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MISC - sellfish.de Beifang 03/07 | 01

Miscellaneaus: Genrekram*EP*Vinyl*MCD*Sampler*Demos*Soundtrack

Eine neue Heimat bei sellfish.de: Für Sachen, die normalerweise unterzugehen drohen. Oft verdient und von manchen verachtet lassen sich in dieser Rubrik immer wieder auch echte kleine Perlen entdecken...

Zwischen wildem Westen und norddeutschen Hoffnungen

mit: Handsome Hank And His Handsome Boys | Kleinstadthelden

Yeahaw! Ich weiß nicht genau , woher Handsome Hank And His Handsome Boys eigentlich kommen (jenseits der Schweizer Rocky Mountains wird da gemunkelt), wer alles dahinter steckt und verdammt noch mal welch genial-verrückter Gaul sie geritten hat - aber: Das Pseudo-Live-Album „Live At Murmansk“ (Rookie Records / Cargo) mit 16 Country- und Bluegrass-Adaptionen altbekannter Hits macht teilweise mehr Spaß als ein stattliche Anzahl kratziger Whiskeys in einem verqualmtem Saloon. Wie schon auf dem Debüt-Album, das sich originellerweise „Greatest Hits“ nannte, werden auf „Live At Murmansk“ alten Songs neues Leben eingehaucht. Und im Gegensatz zu vielen Bands, die mit solchen Cover- und Konzept-Alben mehr recht als schlecht den Country-Stil in den staubigen Sand gesetzt haben, schafft es der nette Hank mit seinen noch netteren Jungs tatsächlich komplett neue Songs zu arrangieren. Ob nun bei den Beatles („Back In The USSR“), mit Motörhead („Ace Of Spades“) oder gar bei Michael Jackson´s „Thriller“ bieten Handsome Hank And His Handsome Boys keine kreativ- und herzlose Adaptionen sondern eine vor Bluegrass und Hillbilly-Tum nur so strotzende Neuversionen altbewährter Songs, die mit der Tür ins Haus fallen und einfach nur mitreißen. Sicherlich ein party-orientierte Grundstimmung wie auf dem Vorgänger-Album, aber wieder mit der höchst unterhaltenden Kunst, Songs eine neue Identität und Bedeutung zu verleihen. Für Rocker, Rockabillys, Cowboys und alle anderen Verrückten.

Woher sie kommen, wer sie sind? Das ist für die Kleinstadthelden wahrlich kein Geheimnis und dabei Motto zugleich: Osterholz-Schambeck nennt sich die Vorstadt-Tristesse aus der es sich mit Musik doch so herrlich flüchten lässt. Die 4-Track EP (mossBEACH music) des jugendlich-frischen Quartetts aus der Nähe Bremens kündet demnach auch von Jugendsorgen, Weltverbesserern und großen Träumen. Emo-Rock made in Norddeutschland, der mit seinem dynamischen Antritt zwischen anklagendem Gefühlschaos und trotziger Direktheit schnell viele Freunde finden wird. Frische Punkrock-Parolen treffen hier auf energiegeladene Gitarren-Songs, die mal tiefsinnig-rockend mal extrovertiert die Gefühlswelt nach Außen kehren. Sowohl gesanglich als auch vom Produktionsstandard spielen die Kleinstadthelden schon in der gehobenen Indie-Rock-Liga in der sich Bands wie Muff Potter oder Astra Kid tumeln. Die ambitionierten Texte werden gut arrangiert, wirken aber in Kombination mit der Vordergründigkeit der Vocals gerade im etwas simpel gestalteten „Gucken was kommt“ noch etwas ungeschickt. Trotz dieses kleinen Schönheitsfehlers aber ein äußerst schmackhafter Appetizer auf ein hoffentlich bald folgendes Album. Dann können die Kleinstadthelden zeigen, ob sie wirklich zu ganz großen Taten fähig sind. Ich glaube ganz fest daran und freue mich. 

