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Radiohead

In Rainbows

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Mit ihrem siebten Album „In Rainbows“ haben Radiohead in Sachen Vertrieb die Musikwelt neu erfunden. Diesen Satz kann man einfach mal so in den Raum stellen. Denn zumindest hat es bisher keine Band dieser Größenordnung gewagt ein neues Album in so einer Form zu vermarkten. Nach dem Vertragsende mit EMI stand fest, dass Radiohead keinesfalls eine weitere Zusammenarbeit mit einem Majorlabel eingehen wollten.
Lange Zeit war aber unklar, wie es weitergehen würde mit Thom Yorke & Co. Ein eigenes Label gründen? Einem sympathischen Indie den Zuschlag geben? Radiohead haben keinen dieser Wege gewählt und machen die Stationen in der vertriebstechnischen Nahrungskette zwischen Band und Hörer obsolete. Seit dieser Woche kann man ihr Album auf einer dafür eigens eingerichteten Seite herunterladen. Soweit gar nicht so ungewöhnlich in Zeiten von verschiedensten kostenpflichtigen Downloadportalen. Doch Radiohead wissen, wie es um die Downloadsituation bestellt ist: Einer zahlt, Tausende ziehen es sich kostenlos. Deshalb überlassen sie es dem potentiellen Fan wie viel er dafür bezahlen möchte und wie viel ihm die Band wert ist. Für all diejenigen, die bei Radiohead schon immer mehr als nur äußerst anspruchsvolle Musik im Kopf hatten und die Briten auch für ihre fantastischen Artworks geliebt haben, gibt es ab Dezember eine High-End-Version mit Doppel-Vinyl, CD, Download und aufwändiger Verpackung. Das kostet dann aber immerhin stolze 60 Euro. Weil ein Radiohead-Album ohne Verpackung eigentlich kein vollwertiges ist, soll eine genaue Betrachtung von „In Rainbows“ erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Für den Moment eine kleine Stimmensammlung aus der Redaktion:

Radiohead machen eigentlich genau das, was man von ihnen erwartet hat: sie widersetzen sich. Warum sie dafür allerdings erst eine Major-Erfahrung brauchten, bleibt ihr Geheimnis. Fest steht, dass "In Rainbows" zumindest in Punkto Vertriebswege eine neue Richtung eingeschlagen hat. Ob es der richtige ist, wird die Zukunft zeigen. Ein bisschen raubt das ganze Brimborium um den Vertrieb den Blick auf das Ganze - im Wesentlichen auf die Musik. Und die ist wie immer großartig. Radiohead erfinden sich weder neu, noch stagnieren sie. Sie machen eher ein Album, das ihre Songwritingfähigkeiten nach außen kehrt und für den Hörer erfahrbar macht. "In Rainbows" ist kein Kid A, es ist nichtmal ein "Hail To The Thief" Konsensalbum geworden. Vielmehr zeigt es auf den ersten Blick eine verlorengeglaubte Eigenschaft: Humor. Davon zeugen nicht nur der beschwingte Opener "15 Step", sondern auch und vor allem "Bodysnatchers", das tatsächlich Stonerrock sein will. Das alles muss noch wachsen, was am Ende dabei entsteht, lässt sich nur erahnen. Für mich zumindest könnte das heißen: bestes Radiohead Album ever! (Robert Heldner)

Der erste Durchgang von „In Rainbows“: eine glatte Enttäuschung. Warum? Weil einem irgendwie der ganze normale Wahnsinn aus dem Radiohead-Kosmos abgeht. Und weil man natürlich immer noch auf ein zweites „OK Computer“ + Elektronik hofft. Nimmt man sich dann aber die Zeit für das Album, erkennt man mit jedem Durchgang das die Platte ein echter Meilenstein werden könnte. Zumindest gestalten sich die wunderbar filigranen Songs deutlich spannender, als noch auf der Quasi-Best Of „Hail To The Thief“. Und wer ein solch gutes Album scheinbar im Vorbeigehen vergessen macht, steckt 99,9% aller anderen Popbands sowieso in die Tasche. (Sebastian Gloser)

"In Rainbows" ist ein sehr ruhiges, für Radiohead-Verhältnisse beinahe minimalistisches Album geworden und es ist auffällig wie wenig elektronische Elemente die Lieder diesmal schmücken. Das ändert aber nichts an der Klasse der Songs - zu nennen wäre z.B. "All I need" mit seinem mächtigen Bass-Riff oder das wunderschöne, vom Piano getragene "Videotape". Ob sich das Album aber in die Gesellschaft vergangener Klassiker der Band begeben darf, wird sich wie bei Radiohead üblich erst nach Wochen, wenn nicht Monaten zeigen. (Dominik Waßerloos)

Wer will, kann Radioheads neues Album „In Rainbows“ seit dieser Woche unentgeltlich herunterladen. Und was macht man, wenn man etwas geschenkt bekommt? Die Antwort kennt das kleinste Kind. Man sagt danke, im Fall Radioheads zehnfach, für jeden einzelnen Song von „In Rainbows“: Danke das kurz eingeschriene „Hey“ eines Kindes in „15 Step“, für das Monster-Riff von „Bodysnatchers“, für die kurze, absolute Stille in „Nude“, für das Einzählen per Drumsticks in „Weird Fishes / Arpeggi“, für das Sigur Ròs'sche Ende von „All I Need“, für das Kammerorchester in „Faust Arp“, für die großartige Falsett-Stimme von Thom Yorke in „Reckoner“, für das doppelt gehauchte „Denial“ (dt. Verweigerung) in „House Of Cards“, für das Summ-Motiv am Anfang und Ende von „Jigsaw Falling Into Place“ und für den vertracktesten Rhythmus seit „Pyramide Song“, den das abschließende „Videotape“ so großartig macht. Danke, danke, danke. Weil man solch ein großzügiges Geschenk aber eigentlich gar nicht annehmen kann, sollte man diese zehn mächtigen Songs zurückgeben bzw. von seiner Festplatte löschen, sobald es „In Rainbows“ zu kaufen gibt. Kleine Geschenke, das haben Radiohead vorgemacht, erhalten schließlich die Freundschaft. (Christoph Dorner)

-- / Spielzeit: 42:58 / Pop

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