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MISC - Dezember 2007 l #01

DVD Spezial: Musik und mehr.

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Diesmal mit:

Tom Petty | Led Zeppelin | Kaada Patton | Olli Dittrich| Wholetrain

Der Einstieg in unsere DVD-Rubrik könnte dank einer solchen hochkarätigen Veröffentlichung kaum viel versprechender ausfallen: Tom Petty And The Heartbreakers veröffentlichen mit "Runnin' Down A Dream" (Steamhammer/SPV) ein ziemlich phänomenales Boxset. Nach dessen knapp 400 Minuten kein Fan-Auge trocken bleiben dürfte. Doch der Reihe nach: Kernstück des attraktiven Sets bildet der Titel-Film von Regisseur Peter Bogdanovich, welcher nicht umsonst bereits auf einigen Festivals Lorbeeren einheimsen konnte (und in Kürze auch bei uns in ausgewählten Kinos zu sehen sein wird). Die gut vierstündige (!) Dokumentation - hier auf 2 DVDs im „Director’s Cut“ - hebt sich angenehm von anderen, oft etwas lieblos wirkenden Retrospektiven ab; und fängt stattdessen die 30-jährige Karriere der amerikanischen Rock-Institution lebendig und emotional ein. Interessant auch, in diesem Kontext die Stimmen von Fans wie Wegbegleitern (u.a. Eddie Vedder, Dave Grohl, Rick Rubin oder Johnny Depp) zu hören. Doch bildet der Film nur eine Hälfte des Ganzen. Des Weiteren enthalten ist ein Mitschnitt des Jubiläumskonzerts aus Gainesville, Florida, unter dessen 20 Tracks natürlich kaum ein essentieller Hit fehlt. Wer also beispielsweise „American Girl“ – jenseits der unzähligen Punkrock-Coverversionen – schon immer einmal vom Original-Interpreten hören wollte: Hier bietet sich eine lohnende Gelegenheit dazu. Abgerundet wird der digitale Teil von „Runnin’ Down A Dream“ durch eine Bonus-CD, welche einige unveröffentlichte Versionen bekannter Standards enthält. Und weil dazu noch eine wunderbar wertige Aufmachung inklusive dickem Booklet sowie Film-Stills kommt, darf man das gute Stück ruhigen Gewissens als essentiell für alle Anhänger und potentiell Neugierige bezeichnen.

Was zu erwarten war: Die Live-Reunion von Led Zeppelin wird von einer Veröffentlichungs-Armada flankiert: Nachdem man die jüngst erschienene Doppel-CD "Mothership" - dank der zu vorherigen "Best Of"-Compilations quasi identischen Tracklist - fast als Wiederveröffentlichung werten konnte, folgt mit "The Songs Remains The Same" (Atlantic/Warner) nun eine weitere Re-Issue. Über die Relevanz der Aufnahmen – das Konzert einer Rockband am Zenit ihrer Dekadenz - dürfen Fans wie Presse weiterhin streiten. Von der Ausstattung her hat zumindest die 2-DVD (die 2-CD lag uns nicht vor) nur für eingefleischte Fans etwas zu bieten: Neben remastertem Sound sind da vor allen Dingen neue unveröffentlichte Sequenzen (u.a. "Over The Hills And Far Away"), sowie einige Interviews und TV-Mitschnitte. Ein Booklet bleibt uns die Band allerdings weiterhin schuldig... weshalb der aufgepimpte Konzertfilm wohl vor allen Dingen für diejenigen Anhänger interessant wird, welche noch keine andere Ausgabe von "The Song Remains The Same" im Schrank haben - und ihre Sammlung ergänzen wollen.