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Wer suchet, der findet: Kleine Perlen aus unserer Promokiste

mit: Dying Fetus l Furious Styles l Neustadt 21 l Rup l Voodooshock


Wenn ich hier schreibe, dass in den Reihen von Aeon Spoke Drei-Viertel der legendären US-Band Cynic aktiv sind, glaubt mir das wahrscheinlich kein Mensch, der schon einen Ton des Albums zu Ohren bekommen hat: Das selbstbetitelte Debüt des Trios aus Miami enthält nämlich einen krassen Gegenpol zum komplexen Geknüppel der Prog-Metal-Institution. "Aeon Spoke" (Steamhammer/SPV) steckt voller dick produzierter Alternative-Pop-Perlen, die auf ihrem Weg in die Gehörgänge zu keiner Sekunde von überraschenden Taktwecheln, dissonnaten Tönen oder ähnlichem gebremst werden. Beinahe hypnotisch drängen die zehn Stücke ins Bewusstsein. Durch ihre eigenwillig stilvolle Herangehensweise erinnert das Material aus Anhieb ein wenig an die poppige light-Version von Katatonia. Was in keinster Weise negativ gemeint ist: So verfügt ein Stück wie "Sand and foam" zweifelsohne über dreifach mehr Substanz als das meiste, was sich unter der Alternative-Banner sonst in den entsprechenden Charts tummelt. Vielleicht macht sich die Vergangenheit der Musiker auf diese Weise bemerkbar: Hier müssen große Harmonien nicht länger subtil versponnen werden - Das Selbstbewusstsein ist längst vorhanden, sein Verständnis für die pure Schönheit offen(er) zu demonstrieren. Deutlich gereift geht es den Aeon Spoke Musikern längst nicht mehr darum, ihre technische Versiertheit zu demonstrieren. Was nicht nur tatsächliche Progressivität demonstriert, sondern vor allen Dingen in einem wohlklingenden Album-Highlight mündet.

Nachdem sie in den letzten Wochen (abgesehen von den der starken The End LP) ein Aufgebot mit kaum konsensfähigen Underground-Veröffentlichungen boten, ziehen Relapse Records nun endlich einmal wieder alle Register: Mit Dying Fetus ist eines ihrer seit Jahren zugkräftigsten Pferde zurück am Start. Was natürlich keineswegs bedeutet, dass wir es hier mit massentauglichen Sounds zu tun zu haben. Dafür ist der rasende, technisch versierte Deathmetal auf "War Of Attrition" (Relapse Records/SPV) schlichtweg zu krass. In der einschlägigen Szene wird dieses gut halbstündige Album aber ein weiteres mal mächtig Staub aufwirbeln. Denn so exzellent und konsequent wie von den Herrschaften aus Maryland wird die Mischung aus Death/Thrash, Metal- und Mathcore von kaum jemandem umgesetzt. Eine Prämisse, welche für den starken Vorgänger gleichermaßen wie auch für die acht neuen Tracks gilt. Und weil die Mischung aus Killer-Riffs plus grenzwertiger Frickelei in Höchstgeschwindigkeit über einen enormen Langzeitwert verfügt, werden hier hartgesottene Fans von Nasum über Hate Eternal bis hin zu den neueren Cannibal Corpse gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.

