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|| Sebastian Zapf ||


Top10
1. Captain PlanEt - Wasser kommt, Wasser geht // 2. The Weakerthans - Reunion Tour // 3. Turbostaat - Vormann Leiss // 4. The Gaslight Anthem - Sink or Swim // 5. Escapado - Initiale // 6. Jupiter Jones - Entweder geht diese scheußliche Tapete - oder ich // 7. Matula - Kuddel // 8. Tocotronic - Kapitulation // 9. Antitainment - Nach der Kippe, Pogo?! // 10. Tele - Wir brauchen nichts

Ich schäme mich, aber ich habe tatsächlich dieses Jahr nur zwei Bands in den Top Ten, die nicht deutsch singen. Und so gute Alben wie von Muff Potter oder Bratze zählen nicht mal zu den obersten Zehn. Zumindest nicht bei mir. Die beiden internationalen Ausnahmen: Die kanadischen Weakerthans und Gaslight Anthem aus New Jersey. Erstere zählen schon jahrelang zu meinen Lieblingsbands. Kein Wunder, dass Songs wie „Night Windows“, „Bigfoot“ & Co. kaum Hindernisse fanden, auf dem Weg in mein Herz. Zweitere spielten sich als Vorband der New Yorker Indie-Rocker Meneguar um den Verstand. Sähe der Sänger nicht aus, wie unser bemützter Ex-„GZSZ“-Mime und Freizeitsänger Ben, die Band wäre bereit, den musikalischen Olymp zu erklimmen. Ernsthaft, das sind die kleinen Brüder von Hot Water Music und Against Me!. Mitreißend as fuck. Derbe Hymnen im Gepäck. Und so unglaublich sympathisch. Im Januar erscheint bereits eine neue EP. USA-Only, heißt es zumindest.

Wären da noch die deutschen Vertreter: Auf Platz eins: Captain PlanEt. Die haben auf ihrem Debütalbum alles richtig gemacht. Ich wüsste kaum eine andere Band, die mich dazu veranlassen würde, ganz allein nach Darmstadt zu fahren. Schön in der Oettinger Villa abhängen. Wie einst vor fünf Jahren. Als Tomte und Kettcar zusammen dort grad mal 100 Leute anzogen. Nur eben diesmal allein. Also ich. „Wasser kommt, Wasser geht“ ist meine persönliche Platte des Jahres. Keiner schaffte es besser über die schier unerträgliche Schönheit des alltäglichen Kampfes gegen den Wahnsinn, der sich Leben nennt, zu singen und zu schreien. Danke dafür. Knapp dahinter aber mit einem gehörigen Vorsprung an Erfahrung, Flensburgs Finest: Turbostaat. Die Band, die Dis-Ex-DJ-Kollege Kaneda an einem Abend dazu veranlasste, spontan mindestens viermal die selbe CD einzulegen. Aus purer Euphorie. Aus Freude über ein Werk, das zwar beim Quasi-Major erschien, aber dennoch so frisch und so gut klang, dass man überhaupt nicht auf die Idee kam, Punkrock könnte im Jahr 2008 bei der Masse angekommen sein.

Escapado überraschten mit ordentlichem Geballer auf „Grand Hotel van Cleef“. Da wunderten sich viele. Vergessen aber immer, dass die ganzen Tomte-und-Kettcar-Typen selbst aus dem Punk und (Post-)Hardcore kommen. Ich sage nur: Loxiran, Chispa, ...But Alive, Enfold, Sometree. „Deine Hand wird zur Faust“. Was wurden wir schräg angesehen, beim mitgrölen im Zwingerkeller. Hervorragend. Mit Matula haben es auch die Kumpels von Captain PlanEt in meine Jahresliste geschafft. Ähnlich mitreißend. Anders schräg. Aber mit vollem Herzblut bei der Sache. Vor allem live. Außer der Sänger hat keine Lust mehr und performed lieber Dirty Dancing-Moves. Nix für ungut. Sah auch gut aus, keine Frage.

Jupiter Jones haben mit „Entweder geht diese scheußliche Tapete oder ich“ erst ihre zweite LP veröffentlicht. Kommt mir aber schon vor, als ob die Jungs deutlich länger im Geschäft wären. Kein Wunder, ist Jupiter Jones wohl die Band, die ich die letzten zwei Jahre am häufigsten live gesehen habe. Mit Faust in der Luft in der ersten Reihe, wie sich das gehört. Und Grinsen im Gesicht, nach jedem Konzert. Die letzten drei Bands in der illustren Rückschau: Tocotronic, Tele und Antitainment. Die einen riefen erfolgreich die Kapitulation aus, die anderen verkündeten charmanterweise „Wir brauchen nichts“, und Antitainment? Die treten an, um deine Welt auf den Kopf zu stellen. Selten so ein chaotisches Konzert wie im Sunny Red gesehen. Super war das. Auch wenn ich vorher in den falschen Bus eingestiegen bin. Kam doch noch rechtzeitig an, um die Orgelhardcorepunks in voller Aktion zu sehen. Jedes Wort ist hier eines zu viel. Hört euch das an. Das bombt euch ins Jahr 2007 zurück. Mindestens.

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