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MISC - Oktober 2007 l #03

diesmal: Klein- und Sonderformate

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mit: I Might Be Wrong | The Dance Inc. | Eve Massacre | Spandau | At The Farewell Party | The Winchester Club

Sollten SDNMT für ihre kommende Herbsttour noch eine adäquate Supportband suchen, sie würden bei eigenen Label fündig werden: I Might Be Wrong heißt die vielseitige Postrockband, die sich gerne an Indietronic und Elektropop labt. Ende November erscheint ihr Album „It Tends To Flow From High To Low“ und bereits am 12. Oktober erscheint die Single „Cold Comfort“ (Sinnbus / Alive). Darauf enthalten ist neben dem wunderschönen Titelstück - und zwei Remixen des selbigen - noch das schwer elektronische „This Way, Better“ und das Stück „Repeat Rewind“, welches auch gut aus Weilheim stammen könnte. Erinnert musikalisch ein wenig an The Notwist, tendiert durch den weiblichen Gesang aber eher zu Ms. John Soda. Wer noch weitere große Referenzen braucht: Tied & Tickled Trio minus Jazz oder wie eine abgespeckte Version von Broken Social Scene minus Feedbackeskapaden. Richtig gut also. Die Vorfreude aufs Album ist ganz schön groß.

„Legs And Arms“ (Audiolith Records) heißt die immer noch aktuelle und schwer hitverdächtige Platte von The Dance Inc.. Darauf enthalten unter anderem spitzenmäßige Songs wie „Don’t Run To The Suburbs“, „Looking Like That“ oder „The Boy Who“. Letzteres erscheint Anfang November als Download-Single via Finetunes und bietet neben dem Albumtrack noch drei Remixe, sowie die B-Seite „Killer“. Der „FUKKK OFFF RMX“ von „The Boy Who“ geht verdammt gut rein und schein prädestiniert zu sein für die gut beleuchtete Tanzfläche. Der „Codename Guard Rmx“ ist ravelastiger und nicht minder bewegungsfördernd. Der „Freakatronic Rmx“ wiederum ist etwas verspielter, poppiger und näher am Original orientiert. Hört sich gut an, genau wie das ganze Album.

Wer sich regelmäßig auf Nürnbergs geschmacksicheren Tanzflächen bewegt, wird nicht um DJane Eve Massacre herumkommen und hat garantiert schon mal Beine und Arme kreisen lassen, während sie hinter den Plattentellern stand. Natürlich weiß man das schon längst über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus, weshalb es bereits zahlreiche Auftritte inner- und außerhalb Deutschlands gab. Nach dem Debüt „Gestures Of Indifference“ von 2004 erscheint nun „Sexualize This!“ (Black Whole Disks), eine Mini-Doppel-CD, der man die Liebe zur Musik und zum Idealismus sofort ansieht. Mit viel Mühe verpackt in einem ehemals leblosen Stück Karton. Es überzeugen allerdings nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren Werte: Auf CD1 befinden sich fünf Eigenkompositionen, die einen alle problemlos überzeugen können, selbst wenn man nicht so viel Ahnung von elektronischer Musik hat. Fordernd, tanzbar und vielseitig, aber nie überladen und anstrengend. „Down With You Syndrome“ kann alles, „Fascistosoulmagic“ ist perfekt für den Club geeignet und „Lost Spoilers“ funktioniert auch wunderbar in der heimischen Anlage. CD2 eignet sich dafür weniger, ist aber nicht minder spannend. Hier gibt es Remixe von befreundeten DJs zu entdecken, wobei vor allem der Ckid Pillowdiver Mix von „The Last Aspirin“ richtig angenehm ausgefallen ist. Mehr davon!

Spandau. Das klingt nach Berlin. Stimmt aber nicht, denn die Herren sind in Hamburg beheimatet und wer sich die EP „Was es bedeutet & was es heißt“ zur Gemüte führt, hätte da auch drauf kommen können. Smells like Post-Hamburger Schule, aber nicht nur, denn da schimmern auch immer wieder schön schrammelige Emopunk-Gitarren durch. Ein wenig vergleichbar mit Herrenmagazin, mit denen man sich auch schon mal Personal geteilt hat. Nur ein bisschen weniger hitlastig, sieht man mal vom Titelsong der EP ab. Ansonsten gibt es feine Gitarrenkost mit betrübten Texten, die sowohl an der Elbe, wie anderswo funktionieren können. Freunde von Schrottgrenze, den Boxhamsters und Konsorten dürften sich hier wohl fühlen. Aus dem Nichts kommen Spandau dabei keinesfalls, schließlich sind sie schon ein paar Jährchen unterwegs, was man dem Songwriting auch anhört. Aufs Ganze wollen sie aber bisher anscheinend noch nicht gehen, vielleicht fehlt noch ein bisschen das letzte Stückchen Mut. Zutrauen würde man es ihnen auf jeden Fall, dass sie etwas reißen können in Indiehausen.

Gäbe es Modells für musikalische Genres, der Trend ginge auch in diesem Jahr Richtung Metalcore. Mit extravagant bunten Tätowierungen, garantiert hinterhältigen Riffs und gemeingefährlichen Schreihälsen am Mikrofon. Und At The Farewell Party schneiden mit ihrer Debüt-EP „The Mechanism Of Bad Taste“ (Ampire Records) gar nicht mal so schlecht ab. Klischees gibt es natürlich auch hier an jeder Ecke. Das tiefe Hardcore-Gegrunze ist so überraschungsarm, wie auf der Gegenseite die hohe mit Schmerz beladene Emocore-Stimme. Zum Glück machen das die fünf Jungspunde aus Frankfurt am Main aber durch Brachialität wieder wett und stehen damit besser da, als so mancher alter Fuchs der erwähnten Genres. Das ist stellenweise tatsächlich mitreißend und auf seine Art ohrwurmtauglich. Das Rad werden sie damit trotzdem nicht neu erfinden, aber das wollen sie wahrscheinlich auch nicht und warum sollten sie auch. Vielleicht kommt das ja noch mit der Zeit, für den Moment sind Stücke wie „If Looks Could Kill“, „St. Ettienne“ und der Titelsong doch schon eine beachtliche Leistung.

Ein schlichtes Stück weißer Karton. Darauf gedruckt der Bandname: The Winchester Club. Und der Albumtitel „Britannia Triumphant“. Dazwischen ein altes Segelschiff. Ein massiver Dreimaster. Ein perfektes Symbol für die neue Veröffentlichung des britischen Postrock-Quintetts, denn auf „Britannia Triumphant“ befinden sich lediglich drei Stücke. Die haben es aber in sich. Über 30 Minuten werden da Klangflächen ausgebreitet und in epischer Breite Gitarrenwände auf- und wieder abgebaut, dass Mogwai ihre Freude daran hätten. Nur, dass die Schotten inzwischen eben auch perfekte Dreiminüter schreiben, in denen meist mehr passiert als bei The Winchester Club in zwölf Minuten. Spannend geht anders und trotzdem ist das schön anzuhören.

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