Eines steht schnell fest: Neu ist der Sound der Seattle-Newcomer von Furious Styles garantiert nicht! Biohazard beispielsweise dürften für "Life Lessons" (A-Team/Alveran Records) massiv Pate gestanden haben; aber auch der Asi-Core von Blood For Blood oder Madball blitzen durch derbe rockende Tracks wie "Time to pay". Oder, nochmal anders: Punkiger Hardcore typisch New Yorker Prägung trifft während dieser knappen halben Stunde auf mosh-kompatibles Riffing und ein paar HipHop-mäßige Anleihen in den Vocals ("On Blast D.W.C."). Das Ganze ist handwerklich exzellent in Szene gesetzt: Fette Breakdown-Parts, Gangshouts und einprägsame Hooks sorgen dafür, dass "Life Lessons" schon nach dem ersten Hördurchgang bleibenden Eindruck hinterlässt. Wermutstropfen: Textlich sind die Furious Styles ein ziemlicher Griff ins Klo; aber das überrascht wohl auch nicht wirklich. Wer sich an dieser Tatsache nicht stört und zudem kein Problem damit hat, dass man den Sound der Fünf so schon vor einer ganzen Dekade zu hören bekam, der wird seine Freude an dem vor Energie strotzenden Material haben. Daran, dass die zehn Tracks live massiv für Stimmung sorgen werden, herrscht jedenfalls kein Zweifel!

Wörtlich aus dem Englischen übersetzt hieße die passende Metapher zu "Music For Tourists" (BB Island/Absolutely Kosher/Cargo) wohl: "Sein Herz auf der Zunge tragen". Genau das ist es nämlich, was Chris Garneau auf äußerst spartanische Weise mit seinem Debütalbum fabriziert. Die minimalistischen Keyboards (manchmal taucht gar ein Wurlitzer auf) und seine warme Stimme, mehr braucht es nicht für eine gute handvoll persönlicher Geschichten - liebevoll ins Popsongformat verpackt. Welche, nicht zuletzt aufgrund der ähnlich Vocals, sehr an Grandaddy erinnern: Vor allem die wohltuende, unumwunden-direkte Art, mit der die 14 Stücke (darunter ein verstecktes Elliott Smith Cover - der Wink mit dem Zaunpfahl?) ins Ohr drängen, offenbart große Ähnlichkeiten in diese Richtung. Aber eben alles ein wenig reduzierter: Harmonium, Bass, Cello - sie alle sind zwar vertreten, machen sich jedoch nur sehr vorsichtig bemerkbar. Auch wirklich dramatische Momente wie in "Black & blue" bleiben die Ausnahme. Die meisten Stücke hier scheinen in ihrer charmanten, dezent-melancholischen Art nur angerissen zu sein. Und doch wird "Music For Tourists" zu einer runden Sache. Denn obwohl seine eigentliche Leidenschaft das Reisen sein soll: Wie man sich mit traditionellem Singer-Songwriter-Liedgut - in diesem Fall auf Basis eines Klaviers - Freunde macht, das hat Garneau längst verstanden.

Wenn eine junge Band schon in ihren Anfangsmonaten so in den Grundfesten erschüttert wird, wie Marla Turns Pale, trifft das sicherlich besonders hart: Nach ein paar Achtungserfolgen mit ihren Demos stieg dort nämlich die Sängerin und Frontfrau aus. Doch von einem derartigen Rückschlag ließen sich die vier hochmotivierten Herren im Hintergrund nicht unterkriegen. Für "Phantom's Task" (http://www.coffee-kisses.com/Eigenvertrieb), den ersten in Eigenregie veröffentlichten Tonträger, fand man in Karoline Fruhner eine passende Nachfolgerin. Deren gefestigte Stimme harmonisiert ausgezeichnet mit den Screamo-Parts von Gitarrist Matthias Verwohlt. Die neun Stücke suchen ihre Anknüpfungspunkte in Vorreiterbands wie Rainer Maria oder gar Ashes; das ganze Album kommt dem entsprechend sehr professionell daher: Eine gelungene Produktion, ausgefeiltes Songwriting - wäre das Artwork noch etwas liebevoller geraten... es wird nicht lange dauern, bis ein paar Indie-Labels ihr Interesse anmelden. So oder so wird der Underground-Status nur ein vorübergehender sein: Mara Turns Pale sind nämlich ein weiteres exzellentes Beispiel dafür, dass die Straßen von Münster offenbar das perfekte Pflaster für junge Post-, Emo- oder Hardcore-Bands darstellen. Anspieltipps: Das aus dem Rahmen fallende, von einer Trompete untermalte "Great ocean road" (... wohl nur zufällig auch ein Songtitel von The Gathering) sowie der druckvolle Titeltrack.

