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Green, Adam

"Macht euch um mich keine Sorgen..."

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sagt der junge Mann, der vor Kurzem 23 wurde. Ich bin gewillt seiner Aufforderung zu folgen, auch wenn der kleine Hauch Hilfsbedürftigkeit seinem Gesicht nach wie vor gut steht. ADAM GREEN ist zu Gast in Nürnberg. Keine 40 Stunden nach seinem Auftritt beim Immergut-Festival leitet uns die Tourmanagerin des umjubelten New Yorker Songwriters in den gemütlichen Backstageraum des K4´s. „Ich war hier schon mal? Mit den MOLDY PEACHES? Ach ja, das war lustig. Da hatte ich diesen bayerischen Hut auf.“ Mittlerweile ist er als Solokünstler bekannter als seine auf Eis gelegte Band. „Drei bis vier Interviews pro Tag gebe ich, wenn ich auf Tour bin. Ich höre schon immer wieder die selben Fragen, klar. Aber macht euch um mich keine Sorgen.“ Ansonsten bringt der Erfolg aber keine Nachteile: „Also, bis jetzt ist das alles ausschließlich positiv. Wirklich.“

„Mein neues Album ist das erste, das ich in einem richtigen Studio aufgenommen habe. Und ich bin wirklich sehr zufrieden damit. Das erste Album und auch die Moldy Peaches-Sachen sind eigentlich nur so Lo-Fi-mäßig aufgenommen, weil ich keine andere Wahl hatte. Wir hatten kein Geld, aber eben unsere Aufnahmegeräte daheim. Das war keine Entscheidung zugunsten dieses bestimmten Styles.“ Wissenswertes am Rande: Die erste ADAM GREEN -Platte ist bereits vor längerer Zeit entstanden; noch vor der ersten MOLDY PEACHES -Platte. Doch veröffentlicht wurde sie erst als es mit Adams Band bereits gen Ende ging. „Damals hätte ich es natürlich gern gesehen, wenn sie die CD gleich veröffentlicht hätten, aber sie wollten eben warten, bis die MOLDY PEACHES nicht mehr das große Thema waren. Die CD kam zunächst in Europa raus, selbstbetitelt, erst kurz danach in Amerika. Selbstbetitelte CD´s gefallen mir aber nicht so. Ich bin der Meinung dass alles einen eigenen Namen verdient, deswegen heißt sie dort jetzt Garfield. Drei neue Songs sind auch drauf. Ich war deswegen noch mal im Studio. Im Prinzip kann man fast von zwei unterschiedlichen CDs reden.“ Auf beiden Varianten findet sich der Song „baby’s gonna die tonight“. Im Lied selbst lässt ADAM GREEN jedoch den titelgebenden Satz weg und singt stattdessen ausschließlich baby´s gonna be alright. „Es ist ja so dass auf der CD immer nur „gonna be alright“ kommt, und die Zeile „and it don´t mean I don´t love you when I put a gun to your face…“sagt ja auch einiges. Früher habe ich das wie auf Platte gesungen. Irgendwann hab ich den Text einfach geändert. Jetzt singe ich „baby´s gonna die tonight“.“ Sein Gesicht aber verrät, dass er nicht allzu viel Lust hat darüber zu reden. Die Antwort hätte auch aus reiner Langeweile entstanden sein können. Man weiß es nicht. ADAM GREEN lässt eben nicht immer erkennen, was er wirklich ernst meint.

Desweiteren hat der nahezu rastlose Adam auch ein „Adam Green Magazine“ veröffentlicht. „Ja, das Magazin, da stehen so ein paar Dinge drin. Ich schreibe das alles in mein Notizbuch das ich immer mit mir rumtrage. Aber keine Songtexte, das mache ich mit einem Aufnahmegerät. Immer wenn mir etwas einfällt, dann singe ich gleich Texte und Melodie und nehme es auf. Und später schaue ich dann, dass ich die passenden Akkorde dazu finde. Ich versuche mich immer beschäftigt zu halten. Immer etwas zu tun zu haben.“

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Hat ADAM GREEN wirklich mal gesagt, dass er nie den selben Song zweimal schreiben würde, dass genau das einen großen Songwriter ausmacht? „Naja, ich versuche es zumindest. Manchmal ertappe ich mich dabei wenn ich einen neuen Song probiere, dass Elemente aus alten Songs drin sind. Aber ein Song entsteht ja sowieso über einen längeren Zeitraum und die Zeit läuft weiter. Viele Dinge werden dann in einer Art Filterungsprozess einfach wieder rausgeworfen. Trotzdem muss ich manchmal wenn ich die Lieder spiele daran denken. Das sind dann Worte die nie jemand anders hören wird bei diesem Song, weil ich sie eben nicht singe, aber sie gehen mir dennoch durch den Kopf. Für mich ist es genauso wichtig zu wissen was ich nicht schreiben will, wie zu wissen was ich schreiben will.“

