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Joe Strummer - The Future Is Unwritten

Regie: Julien Temple

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Glücklich können sich diejenigen schätzen, die Joe Strummer nicht nur zu Lebzeiten Live gesehen haben, sondern vor allem diejenigen, die ihn kennen lernen durften. Und sei es nur für den Bruchteil eines Augenblicks. Einen dieser Augenblicke zeigt die Szene aus Julien Temples Dokumentarfilm "The Future is Unwritten".

In einem englischen Küstenstädtchen, in dem Strummer nach fast einem Jahrzehnt erstmals wieder vollständig als Joe Strummer die Bühne betreten will, verteilt die Punk-Ikone kurzerhand vor dem Gig Flyer an der Promenade. Die meisten erkennen den schlaksigen, großen Mann mit inzwischen schütterem Haar gar nicht. Sie lehnen dankend ab. Strummer irritiert das nicht. Er freut so sehr aufs Musikmachen, dass er alles um sich herum vergisst. Er glüht vor Leidenschaft, durch die Kinoleinwand hindurch - mehr als fünf Jahre nach seinem Tod.
Julien Temple ist ein Veteran an der Doku-Kamera. Schon The Great Rock And Roll Swindle (1980), über die Sex Pistols, stammt von ihm. Ebenfalls eine Menge Musikvideos: Babyshambles, Blur, Paul McCartney, The Rolling Stones - der Mann kennt sich im Musikzirkus aus. Das ist auch wichtig, schließlich nähert man sich mit einer Doku über Joe Strummer dem wohl einflussreichsten Punkrock-Musiker der Welt. Und Julien Temple beweist kongenial, wie das gehen kann. "The Future is Unwritten" ist eine perfekte Dokumentation über einen leidenschaftlichen, brodelnden Musiker.

Temple zeichnet das Leben Strummers chronologisch nach. Bevor sich „The Clash“ 1976 in Newport gründen wächst der Diplomatensohn in einem geordneten, strengen Elternhaus auf. Er besucht Internate, rebelliert aber - jede Autorität ist ihm zuwider. Irgendwann bricht er aus und flieht nach London. Er ist erst Hippie, später dann Hausbesetzer. Und ganz später wird er Punk. Das sind die stärksten Szenen der Dokumentation: wenn Julien Temple rasend schnell zusammengeschnittene Szenen aufblitzen lässt, wenn sich "Animal Farm", Nachrichtenclips und persönliche Notizen Strummers im Sekundentakt abwechseln und man als Zuschauer einen Eindruck davon erhält, wie chaotisch und anarchisch die jungen Jahre Strummers gewesen sein müssen.

Danach wird es ruhiger. Temple fokussiert sich auf Strummer, zeichnet das politische Bewusstsein nach, den Drang nach persönlicher Entfaltung bei gleichzeitigem Gutmenschentum. Immer wieder erzählen Weggefährten - mal prominent, mal völlig unbekannt - am Lagerfeuer über den Menschen Strummer. Wie schwierig er war, aber auch wie hilfsbereits, wie aufgeschlossen und unbedingt politisch. Temple zeigt auch die harten Jahre, nach dem Ende von The Clash, als Strummer aus der Öffentlichkeit verschwindet, sich zurückzieht und eine lange Zeit nicht fähig ist, Musik zu machen. Bis er dann 1999 wieder mit den Mescaleros auf Tour geht, Alben einspielt und beweist, dass zu jeder Sekunde seines Lebens mit ihm zu rechnen war. Selbst jetzt noch, über fünf Jahre nach seinem Tod.

Ab 24. Mai in folgenden Städten und Kinos:
Berlin: Kulturbrauerei, FaF, Yorck, Moviemento, Central, Neue Kant Kinos
Potsdam: Thalia
Hamburg: 3001, Zeise
München: Atlantis, Neues Arena
Frankfurt/Main: Mal Sehn
Köln: Off – Broadway
Düsseldorf: Bambi
Bremen: Schauburg
Nürnberg: Filmhaus, Cinecitta
Dresden: Schauburg
Leipzig: Nato
Stuttgart: Atelier am Bollwerk
Karlsruhe: Schauburg
Hannover: Kinos am Raschplatz
Freiburg. Friedrichsbau
Marburg: Kammer
Erlangen: Manhattan
Heidelberg: Gloria
Mainz: City/Capitol
Tübingen: Arsenal
Darmstadt: Classic

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