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Port O'Brien

All We Could Do Was Sing

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Ist sie das? Die amerikanische Konsens-Indiepop-Kapelle des Jahres? Gut möglich bei der Hintergrundgeschichte, die „All We Could Do Was Sing“ zu bieten hat. Fast so anrührend wie das kurzfristige Aussteiger-Dasein von Bon Iver. Van Pierszalowski der Kopf von Port O’Brien hat nämlich die letzten Sommer immer auf dem Fischkutter seines Vaters fernab der Heimat verbracht und schon lange keine 365 Tage am Stück auf dem Festland genießen können. Das ändert sich jetzt.
Auf so einem Kutter kann man schon mal ein bisschen schrullig werden, vor allem, wenn die Nächte selten länger als vier Stunden sind, man nur alle paar Wochen im Hafen einläuft, um sich dann in die Arme der Freundin zu flüchten, die dort in der örtlichen Fischfabrik arbeitet. Oder man musiziert zusammen, was definitiv keine schlechte Idee war, wenn man sich „All We Could Do Was Sing“ anhört. Singer/Songwriter-Folk, der mal reduzierter, mal schrammelpopiger daher kommt und mal an eine der hundert großartigen amerikanischen Indiepopkapellen erinnert, die da draußen ihr melancholisches Unwesen treiben oder wahlweise ein bisschen an die leider bereits verblichenen David & The Citizens. Weniger popig allerdings, eher rauer und schroffer. Matrosenmusik ist das dennoch nicht. Wie auch? Wann hätte Pierszalowski bei diesem Tagesablauf auf dem Schiff auch schon Musik schreiben können? Das Album ist daher eher ein Gegenpart, ein Ruhepol, eine Welt, wo man sich hinwünscht, wenn man gerade mal wegen Schlafmangel fast wieder über Bord gegangen wäre beim Netze einholen oder wenn einem bei der monotonen Arbeit am Fließband gerade mal wieder alles zu viel wird. Verarbeitet und besungen wird der alles dominierende Lebensinhalt natürlich trotzdem, auch wenn einen das nur selten direkt anspringt. Man muss diese Geschichte auch nicht unbedingt kennen, damit die Platte ihre bezaubernde Wirkung entfaltet, ähnlich wie bei dem bereits erwähnten Album von Bon Iver lässt der Hintergrund die Songs intensiver scheinen. Die einzelnen Stücke kommen dabei recht abwechslungsreich daher. Von dramatischen Indiepop mit Blick Richtung Arcade Fire oder The Decemberists, über hippieesken Folk, verzweifeltem Akustikgeschrammel und krautigen Doors-Rock ist alles dabei. Luft nach oben ist zwar auch noch, aber wer würde bei einem Quasi-Debüt schon Perfektion erwarten? Album Nummer zwei wird uns und der Band den Weg weisen.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 41:06 / Indiepop

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