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Marilies Jagsch l The Poem Is You

Obituary For A Lost Mind l The Promised South

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Deutschland, deine Independent-Szene. Da hört man allenthalben nur vom Wehklagen der Musikindustrie. Davon unbeeindruckt veröffentlichen, ausgerechnet in der Sommerpause, zwei Labels bzw. Bands höchst bemerkenswerte Alben. Ach so, eine davon kommt aus Österreich.

Ich bin mir nicht sicher, ob man im Falle Clara Luzia tatsächlich vom Zugpferd einer neuen, österreichischen Szene sprechen soll, wie dies das Info zu jenem Album tut. Fakt bleibt aber, dass wenn im Windschatten des kleinen aber feinen Asinella-Labels mehr Künstlerinnen dieser Couleur ans Tageslicht rücken sollten, mir die Klassifizierung des Phänomens egal sein dürfte. Marilies Jagsch jedenfalls geht ein gutes Stück spartanischer zur Sache als ihre Kollegin. Die TeWi-Studentin, welche über eine Erscheinung verfügt, die sämtliche meiner Vorbehalte gegenüber ihren Kommilitoninnen zu zerstreuen vermag, erschuf ein in sich stimmiges, düster-atmosphärisches Debütwerk. Zumeist auf ihre etwas unterkühlte Stimme und eine Akustikgitarre limitiert, kreiert die gerade einmal 23-jährige Wienerin eine Art alpenländisches Pendant zu Rykarda Parasol, welche mich erst kürzlich via Glitterhouse verzauberte. Jagsch rückt mit ihrer Musik den Winter ins Bewusstsein, selbst wenn sogar noch der Herbst in weiter Ferne liegt. Ein Eindruck, welcher sich auch im schlicht-schönen Artwork niederschlägt.

"The Promised South" stellt nun die Debüt-Albumveröffentlichung nicht etwa von der Band (man blickt bereits stolz auf CD sowie EP), sondern von K&F Records dar. Jenem Label, welches mich vor einem halben Jahr mit seinem Sampler-Einstand „The Sound Of Bronkow“ überraschte. The Poem Is You rekrutieren ihre Mitglieder aus Brüssel, Berlin und Dresden. Bei letzterem mag sich der Kreis zur Plattenfirma schließen. Im Vergleich zu „Obituary For A Lost Mind“ agiert das Sextett allerdings mit geradezu exorbitanter Detailverliebtheit. Wenngleich das Artwork andeutet: Anstelle von Bombast erwartet den Hörer Americana-Tradition vom Feinsten. Fein ziseliert, etwa mit der rauen Perfektion, mit welcher Jim Jarmusch sein Western-Epos Dead Man inszenierte. Denn wenn Lambchop oder Low gelehrt haben, wie man derartige Hymnen aufbereitet – Daniel, Marie, Simon, Patrick, Sarah und Dominik haben zugehört. Und begeistern nicht zuletzt durch die abwechslungsreichen, von beiderlei Geschlechtern performten Vocals. The Poem Is You zelebrieren damit ihre besondere Form des Neofolk; gepackt in eine eigenwillige Produktion, die irgendwo zwischen Demostatus und charmanter Lo-Fi-Qualität auf elegante Weise überzeugen kann.

Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 41:43 / Singer-Songwriter
Bewertung: 7 von 10 Sternen / Spielzeit: 37:36 / Singer-Songwriter

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