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MISC - Juni 2008 l #30

sellfish.de spezial: Metal.Emo.Core.

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Diesmal mit:

The Banner | From First To Last | Punishable Act | Strength Approach | Mourning Beloveth | Six Reasons To Kill | Unleashed | US Christmans | Vader

Auf ihrer obligatorischen Myspace-Präsenz empfehlen sich The Banner als Mischung aus Hardcore, Punk und Gothic. Mir fallen bei der nihilistischen Wucht von "Frailty" (Ferret/Hellfest/Universal), ihrem zweiten Werk für das überwiegend geschmackssichere Ferret-Label, jedoch am ehesten Integrity zu "System's Overload"-Zeiten als Referenz ein. Die Formation aus New Jersey jedenfalls stampf, prügelt und kämpft sich durch einen Dschungel aus tiefer gestimmten Gitarrenriffs, noisigen Momenten sowie derben Hochgeschwindigkeitspassagen, dass es ein wahre (und reichlich dreckige) Freude ist. Und selbst wenn es metallische Gitarren zu hören gibt: "Frailty" spielt definitiv eher in einer Liga mit Cursed bzw. sogar Vertretern des Curst-Genres als mit aufpolierten Christen-Acts a lá As I Lay Dying. Übrigens: Die erwähnten Gothic-Passagen lassen sich allenfalls auf die "Horror"-Lyrics reduzieren, also keine (!) Angst... Es wäre schade, wenn diese explosive Mischung (noch einmal) ungehört an der Zielgruppe vorbei rauscht!
Will man im Genre Emorock im Jahre 2008 noch etwas reißen, sollten ein paar Grundbedingungen erfüllt sein. Von denen From First To Last zumindest eine auf Anhieb mitbringen: Der Opener "Two As One" zu ihrem neuen, selbstbetitelten Album, wurde ein waschechter Hit. Mit Majorlabel-Support, famoser Josh Abraham-Produktion bzw. Brendan O'Brien Mix stimmen sämtliche anderen Umstände ebenfalls. Allerdings lässt auch der "Heroine"-Nachfolger wirklich eigene Charakterzüge sowie identitätsstiftende Neuerungen gänzlich außen vor. So manövriert sich das Quintett auf "From First To Last" (Suretone/Interscope/Universal) durch zwölf nette, bis auf erwähnte Ausnahme jedoch zu häufig unspektakuläre Tracks. Dabei beherrschen die Herren aus Orlando, Florida ihr Handwerk eigentlich: In Songs wie "We All Turn Back To Dust" erinnert man für Augenblicke an die Spätphase der großartigen Recover, bevor sich die Kompositionen wieder im Mittelmaß verlieren. Seinen Reiz enthält das Material ausgerechnet durch Neuzugang Matt Good an den Vocals, welcher seinen schwer erkrankten Vorgänger ersetzt und durch seine charakteristische, variable Stimme nachhaltig in Erinnerung bleibt. So entsteht unter Einbeziehung aller Einflussfaktoren ein zumindest durchgehend dynamisches sowie des öfteren gelungenes, jedoch nicht wirklich bewegendes Gesamtwerk.
Nachdem Punishable Act mit "From The Heart To The Crowd" eine respektable Bestandsaufnahme veröffentlicht hatten, kehrt das Berliner Hardcore-Urgestein nun zurück, um sein Standing in der Szene mit einem neuen Studiolongplayer zu untermauern. "Rhythm Of Destruction" (Street Justice Records/New Music) trägt allerdings einen einen ebenso wenig innovativen Namen, wie sich auch die Musik dahinter anhört. Was angesichts dieses Genres jedoch nach wie vor nicht zwangsläufig ein Negativmerkmal darstellt. Ja: Punishable Act sind die deutsche (Eurocore-) Antwort auf Agnostic Front, Madball und Konsorten. Nein: Sie verfügen nach wie vor nicht über deren Relevanz. Und dennoch: Auch wenn die 15 neuen Tracks phasenweise wieder etwas holprig klingen, aus der heimischen Szene sind die Herren längst nicht mehr wegzudenken. Und haben nicht zuletzt aufgrund ihres Durchhaltevermögens (nach geschätzten zehn Labelwechseln...) den in ihrem Metier so dringend nötigen Respekt verdient.
Ganze zehn Jahre für das Einspielen eines Debütalbums zu brauchen, zeugte nicht eben von übermäßigem Arbeitseifer. Zumal, wenn die Scheibe dann letzten Endes keine halbe Stunde dauerte. Immerhin haben die italienischen Hardcore-Recken von Strength Approach den ebenso knackigen Nachfolger in gerade einmal drei Jahren eingespielt… Konsequenterweise wurde auch in "All The Plans We Made Are Going To Fall" (GSR Music/Cargo) mächtig Herzblut gesteckt und auf jegliches Füllmaterial verzichtet. Musikalisch bleiben die Songs durchaus mit den großartigen Give Up The Ghost - mit welchen man damals auch die Bühne teilte - vergleichbar. Wenngleich die Fünf hier weniger vertrackt und dafür mit eingängigeren Melodien agieren. Klasse außerdem, dass Sänger Alex sehr gezielt mit cleanen Vocals arbeitet, was die an sich schon sehr kurzweiligen Tracks zusätzlich aufwertet. Auch in Punkto Geschwindigkeit lässt man nichts anbrennen. Letzten Endes zählt aber natürlich das Hitpotential der einzelnen Tracks... und auch hier liegt alles im grünen Bereich. Was soll man sagen: Strength Approach gelang abermals eine mindestens gutklassige Hardcore-Scheibe, die eine angenehme Alternative zu den Massen an Emo- und Metalcore-Veröffentlichungen darstellt, welche Woche für Woche den Markt überschwemmen.

