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Richard Swift | Two Gallants

Dressed Up... | dto.

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Das Indie-Vorzeigelabel Saddle Creek Stagnation auf höchstem Niveau zu unterstellen, wäre frech und auch ein bischen wahr. Aber so schön stagniert wie mit diesen beiden Alben hat noch kein Label - Feuer frei für eine neue Runde absonderlicher, mittelamerikanischer Volksmusik.

Die Riege der verschrobenen, 60s beeinflussten Neuzeit-Folker ist lang und an allen Enden ausgefranst. Hier ein Adam Green, da ein Devendra Banhart - und in der Mitte sitzt Conor Oberst und wacht über sie alle mit einem milden Lächeln. Ganz so einfach, macht es einem die moderne Akustikgitarrenmusik dann doch nicht. Denn Green macht seit längerem schon Swing und Banhart einen auf dicke Orchesterhose. Und selbst Oberst bandelt eher mit traditionellem, erdigem Country an. Zeit, dass da einer dazwischen funkt. Allerdings, so richtig eignet sich auch Richard Swift nicht dazu. Dessen "Dressed Up For The Letdown" ist nämlich eigentlich viel zu beschwipst fröhlich, um so einfach in die Folkecke gedrückt zu werden. Außerdem hat der Gute schon zwei Alben und eine Menge EPs auf dem Buckel. Swift eignet sich wohl eher zum Rolemodel des unhippen Alder Statesman mit genialer Backing Band, der sich hinter einer Wall of Hall und vielen kleines Instrumenten eine ganz eigene Welt aufgebaut hat, aus der ihn so schnell keiner mehr herausholt - zu hören ganz wunderbar in "Songs Of National Freedom". Da klingt nämlich selbst das Schlagzeug wie ein uraltes Abbey Road Requisit. Ganz wunderbar gelingt das auch in "The Million Dollar Baby". Burt Bacharach und Paul McCartney gehen da alkoholgeschwängert durch die verhutzelte Kleinstadt und feiern den brüchigen, vagen Moment. Einige schöne Abende sind mit diesem Album garantiert.

Two Gallants und Saddle Creek - eine bessere Kombination kann man sich in der Musikwelt eigentlich kaum vorstellen. Und so ist auch die zweite Zusammenarbeit von innovativer Blues- und Folkmusik gesegnet. "The Deader" ist ein schmutzige kleine Wohltat, die sich am falschen Ende der Folkmusik reibt und am richtigen Anfang des Punk sauer aufstößt. Aber man merkt auch hier schon, dass die Tage gezählt sind, an denen Two Gallants richtiggehend gewaltätig mit ihren musikalischen Wurzeln umgingen. Schon bei "The Hand That held Me Down" spürt man den dicken Trauerkloß - und nicht den Fuß auf dem Gaspedal. Alles hat eine wuchtige Opulenz, selbst in seinen ganz traurigen, kleinen, leisen Augenblicken. Bei "Trembling Of The Rose" etwa, wo sich Adam Stephens kratzbürstige Stimme in einen altersweisen Dylan verwandelt. Überhaupt, diese Altersmilde, die Two Gallants plötzlich befallen zu haben scheint. "I dont want to see you fall / I just want to see you fail", ganz so, als ob man selbst das lange Tal der Künstlerwerdung schon längst durchschritten habe. Dabei sind die beiden Californier gerademal Anfang Zwanzig. Zu früh also, hier schon vom Abgesang zu sprechen. Noch befindet sich die Band am Anfang eines langen Werdegangs. Neben "What The Toll Tells" wird "Two Gallants" einen geringeren Stellenwert einnehmen. Warum? Ganz einfach weil das nächste Album unter Garantie das größenwahnsinnige Delta Blues Werk werden wird, was man von dieser Band erwartet. Ruhig Blut also - und solange mit "Two Gallants" um die Wette kratzbürsten.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 40:01 / Folk/60s Pop
Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 40:01 / Folk

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