Erinnert sich noch jemand an Dear Diary? Jene deutsche Emorock-Band, die vor einigen Jahren ein sehr anständiges Debütalbum veröffentlichte, aber mit dem was folgte (zumindest meine Wenigkeit) nichtmehr wirklich packen konnte? Damit dürfte es aber kaum zu tun gehabt haben, dass sich die beiden Gitarristen (Dennis übernimmt außerdem noch die Vocals) ein weiteres Interessensgebiet suchten. Neustadt 21 (Roxta Records/Alive) entstand aus den Versuchen der zwei, Popsongs im teilweise synthetischen Gewand aufzunehmen. Und selbst wenn man an die im Platteninfo zitierten Orientierungshilfen von The Notwist bis hin zu den grandiosen One Inch Punch nicht heranreicht: Ihre selbstbetitelte, sympathisch unscheinbare Debüt-CD verfügt über einen durchaus reizvollen Charme. Die neun Songs lullen den Hörer ganz unbemerkt ein, was im Hintergrund gleichermaßen wie bei aufmerksamen Zuhören funktioniert. Im Falle von "Nuke me" beispielsweise verfällt man dem traumhaft schwebenden Indiepop binnen Sekunden. Ganz ähnlich "Lost security". In beiden Fällen könnte der dezente Elektronik-Anteil für meine Begriffe sogar gerne noch etwas ausgebaut werden. Unbeeindruckt davon halte ich persönlich Neustadt21 im Vergleich zu Dear Diary mittlerweile für das wesentlich interessantere Projekt. Zum einen, weil mich die Drei angenehm an fast vergessene ToxVox/Apoplex-Zeiten erinnern. Zum anderen, weil in diesem Material noch viel mehr Potential steckt. Was sich im Verlauf der halben Stunde immer wieder bemerkbar macht.

"Cocked And Loaded" wurde von nicht wenigen als eines der schillerndsten Industrialrock- bzw. Punk-Alben des letzten Jahres bezeichnet. Weshalb das reanimierte Projekt von Ministry's Al Jourgensen plötzlich wieder zurück in den Blickpunkt alternativer Musikmedien rückte (... auch wenn es bei uns seinerzeit nur 5 von 10 Punkten gab). Mit der Grammy-Nominierung Jourgensens und einem hochkarätigen Ministry-Album im Rücken kamen aber eben auch die Revolting Cocks nochmal zu überraschenden Ehren. Nun schiebt das hauseigene Label 13th Planet Records folgerichtig eine Remix-Scheibe hinterher, auf welcher es die bekannten Tracks in neuem, überarbeiteten Soundgewand zu hören gibt. Das klingt teils überraschend clubkompatibel, meistens aber nochmal deutlich zäher als in den Originalversionen. "Cocktail Mixxx" (13th Planet Records / Soulfood) bleibt somit ausschließlich für hartgesottene Fans interessant. Hand angelegt an die Tracks haben übrigens unter anderem Luc Van Acker, Clayton Worbeck und Phildo Owen. So oder so bleibt dies eine entbehrliche Ergänzung zu "Cocked And Loaded": Die verstörende und phasenweise sehr unterhaltsame Urgewalt der Originals wird zwar mit einigen neuen Facetten versehen, wirkt auf ganze Länge aber ziemlich ermüdend.

