amerikanischen High-School-Parties wahrscheinlich die Allercoolsten.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 42:51 / Rock


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