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Karate

595 (live)

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Für den einen zelebrierten sie die gepflegte Langeweile, für den anderen waren sie der Inbegriff einer innovativen, wandlungsfähigen Indieband. Ich persönlich zähle mich im Falle Karate fraglos zu letzterer Fraktion.
Denn in den zwölf Jahren ihres Bestehens dachte das amerikanische Trio nicht an Stillstand. Erinnerte sein Sound phasenweise noch ein wenig an eine dezente Version meiner Progpop-Lieblinge 31 Knots, zeigte sich die Band im weiteren Verlauf ihrer Karriere zunehmend von der ruhigen Seite. Mal countryesk, mal jazzig entwickelte man beinahe improvisativ unverkrampfte Songstrukturen, welche dem Indiekosmos zunehmend zu entwachsen drohten. So war "Pockets" 2004 durchaus der nächste logische Schritt nach dem famosen "Unsolved"; jedoch ohne dabei - wie viele Kollegen - in die Falle orientierungslos vor sich hin experimentierenden Postrocks zu tappen. Nein, im Gegenteil: Die späten Karate zündeten auf ganz entspannte Weise. Die zurückgelehnte Gitarrenarbeit entwickelte sich immer mehr zu einem eigentümlichen Trademark. Und dokumentierte Geoff Farinas musikalische Fortschritte. Der Mann musste längst niemandem mehr etwas beweisen, sondern bereicherte die Songs mit zielgerichtet eingesetzten, interessanten Facetten. Das Material blieb trotz der stilistischen Wandlung durchgehend spannend und mit einer subtilen Dramatik ausgestattet. Nachzuvollziehen ein letztes Mal auf diesem Live-Mitschnitt. Aufgenommen im belgischen Leuven funktionieren die acht Stücke nicht zuletzt wegen des typischen "singenden Sprech-Stils" des Frontmanns, welcher seine Formation 2005 aufgrund von Gehörproblemen auflösen musste. Es fällt schwer, aus dem Fluss des Albums Höhepunkte herauszuheben. Als Anspieltipp darf aber "Original Spies" dienen, welches sich in wunderbar dubbige Wolken hüllt. Der Rest lebt vom Wechsel zwischen kompakten Songs sowie den beiden ausufernden Zehn-Minütern. Mit feinem Sound ausgestattet geht angesichts dieser dreiviertel Stunde noch einmal tiefer Respekt an eine ungewöhnliche Band: Karate wählten nicht den einfachen Weg. Und fuhren damit doch goldrichtig.

-- / Spielzeit: ca. 49:51 / Postrock

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