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Jupiter Jones

Entweder geht diese scheußliche Tapete – oder ich.

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Am Anfang steht die Aussage "Und du gehst nicht über Leichen, denn du liegst längst mittendrin. Trotzdem fühlst du dich allein. Und das macht Sinn. Denn alleiner warst du nie." Und die Erkenntnis: Jupiter Jones machen genau da weiter, wo sie mit ihrem Debüt "Raum um Raum" aufgehört haben. Trotz hoher Erwartungshaltung. Alles richtig gemacht.
„Entweder geht diese scheußliche Tapete – oder ich." (File under: Oscar Wilde) ist genau die Platte geworden, die man sich als Fan des ersten Albums erhoffen konnte. Energie und Leidenschaft sind immer noch vorhanden. Die Texte zwischen anspruchsvoll und gefühlsduselig. Zwischen Gänsehaut und Breitwandpathos. Ein schmaler Grat, ein herzzerreißendes Spiel auf der Emo-Klaviatur, ohne auch nur in eine der zahlreichen Fallen zu treten. Man hört der Platte regelrecht an, dass die Band darauf brannte, sie endlich veröffentlichen zu können. Die Katastrophen im Privatleben spiegeln sich genauso darin wieder, wie die aussichtslose Lage im Streit mit Go Kart Records. So eine Platte schreibt man eben nicht, wenn es einem gut geht. Jupiter Jones ziehen sich selbst aus dem Sumpf. Bringen die CD auf dem bandeigenen Label Mathildas raus. Bei zwei Songs darf Ingo von den Donots mitgrölen. Was zunächst befremdlich klingt, passt am Ende perfekt ins Bild. Jupiter Jones haben nicht an Kanten verloren. Sie finden sich nur an anderen Stellen wieder. Ähnlich den Texten eines Marcus Wiebusch, fangen Jupiter Jones schon beim zweiten Album mit selbstreferentiellen Texten an. Wenn Nicky in „Luft malen, und Wunder erklären" singt: „Und dann dem eigenem Herz vergeben. Bei zuviel Bier aufs eigene Leben", ist keine Quellenangabe vonnöten. Mit „Oh hätt’ ich dich verloren" gibt es eine wundervolle Ballade. Ansonsten geht's lauter zur Sache. Die kleine, euphorische Band aus der Eifel ist erwachsen geworden. Selbst Vergleiche mit den befreundeten Muff Potter greifen meilenweit daneben. Jupiter Jones haben sich ihre eigene Schublade gezimmert. Auf dem Weg, die deutschen Jawbreaker zu werden. Dass sie stilsicher stets in die richtige Richtung stolpern. Das muss ihnen erst mal jemand nachmachen. Der letzte Song „Weitergehn (Für die Jungs, vom Balkon, auf die Straße")“ schließt versöhnlich ab. Ähnlich wie bei früheren Tomte-Sachen lautet das zentrale Thema Scheitern. Die Zeit danach. Das Wieder aufstehen. Das Weitermachen. Und wenn es am Ende immer wieder heißt: „Und immer muss es weitergehen, mein Freund!", die Trompeten einsetzen und die Platte in ihren letzten Zügen liegt. Dann wird erst klar, wie groß diese Band tatsächlich ist. Die CD endet auf ihrem Höhepunkt. Die Band hingegen macht weiter. Weil sie muss, gar keine andere Wahl hat. In geschriebener Form könnte manch einem all der Pathos („Wer zählt die Tränen, wenn du weinst, was macht das Licht wenn’s grad nicht scheint") wahrscheinlich sauer aufstoßen. Aus den Mündern von Jupiter Jones klingt es, als ob viel weniger der Sache gar nicht gerecht würde. Neue Lieblingsplatte? Aber hallo!

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 42:48 / Emopunk

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