ADAM GREEN hat all seine Mitstreiter in einer mittlerweile berühmten Bar kenngelernt. Im Sidewalk Café, der Keimzelle des Anti Folk sozusagen. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Leute wirklich wissen was das überhaupt ist, die New Yorker Antifolk-Szene. Bei den Open Mics kann man einfach hingehen, sich eintragen lassen und dann dort zwei, oder drei Songs zum Besten geben. Jeder kann das tun. Man trifft einfach so viele kreative Menschen dort, das ist wirklich das wichtigste daran. Ich bin ziemlich oft auf Tour, deswegen bin ich nicht mehr so oft da, geschweige denn spiele dort. Wenn ich einen neuen Song geschrieben habe, kann ich den bei meinem nächsten Konzert einfach spielen. Früher konnte ich nirgendwo anders spielen. Die Open Mics waren die einzige Möglichkeit.“ Eine Art Starthilfe, wenn man das so sagen mag. Viel basiert dort eben auch auf den Texten. Sind die Texte bei seinem neuen Album auch das wichtigste? „Ich würde sagen, die Texte sind genauso wichtig wie die Musik, nicht wichtiger. Ich gebe mir ja Mühe. Das sind persönliche Texte. Ich finde das auch gut, wenn die Leute sich selbst Gedanken machen und Songs vielleicht anders interpretieren, als ich es gemeint habe. Der Song bleibt für mich selbst sehr persönlich, aber die Menschen können natürlich eine eigene, ganz andere persönliche Beziehung zu dem Song entwickeln. In erster Linie müssen die Texte mich interessieren. Wenn sie mich nicht interessieren würden, wer sollte sich denn dann schon dafür interessieren?“

Wie bereits erwähnt spielte ADAM GREEN auch auf dem Immergut-Festival. Nicht nur für die Festivalbesucher etwas Besonderes: „Ich kannte das Festival bis vor einer Woche gar nicht. Aber es war absolut aufregend vor so vielen Leuten zu spielen. Das hat mir sehr gefallen, eines der größten Konzerte bis jetzt.“ Festivalbesucher sind ja meistens schlechtere Zuhörer, als Menschen bei Clubkonzerten, dennoch: „I think especially the people at this festival were pretty good listeners. In Amerika spiele ich für gewöhnlich vor nicht so vielen Menschen. In Spanien hab ich noch auf einem größeren Festival gespielt, und mit den Moldy Peaches in Reading und Leeds. In Deutschland sind die Konzerte definitiv am besten besucht. Mittlerweile sind die Konzerte fast überall ausverkauft. Hier spiele ich wirklich gerne. Wenn jemand aus Deutschland anfragt, Ich komme…. Auf Tour lernt man immer viele nette Menschen kennen, aber am meisten freue ich mich, dass ich meine Band einfach noch näher kennen lerne, weil wir einfach so oft zusammen sind. Wir müssen mittlerweile nicht mehr auf Fußböden schlafen. Dafür schlafe ich jetzt immer im Bus.“ Zumindest auf dieser Deutschland-Tour. Der Umstand lässt ihn nicht weniger glücklich, dafür aber doch umso müder aussehen. Fehlinformation dafür in Sachen Lampenfieber. Aus dem Internet wurde kolportiert, dass Mister Green da immer noch ein handfestes Problem hätte. Doch das ganze erweist sich als unwahr. „Nein, das ist höchstens mal ganz normale Nervosität. Das war bei den MOLDY PEACHES auch nicht anders. Da hat sich eigentlich nichts verändert.“

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Auf seiner Homepage findet sich der Satz „Let it be known… Mr. Green does not chat in chatrooms. beware of Impostors“. Was hat es damit auf sich? „Das ist wirklich wichtig. Ich bin ein Mensch, der so etwas einfach nicht macht. Es gibt „friendster“, das ist so eine Art chat-community. Da gibt es eben Menschen, die sich ein Profil unter meinem Namen erstellen und dann ein Foto von mir mit einbauen. Mich haben schon viel angesprochen, dass sie mal online mit mir geredet hätten. Aber ich mache das nicht, und ich schreibe auch kaum emails. Menschen die sich die Mühe machen auf meine Homepage zu gehen und somit ja schon ein gewisses Interesse für mich entgegenbringen, sollten einfach gewarnt sein. Also, wenn du einen Adam Green im Internet triffst, das bin nicht ich.“

Was bringt die Zukunft für all die ADAM GREEN, bzw. MOLDY PEACHES -Fans? „Ich war jetzt im April mit meiner Band zusammen im Studio. Das kommt dann im Oktober raus. So ist das zumindest geplant. Das hängt ja immer alles von der Plattenfirma ab. Die MOLDY PEACHES hingegen machen gerade nur eine Pause. Gut möglich dass wir in zehn Jahren da weitermachen, wo wir damals aufgehört haben.“ ADAM GREEN wirkt ein wenig zerstreut. Das Interview ist vorbei, wir verabschieden uns. Und ist er denn jetzt wirklich nicht gelangweilt von den vielen Interviews? „Naja, ich denke wenn ihr all das wissen wollt, dann gebe ich euch gerne eine Antwort darauf.“ Er bleibt einfach in dem kleinen Raum sitzen. Als wüsste er sowieso nicht was er jetzt tun soll. Zwei Interviews werden noch folgen. Wir machen uns keine Sorgen. Erst recht nicht nach dem wunderbaren Konzert. Punkt.

Interview: Sebastian Zapf und Sebastian Gloser
Text: Sebastian Zapf


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