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MISC - August 2007 l #01

heute: Kopfnüsse, Bürokraten und Neues vom Singlemarkt

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diesmal mit:

37500 yens | The Mirimar Disaster | Reebosound | Jack Penate u.v.m.

Respekt. So ein gutes Debüt haut nicht jeder raus. 37500 yens sind ein Gitarre-Schlagzeug-Duo aus Reims (Frankreich) und haben sich ganz offensichtlich dem Math-Rock verschrieben. Schön vertrackt, aber nicht zu kopflastig und immer wieder richtig schön lärmend und rau nach vorne preschend. Die acht Songs auf „Astero“ (Distile Records) kommen dabei natürlich ohne Gesang aus, wie es sich gehört für eine Band, die alles mit ihren Instrumenten ausdrücken kann. Eine erfrischende Band, die gut zu Sinnbus Records passen würde und die aus spärlichen Mitteln viel macht. Wenn Jud und Frank jetzt noch ein bisschen vielschichtiger werden, steht einer spannenden Zukunft nichts mehr im Wege. (Sebastian Gloser)

Sheffields The Mirimar Disaster legen mit ihrem Debütalbum ein ordentliches Brett vor. Lange Songs, derber Noise, progressiver Metal. Dazwischen immer ruhige Momente, voller Atmosphäre, die wie Ruheoasen vor dem Sturm wirken. Der Gesang wird sich auf dem selbstbetitelten Album (Undergroove / Indigo) brav geteilt. Einer macht die Death-Metal-Stimme, der andere erinnert ein wenig an Alexisonfire-Schreihals George Pettit. Das beeindruckt im ersten Moment schon, hinterlässt aber selbst nach mehrmaligen Hören keinen bleibenden Eindruck. Interessant, aber leider nicht so fesselnd, wie es sich die Band sicher gewünscht hätte. Notizen am Rande. Ein Song heißt wohl in Anlehnung an den einstigen Football-Trainer John Madden "The Ballad of John Madden" und aufgenommen wurde das ganze bei Alan Smythe im heimatlichen Sheffield. Hat aber nichts mit dem ähnlich klingenden Regisseurs-Pseudonym zu tun. Wäre ja noch schöner. (Sebastian Zapf)

Alles nicht so einfach, wenn man in Deutschland Musik verschenken will. Das hat jetzt auch Missu, der kreative Kopf hinter Reebosound festgestellt. Da hatte er den Fans sein selbstbetiteltes Album einfach als gratis Download auf der Homepage angeboten und dennoch war man damit im Bürokratenstaat Nummer 1 nicht zufrieden. Lizenzgebühren wollte die GEMA hierfür erheben. Warum, versteht kein Mensch. Muss uns auch nicht interessieren. Hat man sich nämlich entweder eh schon runtergeladen oder man bleibt aufmerksam, dann wird man sicherlich die meisten Songs auch weiterhin für lau auftreiben können. Für alle, die darauf keinen Bock haben oder sich die schöne Musik eh lieber für den Plattenspieler holen, können jetzt zuschlagen, denn „Reebosound“ erscheint jetzt über Two Records und Broken Silence als Vinyl und CD. Weil der Macher damit aber anscheinend nicht ganz glücklich ist, dass man für seine Musik jetzt zahlen soll, hat der Fuchs sich was Neues einfallen lassen. Denn mit dem Release des Albums kommt ein Livealbum einher, dass es wieder - wer hätte es gedacht - gratis als Download gibt. Für so viel Aufopferung, sollte der Typ eigentlich mal belohnt werden. Und richtig dufte ist die Musik ja schließlich auch noch. (Sebastian Gloser)

Warum nur arbeitet sich Ralf Bothe auf seinem ersten Demo an Dingen ab, denen man sonst kaum Beachtung schenken würde? Leichten Zielen, wie Jeannette Biedermann, den verlogenen Politikern und verhasster "Geiz ist Geil"-Mentalität. Dabei verwurstet Bothe, eigentlich Sänger der Gitarrenpopband "In June", von Werbesprech bis Reinhard Mey so ziemlich alles, was ihm in den Sinn kommt. Schon der Infozettel macht deutlich: Hier will jemand über den Dingen stehen, gewitzt und clever sein. Das ist eine Gratwanderung, die er auf "Nein Nein" (Eigenvertrieb) nicht immer hinkriegt. Wäre es nicht so herrlich Lo-Fi produziert, und mit ein paar hübschen Melodien ausgestattet, die Texte-Polizei hätte längst Alarm geschlagen. Die sind wiederum gar nicht sooo schlecht. Aber die Konkurrenz legt die Latte nunmal hoch. Ich bin mir sicher, Ralf Bothe hätte ein "Am gelben Sack lesen wir ab, wie es uns ergangen ist" gut gestanden. Kriegt er aber nicht hin. So bleibt solider Akustikgitarrenpop mit Luft nach oben. Immer irgendwie quatschig. Erinnert mehr an die "Olli Schulz"-Sachen, die ein wenig übers Ziel hinaus schossen. Am besten mal reinhören. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Ohrwürmer schreiben kann er auf jeden Fall ... (Sebastian Zapf)

Und zu guter Letzt: Neues vom Singlemarkt. Mal mehr, mal weniger physisch. Soll heißen: Von den im Folgenden vorgestellten Singles, kann man lediglich die von Jack Penate auch im Laden kaufen, die anderen Songs hört man vielleicht auf ausgewählten Radiosendern oder wünscht sie sich beim DJ seines Vertrauens. Jack Penate ist gerade der upcoming Star in Großbritannien und bringt im September sein Debütalbum auf den Markt. Nach der EP „Spit At Stars“, erscheint nun die Single „Torn On The Plattform“ (XL Recordings / Beggars Group / Indigo), die in den UK bereits Top 5 gegangen ist und ein formidabler Ohrwurm ist. Auch die B-Seite „On The Road“ kann sich sehen lassen, ein dickes Fragezeichen hinterlässt seine Musik aber immer noch. Pop? Singer/Songwriter? Punk? Reggae? Nicht das es da eine Einordnung bräuchte, aber so ein bisschen planlos wirkt der junge Herr deswegen halt auch. Vielleicht kann das Album Unklarheiten beseitigen. Verzaubert sind wir währendessen bereits wieder von zwei kanadischen Bands. Malajube beweisen uns mit „Montréal –40°C“ (City Slang) ein weiteres Mal ihren Ideenreichtum und The Weakerthans, die im September ihr langerwartetes viertes Album veröffentlichen werden, verzücken bis dahin die Fanschar schon mal mit „Night Windows“ (Burningheart Records). Wann die Single erscheint ist aktuell nicht bekannt. Bekannt dagegen ist, dass Volbeat mit „Radio Girl“ (Mascot Records) eindrucksvoll seinen Ruf als Metal-Elvis verteidigt und sich zielsicher zum nächsten Oberproleten macht. Dass man mit solcher Musik trotzdem den Titel „Album des Monats“ in Rock Hard und Metal Hammer holen kann, zeigt das ganze Ausmaß dieser Miesere. (Sebastian Gloser)


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