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At The Drive-In

Vor dem Erfolg, nach der Trennung

[dieses interview haben wir ursprünglich für das rotefadenfanzine geführt. da sich seit dem release von "relationship of command" aber vieles verändert hat, denken wir, dass eine neuveröffentlichung unseres gespräches durchaus sinn macht. nach dem großen erfolg auf virgin ist es ja gar nicht mehr so einfach, ein interview mit den jungs zu machen... anlaß des gespräches während ihrer tour durch kleine clubs in deutschland war übrigens die veröffentlichung der "vaya"-ep]]
Von der Presse als die Speerspitze des US-"Postcore" bezeichnet, spielen At The Drive-In ihren Sound nun schon seit drei Alben. Das aktuelle Werk, die „Vaya"-EP, geht allerdings einen guten Schritt weiter. Als Referenz fällt mir hier nur Fugazi zu „Red Medicine"-Zeiten ein. Weit weg von geradlinigen Songstrukturen und eingängiger Melodieführung schufen sie ein 25-minütiges Meisterwerk, mit dem sie sogar Anhänger erstklassiger Acts wie Avail beeindrucken dürften. Wir sprachen mit Tony, Jim, Cedric, Omar und Pall vor ihrem Konzert im Nürnberger K4. Im allgemeinen Durcheinander war es mir übrigens nicht mehr möglich, die Antworten den entsprechenden Mitgliedern zuzuordnen. Sorry dafür.

Wenn man den größeren Musikzeitschriften in D-land glaubt, gelingt Euch mit der neuen Platte (die übrigens im Juni erscheinen soll) der Durchbruch. Verantwortlich dafür soll besonders die Tatsache sein, dass das Werk von Ross Robinson (KoRn, Soulfly, Sepultura, Slipknot) produziert ist. Wie kam es dazu?

Es war nicht so, dass wir auf Ross zugehen musste. Eher umgkehrt, er wollte uns produzieren. Er hatte genug vom Rap-metal. Der Arme bekommt pro Woche 20 CD’s von Bands die wie KoRn klingen (möchten). Irgendwann sind wir dazu übergegangen die Silberlinge für 3 Sekunden in die Mikrowelle zu legen. Du machst sie an und das Ding fliegt durch die Luft... schaut fantastisch aus! Für Ross ist diese Sache längst abgeschlossen. Er hat aus Bands für die sich niemand interessiert hatte das „nächste große Ding" gemacht. Aber jetzt ist es genug.
Privat hört er sowieso Gruppen wie Birthday Party, Nick Cave oder The Cure.
Trotzdem denke ich, dass die Zusammenarbei ihm mehr Probleme einbringt als uns. Ich meine, uns kennt ja keiner, aber Ross... der kann sich dann anhören: „Ey, Ross, du Weichei! Was ist denn mit dir los? Die Typen singen ja! Shit, die haben Melodien..." Schau dir halt mal an wer KoRn hört. Ich denke jedenfalls, das unsere neue CD in vielen Abfalleimern frustrierter Ross Robinson-Fans landen wird, hehe...

Gefällt Euch die Musik „seiner" Bands?

Wir hören sowas nicht. Für die die Gruppen ist es toll, sie haben sich jahrelang den Arsch abgespielt und sehen jetzt Geld dafür. Es ist einfach nicht unser Ding. Aber deswegen reden wir nicht schlecht über sie. Und zu dem Vorwurf das wir jetzt kommerzieller klingen könnten: darüber haben wir auch nachgedacht als das Angebot von Ross kam. Aber dann sagten wir uns: Fuck it! Warum sollen wir uns wegen so etwas limitieren? Das wäre doch Unsinn! Ich denke nicht, dass wir zugänglicher geworden sind. Aber das werden die Leute sehen wenn das Album erscheit. Ich wünschte die Leute hätten mehr vertrauen in unseren Musikgeschmack.

Seid Ihr denn noch bei Fearless Records?

Kein Emolabel wollte jetzt noch mit uns arbeiten. Ich habe das Gefühl, die Leute denken ihnen gehört eine Band solange sie sie entdecken wenn sie unbekannt ist. Und wehe die Band wird bekannt, das wäre eine persönliche Beleidigung und Hochverrat.
Also sind wir zu den Majorlabels gegangen. Und was soll ich sagen? Die waren einfach 10.000 mal realistischer und unkomplizierter.

Und fühlt ihr Euch der Hardcoreszene noch verbunden?

