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Sigur Ros

Takk

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Es fällt schwer die Musik Sigur Ros’ nicht mit einfältigen Metaphern zu beschreiben. Aber immer dann, wenn Musik aus einer vollkommen anderen Richtung zu kommen scheint, als man sie erwartet, dann bleiben einem wohl nur die Metaphern. Bei ihrem neuen Album „Takk“ treffen Sigur Ros diesmal auf den guten Freund Eingängigkeit, dem man schon oft über den Weg gelaufen ist aber nie wirklich die Hand geschüttelt hat. Diesmal wird er sogar auf eine Tasse Tee eingeladen. Lange bleiben darf er trotzdem nicht. Sigur Ros sind noch immer Meilen entfernt von üblichen Hörgewohnheiten. Aber das sind viele andere Bands und Künstler ja auch, gerade aus Island. Ob das Björk oder Mum sind, irgendwie scheint bei fehlender Sonne, zu viel Kälte und entsprechender Kultur und Geschichte das Gehirn (oder besser: das Herz) ein wenig anders zu arbeiten. Was Sigur Ros allerdings aus der Menge hebt, ist ihre beherzte Herangehensweise an die Musik. „Takk“ wurde im eigenen Studio aufgenommen, einem umfunktionierten Schwimmbad, und irgendwie merkt man der Band an, dass sie sich endgültig eingespielt hat. Alles funktioniert und greift ineinander über. Selbst wenn in „Sé Lest“ plötzlich eine fröhliche Polka dahergelaufen kommt, fühlt man sich dennoch nicht im falschen Film. Die Isländer haben es geschafft, ihren Ruf als kompromisslose, intelligente und fremde Künstler um die Komponente zu erweitern, die viele Fans fürchten (im Falle Sigur Ros’ aber wohl nie zu fürchten brauchen): Eingängigkeit. Denn „Takk“ kann man voller Begeisterung hören, ohne sich anstrengen zu müssen. Es werden einem keine Songstrukturen aufgezwungen, die undurchsichtig und verwirrend sind. Vielmehr wird man festgehalten, oftmals von der orchestralen Wucht. In „Sæglópur“ zum Beispiel. Und wo das „Q“-Magazine noch schrieb, „Ágætis Byrjun“ sei das letzte große Album des 20. Jahrhunderts gewesen, so könnte man leichten Fuße das neue Album „Takk“ als erstes großes Album des 21. Jahrhunderts beschreiben. Das einzige, was einen jedoch davon abhält, diesem Album die volle Punktzahl zu geben, ist die Angst, dass danach nach oben keine Luft mehr ist. Und wo stünden Sigur Ros dann, wenn es keine Grenzen mehr zu erweitern gäbe?

Bewertung: 9 von 10 Sternen / Spielzeit: 65:33 / Sphärische Popmusik

Robert Heldner


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