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Frog Eyes

Tears Of The Valedictorian

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Eine Platte wie die Tower Bridge. Steiler Anstieg, steiler Abgang, eingerahmt von zwei überragenden Türmen und in der Mitte fällt das Niveau kaum ab. Dass die Tower Bridge in London steht und Frog Eyes aus Kanada (immerhin Mitglied im Commonwealth) stammen, tut diesem Vergleich keinen Abbruch.
Die beiden Songs, von denen hier als Türme die Rede ist, sind „Caravan Breakers (They Pray On The Weak And The Old)“ und „Bushels“, die zusammen die Hälfte der Spielzeit ausmachen. Der Eine schlingert von einem beinahe gewöhnlichem Song über einen ergreifenden Schrammelpart zu einer brüchigen Songskizze, der andere ist so eine Art melancholische Nahtanznummer mit emotionalem Ausbruch in der zweiten Hälfte. Man ahnt schon: Frog Eyes sind keine Freunde gewöhnlicher Songstrukturen. Frog Eyes sind generell keine Freunde ausgetretener musikalischer Pfade. Ihre Musik ist nervenaufreibend und andersartig. Als Kanadier in der Ästhetik durchaus Bands wie Arcade Fire oder Wolf Parade nahe, aber in der Wahl der Ausdrucksmöglichkeiten eher verbunden mit amerikanischen Weirdobands wie Animal Collective. Auffallend ist vor allem der unglaublich eigenständige Schlagzeugstil Melanie Campbells. Man hat den Eindruck, dass auf dieser Platte nur ungewöhnliche Rhythmen gespielt werden, was natürlich nicht stimmt, aber trotzdem eine sehr eigene Dynamik erzeugt. Phänomenal ist auch Spencer Krugs Keyboardspiel, hinter dem die Gitarre auch mal, falls erforderlich - wie in „Stockades“ zum Beispiel - zurückstecken muss. Den Stücken die Richtung gewiesen wird jedoch von einem ganz anderen Element: Nämlich von Carey Mercers markanter Stimme, die wie eine Mischung aus manischer Epileptiker und betrunkenem Win Butler klingt und den Hörer auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle mitnimmt. Das Gesamtbild zeigt dann eine Musik, die ungeübte Ohren möglicherweise als zusammenhanglosen Krach wahrnehmen könnten, in der aber viel Schönheit zu finden ist, wenn man erst mal durch ihren Panzer gedrungen ist..

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 36:10 / Experimental Indie

Autor: Steffen Kern





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