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Muff Potter

Von wegen

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Muff Potter gehen mit ihrem fünften Album (mal wieder) neue Wege. Man hat den Schritt gewagt und beim Major Universal eine neue Heimat gefunden. Passt nicht? Passt doch! Denn vielleicht bekommen Muff Potter jetzt endlich die Aufmerksamkeit, die sie sich über die Jahre verdient haben. Wer denkt Muff Potter würden jetzt glattgebügelten Rock spielen, der beim aktuellen Deutsch-Hype seinen Weg ins Radio findet, hat sich aber getäuscht. Davon sind die vier Münsteraner immer noch Welten entfernt, zumal das neue Album schon längst im Kasten war, bevor man bei der neuen Plattenfirma unterschrieben hat. Gleich geblieben ist, dass Muff Potter immer noch mit ihrer Mischung aus Deutschpunk im Emokontext überzeugen. Egal, ob man die Band mit den überragenden „Bordsteinkantengeschichten“ kennen gelernt hat oder mit dem Nachfolger „Heute wird gewonnen, bitte“: das Quartett macht sich stets mit textlicher Tiefe und druckvollen Rocksongs unentbehrlich und das ändert sich auch mit „Von wegen“ nicht. Im Gegenteil. Muff Potter haben immer noch einiges zu sagen und genügend Geschichten, die es lohnt zu erzählen. „Punkt 9“ ist der Song auf den man schon länger gewartet hat: da wird mit klaren Worten mit dem ganzen neuen Deutschtum-Mist aufgeräumt, der sich immer weiter ausbreitet. „Meine Generation zum Sterben bereit, die meisten tun mir nicht mal leid“ heißt es bei „Wecker? Tickt“ und wem beim Titelsong nicht das Herz aufgeht oder die Augen feucht werden, weiß wahrscheinlich nicht mal, wie man G-e-f-ü-h-l buchstabiert. Dabei geht es hier nicht um ewige Betroffenheit und permanentes Kopf-zum-Boden-senken, sondern vielmehr um den Kopf wieder zu heben und die Faust nach oben zu strecken. Mit „Sexhit“ hat man nicht nur einen etwas doofen Titel im Programm, sondern vor allem auch einen großartigen – fast schon ungewöhnlich fröhlichen – Song auf dem Album. Wenn im Refrain die heißere, kratzige Stimme „ich will alles nehmen und geben“ schreit, fühlt sich das an wie frisch verlieben. Sänger Nagel hat unlängst seine Liebe zu Jimmy Eat World bekundet. Gleichzeitig berührende Balladen und kraftvolle Rocksongs zu schreiben, bewundert er und auf diesem Album ist das Muff Potter besonders gut gelungen. Wenn am Ende von „Bring dich doch selbst nach Haus“ die Tür zu knallt, hätte man bereits einen würdigen Schlusspunkt gefunden, aber Muff Potter legen noch einmal zwei Songs nach. „Den Haag“ glänzt ein weiteres Mal mit fantastischen, textlichen Geistesblitzen und lässt uns wissen „wenn die Liebe ein Schlachtfeld ist, dann ist das jetzt dein Den Haag“. Geht es noch besser? Ja, vielleicht auf der nächsten Muff Potter-Platte. Bis dahin wird dieses Glanzstück unseren Kopf oben halten - unter Garantie!

Bewertung: 8 von 10 Punkten / Spielzeit: 43:21 / Rock

Sebastian Gloser


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