Wer den Titel dieses Albums seltsam findet, ist auf dem richtigen Weg: Denn "Rup On Zebra" (Zebra Traffic/Groove Attack) ist ein reichlich seltsames Album geworden. Dessen enorme Qualitäten sich nur denjenigen erschließen werden, die sich auf diese eigenwillige Produktion einlassen. Ganz grob haben wir es hier mit einer Abart des UK HipHop zu tun: Rup (sprich: "Roop") stammt aus dem südlichen Teil von London und sein Sound findet irgendwo im Grenzbereich von Rap, Elektronika und Ambient statt. Der spacige Flow von "Step" in Kombination mit den kruden Texten beispielsweise steht einem Track wie "Rampage" gegenüber; welcher aus nichts weiter als einem wirren Beatgerüst und Rups Raps (das nenne ich 'mal eine Alliteration!) besteht. Wirklich entscheiden wohin es gehen soll, will sich der Engländer aber nicht: Stolpernde Beats fusionieren mit den verschiedensten Klangteppichen - von südländisch bis hin zu Space Night-Atmosphäre geht hier scheinbar alles, teils mit beeindruckender Intensität. Der einzige Vorwurf, welcher man den 14 exzellent produzierten, abwechslungsreichen und vor allen Dingen ungewöhnlichen Tracks machen könnte, wäre die Unentschlossenheit, in welcher sie zwischen Club-Atmosphäre und tiefergehenden Ansätzen pendeln. Was man Rup umgekehrt aber gleichsam als Stärke auslegen darf. Und das ist erst der Anfang: Kollaborationen kündigen sich bereits für die kommenden Werke von Skillmega und den Dirty Diggers an. Wer wissen will, wohin die Liebe britischer HipHop-Produzenten in Richtung Elektronika führen kann, bekommt hier also einen visionären Vorgeschmack.

2007 könnte für alle Fans des gepflegten Doom-Rocks ein ganz großes Jahr werden. Wino Weinrichs The Hidden Hand haben gut vorgelegt, ein neuer Trouble-Release bahnt sich an und mit Beehover gibt es bereits einen ersten Kandidaten für den Titel "Newcomer des Jahres". Dabei handelt es sich bei letzteren doch "nur" um ein (wenn auch kongeniales) Projekt von Voodooshock's Peter Hamisch (Drums) bzw. deren Bassist Ingmar Petersen. Mit "Marie's Sister's Garden" (Exile On Mainstream Records/Soulfood) erscheint nun nur wenige Wochen nach dem Beehover-Einstand der Voodooshock-Zweitling. Darauf untermauert die Mannschaft um Ex-Naevus Uwe Gröbel (Gitarre und Gesang) nachdrücklich ihre Vormacht-Stellung in der heimischen Szene. Mit den elf tonnenschweren Songs hat man den eigenen Sound sogar derart überzeugend perfektioniert, dass auf weiter Flur kaum Konkurrenz in Sicht bleibt: Die an Ozzy Osbourne in seinen besten Tagen erinnernden Vocals passen grandios auf den zähfließenden Riffteppich, dessen Eindringlichkeit seines gleichen sucht ("Funeral farewell"). Soli lassen sich nur dann finden, wenn sie für die schleichende Dramaturgie unentbehrlich sind. "Marie's Sister's Garden" besticht dafür mit einer in diesem Genre selten gehörten Kurzweiligkeit und dank rockendem Material wie in "Truth" werden sich auch szenefremde Gestalten von der Anziehungskraft dieser Ausnahmeformation gefangen nehmen lassen. Die Gemeinde der Pentagram, The Obsessed oder Saint Vitus-Anhänger wird Voodooshock bald ähnlich kultig verehren wie die genannten Klassiker, soviel sei prognostiziert...

