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Karamel

Schafft Eisland

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Zum zweiten Mal fällt mir ein Album von Karamel, der kleinen Hamburger Popband, in die Hand. Und wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass sich bei mir die Freude doch auch ein wenig mit Besorgnis mischt.
Schließlich dauerte es vor zwei Jahren eine ganze Weile, bis ich hinter den Schrägheiten des Debüts die wunderbaren Songs entdeckte. Denn obgleich Johann Scheerers' anrührende Geschichten in gefühlvoll arrangierte Harmonien gehüllt wurden - etwas schief klang "Komm Besser Ins Haus" schon. Teils gewollt, sicher. Teils jedoch auch unfreiwillig. Letzteres verschwindet mit "Schafft Eisland" auf sonderbare Weise. Die Musik von Karamel scheint geradezu unmäßig gereift. Sie nimmt dich in den Arm. Läd dich ein, die Melancholie ihrer Stücke zu teilen. Stößt dich aber auch zur Seite, wenn Karamel alleine sein will - oder verzweifelt ist. Offenbar kein seltener Gemütszustand von Scheerer, der vormals eher ein Poet denn ein Sänger war. Heute verbindet er mit seiner kleinen Band beide Rollen perfekt. In seiner unterkühlten, melancholischen Schönheit zieht nämlich schon das eröffnende "Vergiß den Staub, Julia" in den Bann. Bemerkenswert vor allem die Offenheit bzw. das Herzblut, welches über das ganze Album hin vergossen wird. Während dessen sich der Protagonist nicht nur in „Sag mal, Johann…“ persönlich angesprochen äußert. Zwar trifft seine Stimme noch immer nicht jeden Ton auf den Punkt. Bei so viel ehrlicher Emotion jedoch wandelt sich dieses objektive Manko zu einem Plus. Famose Stücke wie "Gleichgewicht" beispielsweise atmen durch die gebrochenen Vocals oder gezielt eingesetzte, eruptive Gitarren eine ganz besondere Intensität. Klar, „Brand“ könnte auch von Kettcar stammen - und die Herkunft von Karamel dürfte für mache schon aus der einfachen Formel „Indiepop plus deutsche Texte“ resultieren. Das hier ist trotzdem mehr. Viel mehr, sogar. So ein bisschen habe ich das Gefühl, als ob „Schafft Eisland“ für 2007 das gelingen könnte, was Janka im letzten Jahr mit mir angerichtet haben: Nämlich eines dieser Alben zu kreieren, bei deren Hören man für immer ein bestimmtes Gefühl, eine bestimmte Zeit assoziieren wird. So etwas kann man schwer voraussagen, natürlich. Doch ein wichtiges Indiz dafür, soweit kann ich mich mittlerweile einschätzen, ist die Tatsache, dass mich die Musik von Karamel neuerdings immer wieder in besonderen Stimmungen begleitet. Ein besonderes Album eben.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 41:03 / Indie

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