Unsere Connection zu Grau Records wurde leider etwas spät geschlossen, so dass wir diese attraktive Veröffentlichung demzufolge nur noch mit etwas Verspätung ins Visier nehmen können: Dabei offerieren Mourning Beloveth mit ihrem aktuellen Werk eine echte Perle für Anhänger des melodischen Doom- bzw. Deathmetals. Zwischen jenen beiden Genres siedeln sich nämlich die fünf überlangen neuen Tracks der Iren an. Auf "A Disease For The Ages" (Grau/Soulfood) wagt man dabei auch jenseits des zweigeteilten Gesangs einige stilistische Experimente und unterstreicht auf diese Weise die besondere Atmosphäre des ausufernden, melancholisch-aggressiven Sounds. Wohltuend außerdem, dass dennoch keinerlei Keyboards zum Einsatz kommen. Die Lyrics erzählen vom langsamen Verfall von Körper und Geist, was durch die Zeitlupen-Riffs und getragenen, tiefen Vocals wunderbar adäquat in Songs gegossen wird. Wer nun doch noch eine Referenz benötigt: Priomordial liegen nicht nur territorial nahe zum Sound des Quintetts - In Punkto Erhabenheit können es Mourning Beloveth durchaus mit ihren kongenialen Landmännern aufnehmen.
Soviel Wortspiel muss sein: Wirklich andere oder gar neue Horizonte erschließen sich beim Kontakt mit dem dritten regulären Longplayer von Six Reasons To Kill - trotz Vocal-Neuzugang Thorsten Polomski (ex-Bubonix) - nicht wirklich. Dennoch versorgt "Another Horizon" (Bastardized Recordings) die hungrige Meute an nimmer satten Emo-/Metalcore-Jüngern mit ordentlichem Stoff. Schon deswegen, weil die die übliche Screamo-/Clean-Vocals Schiene auf eine beachtliche instrumentale Dynamik trifft. Außerdem bandelt man diesmal noch massiv mit der Death-, Thrash und sogar Powermetal-Szene an, was sich sogar an ein paar entsprechend hohen Screams bemerkbar macht. Solche Sperenzchen bleiben jedoch die Ausnahme auf den 13 Tracks. Im Kern steht vielmehr weiterhin das Kratzen der Koblenzer am Thron von Caliban bzw. Heaven Shall Burn. Und dies halten die Fünf schon seit immerhin über acht Jahren konsequent durch. Dass es zum ganz großen Wurf trotz zweifellos vorhandenen Qualitäten trotzdem noch nicht reicht, dürfte einzig und allein mit dem Mangel an wirklichen Hits zu erklären sein.
Dank "Midvinterblod" gelang Unleashed vor zwei Jahren ein echter Coup: Hatte die Schweden doch kaum noch jemand so richtig auf dem Plan gehabt, als sie mit dieser wahrlich als Bombe zu bezeichnenden Viking-Scheibe in der Szene einschlugen. Irgendwelchen Erfolgsdruck dürften die alten Recken um Johnny Hedlund dennoch nicht verspürt haben, als sie den nun erschienenen Nachfolger "Hammer Battalion" (Steamhammer/SPV) eintrümmerten: Routiniert wie eh und je zocken sich die Vier durch ihr Repertoire - allein das durchgetretene Gaspedal lässt an einigen Stellen staunen. Womit man zumindest teilweise kompensiert, dass der Hitfaktor nicht mehr ganz so hoch liegt. Am Ende bleibt ein respektables Album, welches zwar gefällt, hinter den (zugegeben) doch recht hohen Erwartungen allerdings ein wenig zurück bleibt.