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Vor Kurzem in meinem Postfach

mit: Pete At The Starclub | Husky Rescue

Wohnste, aufgeteilt in Groß- und Klein Wohnste, ist eine kleine Gemeinde im hohen Norden Deutschlands, dort, wo noch platt gesprochen wird. 5 der 9 Mitglieder gehören im Gemeinderat der CDU an, der 803 Einwohnern vertritt, davon sind 25 arbeitslos. Das entspricht einem Anteil von 3,1%. In der sehr traditionell geprägten Gemeinde verdingt sich ein großer Teil der Menschen in der Landwirtschaft. Die Jugend kann sich in ihrer Freizeit im Männerturnverein sportlich betätigen oder der freiwilligen Feuerwehr beitreten. Fünf jungen Männern allerdings muss es ordentlich langweilig gewesen sein, als sie beschlossen, eine Band zu gründen. Damit brachen sie ein bisschen aus dem Alltag aus, machten aber bestimmt nicht nur den Bürgermeister sondern auch die restliche Verwandtschaft mächtig stolz. Die Band heißt Pete At The Starclub und hat nun in Eigenregie ihre erste CD veröffentlicht: „Clubbing“ heißt sie, klingt für Homerecording-Verhältnisse erstaunlich gut und beinhaltet fünf Stücke. Also mal ganz unverbindlich angehört, erster Eindruck: Indie-Rock-Pop, ganz nett, wenn ich auch ein Element der Eigenständigkeit, etwas Überraschendes vermisse. So laufen die Songs durch, ohne dass sich eine Melodie festsetzt oder länger währt als der Song selbst. Macht nichts, dachte ich, das kommt schon noch, mal sehen, ob die sich in eine interessante Richtung entwickeln oder doch im belanglosen Indiesumpf verschwinden – aber halt! Die Band existiert nun doch schon seit mehr als acht Jahren und behauptet von sich selbst, „die Suche nach dem eigenen Weg beendet“ zu haben. Also Jungs, wenn das heißt, dass vorliegende Songs den Höhepunkt eures bisherigen Schaffens darstellen, weiß ich nicht, ob ihr längerfristig jenseits von euren Homies eine ernsthafte Hörerschaft finden werdet. Ach ja, und obwohl mich der starke deutsche Akzent des Sängers nicht mal sehr stört, will die Pseudo-Weltverbesserungstexte mit christlichem Unterton doch hoffentlich niemand hören. Punktabzug, Baby.

Autor: Stefan Dorner


Mit ihrem zweiten Album "Ghost is not Real" (Catskills Records) nach dem erfolgreichen Debüt “Country Falls“ und dem darauf enthaltenen Hit „Summertime Cowboy“ aus dem Jahr 2004 legen die Finnen von Husky Rescue um Produzent Marko Nyberg und Sängerin Reeta-Korhola die Messlatte für fragilen Pop noch einmal ein gutes Stück höher. Gleich der Opener „My Home Ghost“ gibt die Richtung vor, man fühlt sich an die famosen Portishead oder auch an Air erinnert. Früher hätte man diese Verschmelzung von düsterem, märchenhaftem Pop mit Electronik-Anleihen wohl noch als „Triphop“ bezeichnet. „Diamonds in the Sky“ ist ein wunderschöner, einfach gestrickter Popsong, der seine Kraft durch die zauberhafte, glasklare Stimme der Sängerin und das einfache Schlagzeugspiel entfaltet. Bei „Nightless Night“ wird das Tempo etwas angezogen, bevor die Band bei „Blueberry Tree 1-3“ wieder mit großer Geste und ausschweifenden Song-Arrangements zu glänzen weiß. Obwohl man noch nie in Finnland gewesen ist, kann man die Weite des Landes und die Stille der Wälder fast körperlich spüren. Das ist ganz großes Kopfkino mit Gänsehautfaktor, was uns die Band aus Helsinki hier auf insgesamt zehn Songs präsentiert! Bei aller Begeisterung bleibt nun jedoch abzuwarten ob die Platte auch auf Dauer bestehen kann, da sich bei perfekt zelebrierter Pop-Musik bekanntlich schnell Abnutzungserscheinungen bekannt machen… im Moment jedoch bin ich frisch verliebt!

Autor: Tobias Bartelmann


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