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Fantasy Filmfest 2008 - Teil 5

Acolytes | Waltz With Bashir | Just Another Love... | Hush

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Acolytes |


Ein Akolyth ist ein männlicher Laie, der in der katholischen Kirche vor allem eines macht: den Gottesdienst vorbereiten. In der vagen Hoffnung, vielleicht selbst mal für das Priesteramt in Frage zu kommen. Ein Akolyth ist also ein Anfänger.

Ein Anfänger ist Regisseur Jon Hewitt zwar nicht, dennoch dürfte "Acolytes" der erste Film des Australiers sein, der weltweit Beachtung findet. Denn zumindest bis kurz vor Schluss hat der Teenager-Thriller alles, was es für dieses Genre braucht (und sogar weit darüber hinaus). Die Story um drei Heranwachsende mit dramatischer Vergangenheit, die im Wald eine Leiche finden und fortan versuchen, ihrem ehemaligen Peiniger die Schuld in die Schuhe zu schieben, ist verzwickt und hat zahlreiche Wendungen. Und immer wieder werden die genretypischen Schwarz-weißen Killer-Charaktere auf den Kopf gestellt. Dazu gesellen sich eine prickelnde Ästhetik, viel Raum bei der Inszenierung und ein angenehmer Soundtrack.

Ganz zum Schluss wird aber klar, dass Hewitt bei aller Liebe zum Arthouse-Kino aus seinen Genre-Grenzen doch nicht so ganz ausbrechen will. Es wird geschlitzt und geblutet, dass sich die weißen Fassaden der Vorstadtsiedlung rot färben. Die Vorstadt ist ambivalent, sagt uns "Acolytes", und selbst hinter der Fassade der Jugend verbergen sich Gewalt und Terror. Leider verheddert sich diese Aussage im Plot und trifft einen nicht ganz so wuchtig, wie wohl beabsichtigt. (Robert Heldner)

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Waltz With Bashir |

Ein Jahr nach dem überraschenden Triumphzug von „Persepolis“ kommt mit „Waltz With Bashir“ der nächste überzeugende Animationsfilm mit politischem Anspruch und zeitgeschichtlicher Grundlage. Umso schöner deshalb, weil der israelische Regisseur Ari Folman mit seinem Streifen quasi ein neues Genre aufmacht: „Waltz With Bashir“ ist nämlich als Dokumentarfilm aufgezogen, dabei gleichzeitig Antikriegsfilm, der ohne moralischen Zeigefinger auskommt und obendrein autobiografisch. Eine starke Kombi, die fast ohne Abzüge zum Ziel führt und der lediglich in ein paar Momenten die letzte Konsequenz fehlt.

Regisseur und Hauptcharakter begeben sich in „Waltz With Bashir“ auf eine Reise zurück in die Vergangenheit, um herauszufinden, warum das Gedächtnis die Erlebnisse des Krieges völlig verdrängt hat. Thematisch geht es dabei um den Libanonkrieg (1982-1985) und um das vielleicht schwärzeste Kapitel in der Geschichte Israels, als im Sommer 1982 der innerlibanesische Konflikt eskalierte, christliche Falangisten in zwei Flüchtlingslagern der Palästinenser Massaker an der Zivilbevölkerung verübten, während die israelische Armee die beiden Lager umstellt hielt und weitere Gräueltaten erst nach drei Tagen unterband.

Auch wenn ein dezidiertes Hintergrundwissen nicht zwingend notwendig ist, kann es für das Verständnis von „Waltz With Bashir“ keineswegs schaden. Durch Flashbacks und Interviews mit alten Kameraden, Freunden und Psychologen nähert sich der Film immer mehr der vollständigen Erinnerung an den Krieg und die Massaker an bis der Film mit einem abrupten und erdrückenden Ende schließt. Am besten im Original anschauen, da die Synchro einen großen Teil der Atmosphäre nehmen könnte. (Sebastian Gloser)

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Just Another Love Story |


Zu Beginn heißt es: "Ein schönes Mädchen und ein Geheimnis. Beginnt so nicht jeder Film Noir?" Nun ist „Just Another Love Story“ weit entfernt davon, ein Film Noir zu sein, doch die Geschichte des gelangweilten Familienvaters, der sich über Nacht in einem neuen Leben wiederfindet, erinnert dennoch an die Highlights dieses Genres. Ole Bornedals (“Nightwatch”) „Just Another Love Story“ fängt packend an. Und lässt den Zuschauer bis kurz vor Schluss nicht mehr los. Erst die eindimensionale Auflösung seiner ungewöhnlichen Liebesgeschichte sorgt für Stirnrunzeln.

Am Ende bleibt es dennoch ein zu vernachlässigender Aspekt. Denn Bornedal erzählt seine Geschichte lebendig und spannend. Voller Atmosphöre und meist auch mit dem richtigen Gespür für seine Figuren. Erst am Ende droht er sie beinahe der Lächerlichkeit preiszugeben, reißt das Ruder aber gerade noch einmal rum. Ein leises Stück, das dem Zuschauer allerdings von Anfang an klarmacht, worauf das ganze hinauslaufen wird. Ein wenig mehr Geheimnisse hätten „Just Another Love Story“ vielleicht gut getan. Aber auch so bleibt die dänische Produktion überaus sehenswert. (Sebastian Zapf)

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Hush |

Im englischen hat "Hush" eine doppelte Bedeutung: Stille und Schweigen. Schweigen würde der Rasthof-Plakatierer Zakes wahrscheinlich auch lieber, anstatt sich immer wieder mit seiner Freundin zu streiten. Die hält ihn nämlich für einen waschechten Loser. Auf einer englischen Schnellstraße müssen die beiden ihren Streit allerdings unterbrechen. Für einen kurzen Augenblick offenbart der vor ihnen fahrende LKW eine skurrile Fracht: gefesselt und in einen Käfig gesperrt schreit eine Frau um Hilfe - dann klappt die Tür wieder zu.

Im folgenden entspinnt sich eine Story, die man schon aus dem ein oder anderen Kurt Russell-Film kennt. Zakes' Freundin verschwindet an einem Rastplatz ebenfalls, die Nacht wird zum Höllentrip. Der Brite Mark Tonderais hat über weite Strecken ein packendes Debüt abgeliefert, das zurecht in der Fresh Blood-Sparte läuft. Wackelkamera, Close-Ups und minimalistische Story erzeugen einen faszinierenden Sog, den nichtmal das arg gewollt zusammengeschraubte Ende verwirken kann. Die Frage, wie weit Zakes für einen Menschen geht, der ihn nichtmal mehr liebt und für einen Volldeppen hält, beantwortet "Hush" am Ende nämlich ziemlich eindeutig... (Robert Heldner)

Fotos: Pressefreigaben


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