Mit der Hardcoreszene haben wir gar nichts am Hut. Es ist eher so, dass die sich über uns lustig machen. Ich war Hardcore als ich in der neunten Klasse war. Das letzte an was ich mich erinnern kann ist Youth Of Today. Ach ja, mit Earth Crisis haben wir mal gespielt, aber das war eine üble Sache...

Wenn man sich das Catering so anschaut scheint ihr ja Straight Edge zu sein...

Wir sind Vegetarier. Ich war zu Minor Threat-Zeiten Straight Edge. Aber das hat mit der heutige Szene nichts mehr zu tun. Früher bedeutete sXe: ich habe ein schwarzes X auf meinem Handrücken, das heisst für dich, dass ich nichts mit Drogen zu tun haben will. Heute wäre es wohl so, das ich dich verprügeln würde wenn du nicht sXe bist. Das ist so erbärmlich und... ah, ich sollte besser aufhören, bevor ich mich selbst in Schwierigkeiten bringe. Der Unsinn macht mich wahnsinnig! Weißt du, wir haben in Philadelphia eine Show mit den Get Up Kids gespielt und es gab ein riesige Prügelei. Und das alles nur wegen einiger Hardcoreler, die wegen den Get Up Kids (??? - red.) da waren. Ich meine, was hat ein 200-Pfund Mann für ein Recht einem 100-Pfund-Mädchen in den Rücken zu treten? Das hat absolut nichts mit dem zu tun, weshalb ich angefangen habe Musik zu machen.

Das Layout Eurer „Vaya"-EP ist von Joe D. Foster. Ist das der von Ignite?

Ja, genau. Ich habe aber gar nicht gewusst wie bekannt er ist. Ich habe noch nie in meinem Leben Ignite gehört... auf jeden Fall ist er voll in Ordung. Er nahm uns mit nach Hause und hatte einige echt gute Ideen. Sonst haben wir aber auch nichts mit ihm zu tun. Er macht halt Layoutarbeiten für diverse Bands.

Was hat es denn mit den Texten auf „Vaya" auf sich? Leicht verständlich sind sie ja nicht gerade.

In „198d" zum Beispiel geht um das Grab in dem Tonys Mam beerdigt ist. Jemand hat den Grabstein umgestossen. Und der einzige Weg das Grab zu finden ist durch die Nummer auf dem Stein: 198d. In „Ursa Minor" geht es um Science Fiction. Und „Proxima Centauri" ist inspiriert von einer „Twighlight Zone"-Folge, in der die Außerirdischen auf die Erde kommen und den Menschen durch ein Buch Hilfe anbieten. Es heißt „How To Serve Men". Am Schluss stellt sich dann heraus, dass es ein Kochbuch ist...

Und jetzt die Standardfrage: Postpunk und Emocore, was haltet ihr von....

...hahaha, natürlich. Ich denke halt, es ist Musik. Und wenn schon ein Etikett, dann am ehesten Rock’n’Roll. So kann man alles nennen und ich hasse dieses Schubladenenken. Darum geht es in den USA: bist du East Coast Hardcore...West Coast Punkrock... Mid-West-Cal-Core…San Diego Goth-Core…? Stell dir vor es gibt kein „Core" mehr! Wir sind No-Core!! Wir sind Friendly-Core!!! Und wenn wir hier spielen sind wir German-Core.

Gibt es in den USA deutsche Bands die ihr kennt, z. B. Atari Teenage Riot?

Atari Teenage Riot, ja klar. Die waren auch mit Rage Against The Machine auf Tour, wie wir. Mir persönlich machen die aber Angst... Das ist mir zuviel! Meine Lieblingsband aus Deutschland ist Notwist.

Und zu Hause, habt ihr da eigentlich Jobs oder ist die Band genug?

Zur Zeit ist die Band genug. Wir sind eigentlich nie zu Hause.Gearbeitet haben wir als Mechaniker, Kellner und Tony hat seinen Abschluss in Chemie.

Okay, wolltet ihr noch irgendwas sagen?

Ja, denn eigentlich sollte zu dieser Tour noch eine Split-Single mit Sunshine erscheinen. Aber der Typ in Boston hat es vermasselt. Sein Name ist übrigens Rama Meio. Und er arbeitet für Big Wheel Recreation. Und Rama, wenn du das hier liest... YOU FUCKED IT UP, haha!!!!!!!!
Und wir haben ihn angerufen, aber alles was er sagte war: „...blablabla...Ausrede....Ausrede....". Es soll in pinkem Vinyl erscheinen und wird wohl über Green Hell erhältlich sein.


Michael Streitberger


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