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MISC - sellfish.de Beifang 12/05 | 02

Miscellaneaus: Genrekram*EP*Vinyl*MCD*Sampler*Demos*Soundtrack

Jede Woche neu bei sellfish.de: Sachen, die normalerweise unterzugehen drohen. Oft verdient und von manchen verachtet lassen sich in dieser Rubrik aber immer wieder auch echte kleine Perlen entdecken...

Anna Zoitke DEMO

Eigenvertrieb

Anna Zoitke Anna Zoitke ist die Band bzw. das Projekt von Crash Tokio-Gitarrist Hase. Mit drei Songs geben sie nun ein erstes Lebenszeichen von sich und das prägt sich gleich mal gut ein und verlangt Nachschub. Deutsche Texte umzingelt von einem recht elektronischem Sound, der aber neben Keyboard, aber auch Schlagzeug, Gitarre, Bass vereinigt und mal kraftvoll rockt oder mehr nachdenklich daherkommt. Bei „Schwer zu sagen“ nimmt einen sofort der Refrain gefangen und animiert zum Mitmachen. „Ich glaub ich muss jetzt“ kann als Halbballade verbucht werden und versprüht teilweise fast schon melancholischen Blumfeld-Charme. Bravourös gemeistert den Song, genau wie „Microphon“, was ordentlich lospoltert, dann Tempo rausnimmt, nur um dann noch schneller nach vorne zu stolpern. Wenn die Songs jetzt noch mehr in die Tiefe gehen, Hase seinen Gesang noch etwas mehr variiert, dann wird das richtig gut und man darf auf ein erstes Album gespannt sein.
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 9:43 / indierock / annazoitke.de
Sebastian Gloser

Dance Inc., The - All Is Lost EP

Audiolith / Broken Silence

The Dance Inc. melden sich mit einer weiteren 12” zurück. Der Opener Catpurr legt mit einem stoischem 4/4 Beat und einer treibenden Bassline los und erinnert noch am ehesten an den 2004er Hit „The Kiss“. Amüsant am Song ist das mit Soundeffekten nachgeahmte elektrifizierte Schnurren und Maunzen von Katzen. A2 ist dann ein selbstgefertigter Remix von Catpurr, der allerdings uninspiriert und mit einem nervigen Vocalloop daherkommt. Da kann auch der schön modulierte Sound im letzten Drittel nichts mehr reißen. Der darauffolgende Titelsong wird von einer dreckigen verzerrten Gitarre und einem treibenden Beat dominiert. Es wird also noch mal richtig Gas gegeben bevor das getragene, melancholische „Those who sleep on roads“ die EP beendet. Insgesamt gesehen entwickeln sich The Dance Inc. von ihrem bisherigen Wave-Pop stärker hin zu Tech-House, aber so richtig angekommen ist man da noch nicht. Für den Club zu untauglich und für die Indie Dancefloors zu technoid hängt „All is lost“ irgendwo zwischen den Welten. Könnte also für Leute ok gehen, die ebenso zwischen den Welten hängen.
Bewertung: 5 von 10 Sternen / 17:30 / Tech-House / thedanceinc.com
Steffen Kern

Japanische Kampfhörspiele - Deutschland von vorne EP

Bastardized Recordings

Wem die Japanischen Kampfhörspiele bisher nur vom Namen her aufgefallen sind, darf jetzt mal genauer hinhören, denn ihre EP, vielmehr Minialbum hat es in sich. Unter dem Titel „Deutschland von vorne“ haben die Grindpunks acht Coversongs versammelt, die Geschmack beweisen und einen kleinen, interessanten Einblick in die letzten 25 Jahre deutschsprachiger Musik geben. Da wird gnadenlos in ein bis zwei Minuten niedergeknüppelt, was vorher Jahre lang aufgebaut wurde. „Diese Menschen sind (halbwegs) ehrlich“ von den Goldenen Zitronen wird gnadenlos durch den Tempowolf gedreht und übrig bleibt zunächst nur ein breites Lächeln und der Klang von Slipknot-Gitarren. „Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst“ von Tocotronic und „Kummer“ von Trio geht es da nicht anders, das ist verdammt gut gemacht. „Der Mord fällt aus“ - ursprünglich von EA80 - erinnert zwischenzeitlich an „Get It On“ von Turbonegro und ist nur ein Highlights unter vielen. Die lange Doom-Version von Eisenvaters „Der Greuel“ setzt dem ganzen die Krone auf. Was zunächst nur brachial wirkt, offenbart nach und nach liebevolle Details und festigt die Daseinsberechtigung von Japanische Kampfhörspiele und Grindpunk im Allgemeinen.
Bewertung: 8 von 10 Sternen / 22:58 / Grindpunk / japanischekampfhoerspiele.de
Sebastian Gloser

