Wegweiser durch sellfish.de

independent online music  |  info@sellfish.de

Fantasy Filmfest 2008 - Teil 9

The Broken | The Dying Breed | The Chaser

broken.jpg


The Broken |


Irgendein Wahnsinniger hat "The Broken" mit den Arbeiten von Roman Polanski, Stanley Kubrick und David Lynch verglichen. Davon ist dieser müde englische Gruselfilm allerdings weit entfernt. Was hier brilliert sind einzig und allein die dunkle Kamera und die fein justierten Close-Ups. Die Story, die Schauspieler, die Charaktere - sie alle humpeln einer halbgaren Idee hinterher, sonst nichts.

Gina ist Radiologin und führt ein erfolgreiches, angenehmes Leben. Ihr neuer Freund, ihre Familie, ihr Job - alles könnte kaum besser laufen. Kurz nach einem selbstverschuldeten Unfall allerdings schwillt etwas Undefiniertes, Bedrohliches an. Ihr Freund verhält sich unheimlich, überall zerspringen Spiegel, es tropft unerklärlicherweise von der Decke - das ganze, gewohnte Gruselsammelsurium also. Dass es sich bei den Ereignissen entweder um die Spätfolgen des Unfalls, eine geisterhafte Parallelwelt oder schlicht irdische Paranoia handeln könnte ist ebenso irrelevant für den Ausgang der Story wie die Tatsache, dass mitunter ganze Charaktere vom Erdboden verschluckt werden und nie wieder auftauchen.

Am Ende hört "The Broken" abrupt auf und hinterlässt die Zuschauer ratlos. Eleganz und technische Brillanz allein können einen Film eben nicht über 90 Minuten retten. Das haben Polanski, Kubrick und Lynch immer beherzigt - Regisseur Sean Ellis allerdings hat das noch nicht verstanden. Wer immer nur andeutet hat am Ende keine Wahrheit, die er erzählen kann. (Robert Heldner)

dying_breed.jpg


The Dying Breed |


„The Dying Breed" braucht eine gute Weile, bis er in die Gänge kommt. Die Story ist folgende: Vier Städter (darunter „Saw"-Autor Leigh Wanell) suchen im australischen Dschungel nach den Spuren des tasmanischen Tigers. Außerdem gilt es, die Forschungen der vor acht Jahren verschwundenen Schwester der Hauptfigur fortzusetzen. Keine gute Idee.

Die Spielregeln dürften dem versierten Zuschauer bekannt sein. Denn bei „The Dying Breed" handelt es sich um einen klassischen Backwood-Slasher. Ein weiterer Film aus der Reihe: „Zivilisierte Städter treffen auf degenerierte Einheimische". Innovationen sucht man da vergebens. Wer mit der richtigen Erwartungshaltung ins Kino geht, dürfte trotzdem recht zufrieden sein. Ein amtlicher Horrorstreifen, der Genre-Kollegen wie „Wrong Turn" oder „Wolf Creek" locker in die Tasche steckt.

Am ehesten vorzuwerfen ist dem Film, dass er zu Beginn etwas sehr mit seiner Spannung haushaltet. Um am Ende dann genretypisch in die Vollen zu gehen. Einer der Filme, die das Fantasy Filmfest neben all den schönen und anspruchsvollen Streifen wie „Let the Right One In" oder „Nothing To Lose" eben auch ein Stück weit ausmachen. Horror-Standardware, die trotz aller Formelhaftigkeit mehr ist als nur schnöder Durchschnitt. Dafür sorgt schon allein eine Szene, in der eine Figur eine besonders einschneidende Begegnung mit einer „Bärenfalle" hat. Das Bild brennt sich ein, siehe „Severance" vor zwei Jahren. (Sebastian Zapf)

Chaser_.jpg


The Chaser |

The Chaser handelt von einem ehemaligen Polizisten, der sein Geld nach dem Rauswurf aus der Einheit als Zuhälter verdient. Zwei seiner Mädchen verschwinden. Ein drittes schwant ihm, ist gerade auf dem Weg zu DEM Kunden, der dafür verantwortlich ist. Einem psychisch gestörten Killer, der Prostituierte ermordet. Hauptfigur Jung Ho stößt durch einen Zufall auf den Killer. Der wird verhaftet. Doch nachzuweisen ist ihm nichts. Nach zwölf Stunden soll er wieder auf freien Fuß kommen. Und von Jung Hos Mädchen fehlt weiterhin jede Spur.

Der Abschlussfilm „The Chaser" ist spannendes Hongkong-Kino. Die Rechte für ein Remake sind ähnlich wie bei „Infernal Affairs / The Departed" bereits in die USA verkauft. Die Geschichte ist toll inszeniert und aufregend erzählt. So sorgt die rasante Erzählweise dafür, dass einige Fragen bezüglich der Logik des ganzen Konstrukts erst nach dem Abspann auftauchen. Die scheinbaren Unregelmäßigkeiten im Storygerüst sind dabei schlicht und einfach dem Drehbuch anzulasten. Das wiegt aber letztendlich ebenso wenig schwer wie der leicht komische Grundton des Films, der die dunklen und verstörenden Bilder ein ums andere Mal konterkariert.

Alles in allem ein gelungener Abschluss, der den ein oder anderen Schauer über den Rücken jagt und sicher mit zu den besten Beiträgen des gesamten Festivals gehört. Allein mit welcher Gleichgültigkeit der Killer Young-Min, im Wissen seiner Überlegenheit, der Prostituierten zustimmt, sich vor dem Liebesakt duschen zu dürfen, und ihr damit die Illusion einer Fluchtmöglichkeit gibt, ist perfides Storytelling in Bestform. 125 Minuten Hochspannung, die wie im Flug vergehen und selbst dem altbekannten Thema des Serienmörderfilms noch neue Facetten abgewinnen können. (Sebastian Zapf)

Fotos: Pressefreigaben


ERROR!