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Devastations

Yes, U

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Gerade mal ein Jahr ist es her, als die Devastations mit dem fantastischen Album „Coal“ um die Ecke bogen. Gemeinsam mit der Band tauchte man ein in eine Welt aus düsteren Indiepopsongs, die durch tiefen Gesang und theatralischen Gesten ein Gefühl der leichten Depression erzeugten, wobei nie klar war, ob man selbige gerade hinter sich gelassen hatte oder erst kurz davor stand. Das Gefühl ist geblieben, musikalisch sind Devastations mit „Yes, U“ aber schon wieder ein Stück weiter.
Bereits das Artwork dieser Platte sagt einiges aus: Alles ist in schlichten Grau- und Gelbtönen gehalten. Reduziert, fast abweisend und trotzdem wärmend. Auf dem Cover drei leicht bärtige Typen der Marke Bad Boy und statt ihrem Bandnamen könnte auch einfach nur „Wanted“ samt Kopfgeldsumme daneben stehen. Das australische Trio hat seine Heimat entgültig hinter sich gelassen, ist wohnhaft in Berlin, teilweise auch London und lotet nun aus, was da so geht und vielleicht auch nicht geht in den europäischen Metropolen. Den Popsong und dessen bunte Ausgestaltung hat man auch gleich down under vergessen, denn „Yes, U“ ist ein echtes Album-Album. Klingt im ersten Moment wieder nach pseudojournalistischem Gewäsch, macht aber Sinn. War „Coal“ noch mehr Ansammlung guter Songs - darunter so überragende wie „The Night I Coudn’t Stop Crying“ oder „Dance With Me“ - regiert auf dem neuen, mit Jeremy Glover in Berlin aufgenommenen, Werk die Fläche und die Weite. Bereits die Spielzeiten der einzelnen Stücke deuten es an: Hier geht es um Entwicklung, nicht mehr um Strophe/Refrain-Schemen. Fünfminüter sind keine Ausnahmen, sondern die Regel. Man hört der Platte an, dass die Band weiß, was sie will. So klingt kein Debütalbum. Gemixt hat Chris Coady (TV On The Radio, Blonde Redhead) und der Sound klingt wahrscheinlich auch deshalb nicht nur, wie aus einem Guss, er dominiert die Stimmung von allen zehn Nummern, die zusammen „Yes, U“ bilden. Kein einziger ist verzichtbar. Wer hier versucht Anspieltipps herauszufiltern, hat nichts verstanden. Logisch, dass diese Veränderung dem Song schadet, das Album stärkt und dadurch vielleicht zunächst etwas schwierig, verstörend, vielleicht sogar auch langweilig wirkt, aber hat man erst einmal den Charakter des Gesamtkunstwerks erschlossen, kommt man nicht mehr zurück. Der Bass rollt und grollt vor sich hin und bildet mit dem rohen Schlagzeugspiel von Hugo Cran das Grundgerüst für all die Ideen, die „Yes, U“ zu bieten hat und erst nach und nach offenbart. Der Gitarreneinsatz ist fast spärlich, aber treffsicher. Dazu gesellen sich mit Nigel Yang und Andrea Lee zwei ausgezeichnete Gastmusiker, die mit Piano, Violine und großzügigem Synthesizereinsatz das Album vielschichtig machen. Über all dem schwirren die Stimmen der beiden Hauptsongwriter Conrad Standish und Tom Carlyon, die all die Tiefe transportieren, die in „Yes, U“ steckt. Das alles ist nicht leicht zu schlucken, doch der dazugehörige Kloß im Hals fühlt sich irgendwie gut an.

Bewertung: 8 von 10 Sternen / Spielzeit: 50:35 / Indie

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