Ladymen - In Love DEMO

Eigenvertrieb

Mit auffallendem, bewusst geschmacklosem Erscheinungsbild treiben Ladymen seit über einem Jahr ihr Unwesen in Konstanz und Umgebung. Und wenn das so weiter geht, ist es nur eine Frage der Zeit bis sie auch Berlin, Hamburg oder Köln auf den Kopf stellen. Potential ist jedenfalls da, so schlecht der Bandname ist, so gut ist mancher Song, den Ladymen ans Tageslicht bringen. „She Loops“ hüpft im besten Stonerrock-Gewand durch die Gegend und erinnert in Art und Coolness durchaus an die Queens Of The Stone Age. „Lights Out!“ kann man ruhig als mitreißenden Song bezeichnen, während bei „The Process“ herzerweichend um Hilfe geschrieen wird. Dort wo sich Punk, Stonergitarren und Pop vermischen, fühlen sich Ladymen wohl und nicht ganz zu unrecht, wie die sechs Songs auf ihrem zweiten Demo „In Love“ beweisen. Da wünscht man den drei Herren Durchhaltevermögen, noch ein paar gute Songs und irgendwann hoffentlich ein Album, welches größere Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 20:46 / Stonerrock / ladymen-music.de
Sebastian Gloser

V/A - A Tribute To Dischord CD

Millipede Records

Tribute-Alben für Dischord Records sind immer ein gewagtes Unterfangen. Viele jedenfalls sind schon bei dem Versuch gescheitert, Bands des legendären Washingtoner Indie-Labels Respekt zu zollen. Nun wagt sich mit Millipede aus Nürnberger ein kleines, aber feines Liebhaber-Label an diese Mission... und zieht sich verdammt gut aus der Affäre. Vielleicht deswegen, weil man sich keinem bestimmten Vertreter widmet, sondern quer durch das gesamte Repertoire spielt. Angefangen bei den Hardcore-/Punkrock-Roots (Minor Threat, Void) über Highlights wie Jawbox oder natürlich die unverzichtbaren Fugazi bis hin zu den späten, teils sehr experimentellen Signings. Interpretiert wird das Schaffen vor allen Dingen von einheimischen (u.a. Peace Of Mind, The European Translation Of, Lá Par Force), zum überwiegenden Teil aus dem Einzugsgebiet des Labels (z.B. Amen 81, Ex-Flamingo Massacres Eve Massacre oder die leider aufgelösten Sky Promises Rain) stammenden Musikern. Doch auch einige ausländische Formationen sind dabei: Da wären die wunderbaren Rydell aus England oder das aktuelle Millipede-US-Thema Squarewell. Aus innovativer Sicht ganz weit vorne: Robocop Kraus, die Minor Threats "Filler" einfach eindeutschten und statt Gitarren Keyboard-Sounds verwenden - mit völlig genialem Resultat. Bleed Into One als einer von wenigen Hardcore-Vertretern kümmern sich standesgemäß um die göttlichen Void. The National Blue wagen sich mit Slant 6 an ein unbekannteres Kapitel und überraschen mit gewagtem Bläsereinsatz. Fazit: Manche mögen bei diesem Projekt kritisieren, dass die Produktion hier und da etwas schwach ausgefallen ist. Viel mehr negative Aspekte lassen sich aber nicht finden. Die Adaptionen sind mal nahe am Original, mal echte Neuinterpretationen und immer kurzweilig. Das Artwork von "A Tribute To Dischord Records" fällt zudem definitiv überdurchschnittlich aus und glänzt mit feinen Linernotes.
 -- / 73:48 / Indie / millipederecords.de
Michael Streitberger

XLookingforwardX - The Path We Tread CD

Facedown / Cargo

Sie sind straight edge und (!) religiös... Heiderzacken, kein Wunder dass sich bei XLookingfrwardX jede Menge überschüssige Energie anstaut. Bleibt wohl nicht mehr viel Möglichkeit für Spaß im Leben übrig. Und wenn doch, dann steckt man den offenbar in die Musik. "The Path We Tread" ist jedenfalls eine Hardcore-Keule allererster Kajüte. In nicht einmal 30 Minuten bei 19 Songs rockt die Ostküsten-Familienbande (in ihren Reihen befinden sich zwei Brüder und ein Cousin) alles in Grund und Boden, was sich ihr in den christlichen Weg stellt. Gorilla Biscuits, Youth Of Today oder neuerdings Champion sind Anhaltspunkte für den leidenschaftlichen, hyperenergetischen und herrlich ungehobelten Sound der Vier. Breakdowns, Gangshouts, vereinzelte Singalong-Parts und eine durchschnittliche Songlänge von eineinhalb Minuten sollten jedem Fingerpointer schnell einen steifen Arm und der Band brodelnde Pits bescheeren. Ehrlich, XLookingforwardX haben eine astreine Scheibe fabriziert: Packend, intensiv, verdammt kurzweilig - musikalisch einfach geil. Und mit Textzeilen wie "I won't drink, drink, drink and act like a fool, so i can fit in with you, so that you'll think that I'm cool" kann man sich direkt zurück in die Achtziger beamen... Tracks a lá "Sidelines" kombinieren dabei die Essenz aus Sick Of It All, Good Clean Fun (minus deren sympathische Ironie) und Comeback Kid zu echten Hits. Shit, wäre da nicht schon wieder diese enorme Gottesverbundenheit, ich würde allein aufgrund des enorm hohen Unterhaltungswertes glatt noch 'ne Note höher zücken...
Bewertung: 7 von 10 Sternen / 29:31 / Hardcore / xlookingforwardx.com
Michael Streitberger


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