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Kent l Tarnation Street

Tillbaka Till Samtiden l High Hopes

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Zwei Pop-Phänomene aus Schweden, welche bisher der skandinavischen Heimat vorbehalten waren. Die einen, weil sie (beinahe) nur in Landessprache singen. Die anderen, weil sie in ihrer kurzen Historie bislang noch keinen Schritt gen Süden machen konnten. Aber lohnt es sich, hierzulande ein weiteres mal den Qualitäten der "Musik-Export-Nation Nummer Eins" zu vertrauen?

Kent dürfte das egal sein. Sie haben sich mit einer ganzen Reihe an Alben ohne großen Widerspruch zur bekanntesten schwedischen Rock-Formation mausern können. Das merkt auch der aufmerksame Skandinavien-Tourist: Kein Plattenladen ohne umfassendes Kent-Archiv. Kein Jahr ohne Top-Ten-Platzierung und Radio-Airplay. Zwischenzeitlich machte sich sogar eine Diskussion breit, welche um das Outfit der Formation und ihrer Fans auf Live-Konzerten rankte: Dank uniformiertem Einheits-Look wurden vorschnell Parallelen in Richtung Nationalsozialismus gezogen. Was man angesichts des inhaltlich wie musikalisch völlig harmlosen Indie-Pops bedenkenlos ad acta legen konnte. Der neue Longplayer "Tillbaka Till Samtiden" wird nun jedenfalls auch bei uns regulär veröffentlicht. Offenbar zogen Kent die Konsequenz aus dem gescheiterten Versuch der Vergangenheit, einige Alben auch englischsprachig einzusingen. Leider klingen die elf Songs jedoch lange nicht so überwältigend wie die Bandklassiker "Hagnesta Hill" bzw. dessen Vorgänger "Isola". So stört man sich beispielsweise an den Elektropop-Versatzstücken, welche zunehmend die Gitarren im Kent-Kosmos ablösen. Vielleicht die logische Konsequenz aus dem Rücktritt von Gitarrist Harri Mänty? Am Ende bleibt so jedenfalls nur ein ziemlich weichgespültes, modernes Pop-Album. Dessen musikalische Substanz erstmals etwas enttäuscht.

Tarnation Street haben da einen ungleich leichteren Stand: Ohne wirkliche Vergangenheit kann man sich als Rezensent unvoreingenommen auf die 13 Tracks einlassen. Stört sich jedoch schon im Opener „Outside“ an den affektiert leidenden Vocals von Sänger Thomas Wächtler: Da vergeht keine Textzeile, ohne dass seine Stimme bricht. Und leider ändert sich diese Tatsache über den ganzen Albumverlauf von „High Hopes“ nicht. Dabei klingen die klassisch rockenden Kompositionen in der Tradition von Midnight Choir oder Sixteen Horsepower durchaus bemüht. Doch eben diese Bemühtheit bleibt es auch, welche dazu führt, dass man Tarnation Street vor allen Dingen eines attestieren kann: Ein glückliches Händchen für stilvolles Songwriting. Legt man in Zukunft bei der Umsetzung nun etwas mehr Vertrauen zur Aussagekraft der eigenen Musik an den Tag: Hier könnte Großes entstehen. Denn wer Stücke wie „She Shines“ schreibt, braucht sich nicht hinter einer Kulisse aus Tränen zu verstecken…

Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 59:31 / Pop
Bewertung: 6 von 10 Sternen / Spielzeit: 45:55 / Pop

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