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Muff Potter

Steady Fremdkörper

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Die Zeichen stehen auf Sieg. Muff Potter veröffentlichen ihr sechstes Album, das inklusive umfassender Medienbeachtung als ihr kompaktestes dasteht. „Steady Fremdkörper“ offenbart keine Schwächen, ohne dabei den Anspruch zu erheben glatt und perfekt zu sein. Eine Platte als Beweis dafür, dass Weiterentwicklung möglich ist, ohne dabei seinen Charakter zu opfern.
Die These, die im Folgenden nicht wissenschaftlich belegt werden soll, lautet: Die besten Bands schaffen es, dass sich die eigenen Fans nicht auf ein Lieblingsalbum einigen können. Damit einher geht oft die Beobachtung, dass die Fanzahl nicht explosionsartig, sondern kontinuierlich wächst. Es wird auch nach „Steady Fremdkörper“ Leute geben, die Muff Potters „Bordsteinkantengeschichten“ bevorzugen, wieder andere halten „Heute wird gewonnen, bitte“ die Treue und so mancher ist vielleicht erst bei „Von wegen“ so richtig auf den Geschmack gekommen. „Steady Fremdkörper“ könnte sie alle einen, denn das Album, das eigentlich „Brocken“ hätte heißen sollen, hat alles: Energie, Tempo, und Hirn. Nagel hat vielleicht seine bisher besten Texte geschrieben, die Band zusammen die stärksten Songs der Bandgeschichte und vereint wird das alles durch eine überragende Produktion, für die sich erneut Nikolai Potthoff verantwortlich zeichnet. Auf dem zweiten Album bei Universal sind Muff Potter an manchen Stellen noch eingängiger geworden, gleichzeitig bleiben sie rotzig wie in Anfangstagen und haben musikalisch noch mehr aus sich herausgeholt. So eine Mischung können nicht viele Bands auf einem Majorlabel veröffentlichen. Auch wenn das Wort „Hymne“ verpönt ist, Muff Potter haben elf davon geschrieben. „Ich bin doch kein Idiot“ könnte eine Midwestern-Emonummer sein, wenn Nagel nicht so wunderschön heißern krächzen würde. „Wunschkonzert“ beginnt mit einem astreinem Stonerriff, dass sich die Band vielleicht abgeschaut hat, als man im Vorprogramm von den Queens Of The Stone Age unterwegs war. Bei „Gestern an der Front“ offenbaren Nagel, Dennis, Brami und Shredder kurzzeitig eine Liebe für Sonic Youth-Lärm, bevor man in die schönste Harmonie aller Muff Potter-Alben übergeht. Überhaupt scheinen die vier Herren entdeckt zu haben, dass sie sich über die Jahre doch einige Fähigkeiten an den Instrumenten angeeignet haben. Immer wieder mal nimmt sich Nagel am Mikro zurück und lässt Freiraum, den die Band überraschend souverän nutzt. Dafür sind Nagels Texte bei „Das seh ich erst wenn ich’s glaube“ oder „Das halbvolle Glas des Kulturpessimismus“ umso präsenter. „Brocken“ wäre sicherlich auch ein passender Name für dieses Album gewesen, er hätte gut beschrieben, was man auf „Steady Fremdkörper“ zu hören kriegt: Druck ohne Ende, textliche Vielfalt, Deutschpunk, Pop, Emorock. Beruhigend, dass es im Universum von Muff Potter nach all den Jahren immer noch keinen Stillstand gibt.

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 43:26 / Emopunk

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