Was für die konsequent auf extraordinäre Töne abonnierte Company Neurot Recordings eine der vielleicht konventionellsten Platten überhaupt darstellt, dürfte bei Fans des Stoner-Genres dennoch für mehrere Fragezeichen auf der Stirn sorgen. US Christmas sollten sich laut diverser Pressestimmen nämlich eben dort verorten lassen. "Eat The Low Dogs" (Neurot Recordings/Cargo), das nun erschienene zweite Album der Formation aus North Carolina, macht derartiges Schubladendenken jedoch knifflig: Breite Flächen aus Hall, Effekten und Keyboards hüllen die neun Tracks in neblige Sphären, durch welche immer wieder Monster Magnet oder gar Hawkwind in ihren trippigsten Phasen schimmern. Die manischen Vocals von Nate Hall mischen sich unter die akustische Dunstglocke neben Rockbesetzung, Theremin und Synties wie ein weiteres Instrument. Und wirklich losrocken wollen US Christmas auch nur in Ausnahmesituationen: „Eat The Low Dogs“ lebt vielmehr von seiner spacigen Atmosphäre, den anschwellenden Spannungsbögen sowie der außergewöhnlichen Inszenierung. Und gerät so zu einem psychedelisch-progressiven Ausnahmewerk, welches seine Freunde trotz aller Qualitäten wohl in Nischen suchen muss.
Vader wurden von der Metalpresse immer wieder als die "polnische Kampfmaschine" bezeichnet – und dies trotz der plakativen Ausdrucksweise nie zu unrecht; wie die mittlerweile 25-jährige Karriere des Quartetts beweist. Grund genug also, diesen denkwürdigen Geburtstag umfassend zu zelebrieren, nachdem man sich in den letzten Jahren durch konsequenten Fleiß vom Insidertipp zum europäischen Szenevorreiter etabliert hat. Bei "XXV" (Regain Records/Soulfood) handelt es sich entgegen erster Vermutungen zum Glück nicht um eine Compilation oder ähnliches. Vielmehr zimmerten die in der Vergangenheit nicht gerade für die ausufernde Spielzeit ihrer Longplayer berühmten Deathmetaller sage und schreibe 26 Tracks in 95 Minuten zusammen. Welche sich, soviel steht nach einer Handvoll Hördurchgänge fest, gewaschen haben. Zumal Vader gleichzeitig stilistisch offener agieren (was angesichts der Länge des Werkes unumgänglich war), andererseits ihre Tracks nach wie vor effektiv auf den Punkt steuern. Mit dem Keyboard-gestützten "Reign-Carrion" hört man beispielsweise erstmals fast ein paar psychedelisch anmutende Töne. Während sich das restliche Material zumeist gewohnt radikal in die Gehörgänge prügelt: Technisch exakt und irre versiert verleihen Vader dem Deathmetal damit auch heute noch eine kompromisslose, punkige Attitüde – welche ihre Ausnahmestellung nochmals unterstreicht. Das auch in limitierter Edition samt weiterer Bonustracks sowie DVD erhältliche Jubiläumswerk erfüllt seinen Zweck nachhaltig: In dieser Form sind und bleiben Vader unschlagbar!

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