Alle Ipecac-Interessierten können sich schon mal einen Teil ihres Weihnachtsgeldes zurücklegen: Am 11. Januar nächsten Jahres erscheint nämlich die "Kollaborations-DVD" von Labelguru Mike Patton mit dem norwegischen Soundkünstler John Erik Kaada. Schlicht "Live" (Ipecac/Soulfood) betitelt knüpft Kaada Patton natürlich an das 2005er Album "Romances" an, welches zu den gelungensten Platten unter Mike Patton-Mitwirkung der letzten Jahre zählt. Doch selbst wenn John Erik Kaada als Hauptkomponisten hinter den elft Tracks steht: Im Kernpunkt des Livemitschnitts findet sich natürlich die narzisstische Performance des Fantomas/Tomahawk-Vorstehers. Visuell wie atmosphärisch wurde die Musik übrigens exzellent umgesetzt. So lassen die ´mal unruhigen, ´mal erhabenen schwarz-weiß Impressionen der Bühnenshow beinahe an das David Lynch-Meisterwerk Eraserhead denken. Dabei sucht die Legende die Wurzeln für das internationale Zusammentreffen bekanntlich in der Romantik bzw. Klassik; sogar Namen wie Gustav Mahler oder Liszt tauchten da auf. Einen wirklichen Bezug zu ihnen kann ich beim amüsierten Genießen dieser einstündigen DVD zwar nicht feststellen. Vielleicht stellen diese Komponisten aber auch nur die Inspirationsquelle für das mit zahlreichen augenzwinkernden Elementen versehene Material dar. Stattdessen würde ich die Musik mit ihrer durch Synthesizer erzeugten Science Fiction-Elektronik eher irgendwo zwischen dem Peter Thomas Sound Orchestra, Secret Chiefs 3 und den späten Mr. Bungle verorten. Spannend und sehr kurzweilig ist das Werk aber auf jeden Fall geraten. Und Kaada Patton empfehlen sich auch auf Bühne – ergänzt um eine famose Band - als prima funktionierendes Kreativ-Gespann.

Dieser Mann hat tatsächlich viele Gesichter: Olli Dittrich brachte es immerhin spätestens durch seine "Dittsche"-Paraderolle zum Aushängeschild der TV-Improvisationskomik. Vorliegende Doppel-DVD will uns nun auch mit den anderen Rollen des Offenbachers vertraut machen. Doch dass es sich hierbei nicht zwangsläufig um essentielle Charaktere handeln muss, deutet schon die halbgare aktuelle Media Markt-Werbekampagne an, zu welcher sich Dittrich verpflichten ließ. So bleibt "Ein Mann Hat Viele Gesichter" (X-Cell Records) ebenfalls eine zwiespältige Angelegenheit. Die zusammengekürzten "Dittsche"-Versatzstücke entfalten nicht ansatzweise den Fluss der regulären Sendung. Seine viel gepriesene Beckenbauer-Rolle im Interview mit Harald Schmidt enttäuscht gar auf ganzer Linie. Und dennoch gibt es während der etwa 270 Minuten Spielzeit einiges zu entdecken. Zum Beispiel eine grandiose René Weller-Parodie oder deutschen TV-Trash der Marke "2 Supernasen tanken doof". Abgerundet wird das Fan-Paket durch diverse Kollaborationen (u.a. mit Anke Engelke oder Wigald Boning in "Die Doofen") sowie einem Texas Lightning-Konzertmitschnitt. Am Ende steht ein Bild von Dittrich als fähigen Komiker, welcher dem oft so ideenlos vor sich hin vegetierendem Genre zumindest ein paar neue Akzente verleiht - jedoch auch nicht vor Privatsender-typischer Belanglosigkeit gefeit ist.

Eigentlich war diese Filmrezension ja in Kombination mit einer Besprechung des dazugehörigen Soundtracks gedacht gewesen. Nachdem uns dieser aber bis heute nicht erreichte, soll doch zumindest rechtzeitig auf die DVD-Version des bemerkenswerten Streifens hingewiesen werden. Denn für Wholetrain (Movienet Film) setzte Regisseur Florian Gaag einiges in Bewegung: Selten wurde die Realität von Graffiti-Writer-Crews überzeugender in einen filmischen Kontext gebracht. Keine einfache Gratwanderung: Authentisch, spannend und jenseits peinlicher Klischeehaftigkeiten wird hier eine Geschichte über die „Realität auf der Straße“ kreiert. Dass Gaag für den von ihm produzierten Soundtrack HipHop-Größen wie KRS-One oder die bemerkenswerten Afu-Ra gewinnen konnte, macht bereits klar, dass sich hier jemand intensiv mit einer Szene jenseits von Oberflächlichkeiten befasst hat... schließlich war bzw. ist Gaag selbst Teil derselben. Der preisgekrönte Film des Münchners jedenfalls überwindet "Jugendfilm"-Barrieren und inszeniert sich in eineinhalb Stunden als packendes Drama, welches in der Kaufversion zudem mit Making Of, Interview sowie Audiokommentar des Regisseurs aufwartet.

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