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Atlas Sounds

Let The Blind Lead Those Who Can See But Cannot Feel

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Auch wenn man sie im Alltag immer seltener antrifft: Es soll sie ja noch geben, die Leute, die sich für ein Album, für Musik generell so richtig Zeit nehmen. Die Musik nicht nur konsumieren und für ein ganz gewöhnliches Unterhaltungsformat unter vielen halten. Menschen, die sich ohne weitere Nebenbeschäftigung vor die Anlage setzen und einfach dem Klang eines Albums lauschen. Für genau die Leute wurde „Let The Blind Lead Those Who Can See But Cannot Feel” gemacht.
Weil diese Zielgruppe inzwischen schwer in der Unterzahl ist, wird das Werk mit dem ellenlangen Titel wohl auch kein Megaseller werden. Dafür aber vielleicht einige intensiv mitnehmen und ganz tief drinnen treffen. Atlas Sounds ist das Alter Ego des Deerhunter-Frontmanns Bradford Cox und obwohl „Let The Blind...“ klingt, als würden da mindestens fünf kreative Köpfe gleichzeitig an Knöpfchen drehen und ins Mikro hauchen, ist die Platte ein echtes Solo-Album geworden. Entstanden in Bradfords Schlafzimmer, erdacht in all den Jahren seit der inzwischen 25-Jährige in Musik formulieren kann. Als Jugendlicher musste er seinerzeit monatelang in einem Kinderkrankenhaus verbringen und zahlreiche Operationen überstehen und bereits damals hatte er anscheinend ausufernde Klänge, vielfältige Ideen und Songskizzen im Kopf, die erst jetzt ihren Weg auf einen Tonträger finden. Großartig, wenn auch nicht ganz einfach auf- und anzunehmen. Die Aufmerksamkeitsspanne ist heute bekanntlich kurz (vgl. oben) und wer sich für dieses Album nicht die nötige Zeit und Ruhe nimmt, wird mit „Let The Blind...“ nichts anfangen können. So klar und deutlich muss man das sagen. Wem das aber nicht zu viel ist, kann hier schwelgen, träumen und sich gut fühlen, auch wenn der Platte eine gewisse Grundmelancholie inne wohnt. Alles beginnt mit einer Kinderstimme und einer Geisterstimme, danach beginnt eine Reise durch eine Traumlandschaft, in die man gerne auch mal eintauchen möchte und auch kann, wenn man sich nur Mühe gibt. Auch wenn ein paar Stücke („River Card“, „Bite Marks“, „Ativan“) herausstechen: „Let The Blind...“ ist ein absolutes Album-Album geworden, welches nur als ganzes funktioniert oder als ganzes scheitert. Man wünscht jedem Zuhörer ersteres. Take your time!

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 50:14 / Ambientelektropop

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