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Home Of The Lame Interview

Malmö/Hamburg

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Felix Gebhard schüttelt den Kopf und rauft sich die Haare. „40 Leute auf der Gästeliste ... oh Mann!“ Sein Stift kritzelt einen weiteren Namen auf den Zettel mit Grand Hotel Logo. „Thees Uhlmann, +1“. Wieder Kopfschütteln. „Wenn man in Hamburg spielt, kommt man da wohl nicht drum herum. Aber was soll ich machen? Ich kenne die halt alle!“ Home of the Lame spielen diesen Abend im Knust, einen Steinwurf entfernt vom eigenen Label. Und es ist tatsächlich so, dass sich das Knust mit Menschen füllt, deren Köpfe man irgendwoher kennt. Marcus Wiebusch wird auch später da sitzen und sich mit fast väterlichem Nicken das Konzert ansehen. Immer wieder auch, von allen: Schulterklopfen. Felix Gebhard aka „Home of the Lame” spielt das erste Konzert in Hamburg nicht allein, sondern mit Band. Und auch nicht als Vorband, sondern als Gastgeber. Mit diesem schönen Debüt „Here of all Places“ geht das auch gut ...

“Home of the Lame“ gründet sich Mitte der Neunziger Jahre, irgendwo in Hannover. Den Namen leiht sich Felix Gebhard von einem Song der Band Nuisance und lässt seine musikalischen Pläne dann auch erst mal viele Jahre brach liegen. Er zieht um, nach Schweden, nach Malmö, und irgendwann wieder zurück nach Deutschland. Genauer: nach Hamburg. 2004 ist das, da liegt schon eine gemeinsame Tour mit Tomte und eine eigene EP hinter ihm. Da merkt der Musiker, dessen vibrierende, bedächtige Stimme im Interview abfärbt, dass er sich auf lange Sicht der Musik mit vollem Einsatz widmen möchte. Immer mit dabei trägt er seine Erfahrungen in Schweden, wohin es ihn auch immer wieder zurück zieht. Deshalb wird „Here of all Places“, sein Debütalbum, auch in Schweden aufgenommen.

Als ich Felix Gebhard im Knust treffe, Mitte Februar, liegt die gemeinsame Tour mit Element of Crime noch vor ihm. Die Feuertaufe mit einer eigenen Band auf Tour zu sein, aber bereits hinter ihm.

Gefällt dir das spielen mit Band besser, als allein auf der Bühne zu stehen?
Ja, auf jedenfall. Es ist zwar schwierig, da eine Wertung anzubringen, aber nachdem ich so lange allein gespielt habe ist es eine Wohltat, endlich eine Band im Rücken zu haben.

Was bedeutet es dir, im Vorprogramm von Element of Crime zu spielen?
Also ich muss ja zugeben, relativ spät auf diese Band gestoßen zu sein. Als damals alle von „Weißes Papier“ redeten, da hatte ich das gar nicht kapiert. Aber im Laufe der letzten Jahre habe ich mir ihre Diskgraphie zusammengekauft und mittlerweile schätze ich sehr, was sie machen. Und bei denen im Vorprogramm zu spielen ist für mich deshalb auch aufregend, weil das große Konzerte sein werden. Die ersten Auftritte werden wahrscheinlich ziemlich nervenaufreibend sein.

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Tomte haben damals, am Anfang ihrer Karriere, auch im Vorprogramm von EoC gespielt. Da mussten sie sich durch ein voreingenommenes Publikum quasi durchprügeln. Hast du da keine Berührungsängste?
Ich kann schlecht einschätzen, wie das Publikum von EoC ist. Ich denke aber auch, dass wir musikalisch ganz gut zusammen passen, das ist nicht vollkommen abwegig. Aber wer weiß. Vielleicht stören sie sich ja auch an der verbalen Ausdrucksweise etwas, das kann ich nicht einschätzen. Ich hoffe, dass man sich mit Respekt begegnen wird.

Du hast im Vorprogramm von Muff Potter gespielt. Das war dann ja, was das Kontrastprogramm angeht, schon fast die Reifeprüfung, oder?
Ja, wobei das noch relativ fair vonstatten ging. Klar gehen viele Menschen mit einer gewissen Einstellung auf Rockkonzerte, und die sind dann nicht besonders begeistert, wenn da einer allein mit Akustikgitarre herumjammert. Das kann ich absolut verstehen. Was mich bloß nervt ist, dass sich oftmals das Desinteresse des Publikums in einem Geräuschpegel manifestiert, der mich auf der Bühne aus dem Konzept bringt. Früher bin ich immer etwas sauer geworden, aber Mittlerweile habe ich mich dran gewöhnt.

Kannst du dich noch an deine erste Tour erinnern? Mit Tomte damals?

Ja. Das war eine interessante Erfahrung. Zum ersten mal 14 Tage am Stück unterwegs zu sein, das hat mir weitergeholfen. Danach habe ich, 2003, mit Max Schröder (Keyboard / Gitarre bei Tomte) in Berlin bei einem Freund die EP aufgenommen. Die habe ich damals sogar noch selbst herausgebracht. Zusammen mit einem Freund aus Malmö. Und dann wuchs das so langsam immer mehr.

Sind auf deinem Debütalbum ausschließlich neue Songs oder hast du dir im Laufe der Jahre einen kleinen Stock angelegt?

Bis auf zwei Songs sind alle Stücke im Laufe der zwölf Monate vor den Albumaufnahmen entstanden.

Was war der Grund für die Entscheidung, das Debütalbum in Schweden auszunehmen? Du hättest doch sicherlich auch den Hofproduzenten des Grand Hotels zur Verfügung haben können!
Gut, das stimmt. Aber mit den Musikern zusammenzuarbeiten, die letztlich auf dem Album zu hören sind, das ging eben nur in Schweden. Ich hätte die natürlich alle einfliegen lassen können, aber das wäre ein finanzielles Desaster geworden. (lacht) Ich bilde mir auch ein, dass sich die Atmosphäre, die da in Schweden herrscht, sich auf meinem Album niedergeschlagen hat. Mir erscheint diese Atmosphäre auch relativ spontan. Aber ich weiß nicht, ob das nach außen auch hörbar ist, oder ob ich mir das nur einbilde.

Du hast das Album in einer umgebauten Schule aufgenommen?
Richtig. Das war eine zum Tonstudio umfunktionierte alte Dorfschule, die einem Künstler gehört, der das alte Gebäude als Atelier benutzt. Er spielt auch etwas Percussion auf dem Album. Ich werde immer wieder gefragt, ob sich die Natur Schwedens in meiner Musik niederschlägt. Diese Frage kann ich nicht beantworten. Aber es ist klar, dass es förderlicher ist in den Pausen, wenn man einen Knoten in den Fingern und im Gehirn hat, direkt auf einer Wiese zu stehen und Pferde zu streicheln als an einer stark befahrenen Straße sich mal eben eine Zigarette zu drehen. Der Spätsommer im September damals war eben sehr angenehm, da kam fast Ferienstimmung auf. Was so natürlich auch nicht ganz stimmt. Denn irgendwann habe ich einen regelrechten Hüttenkoller bekommen, weil ich die ganze Zeit in diesem Haus gelebt habe und im Grunde fern ab jeder größeren Stadt mich ganz dem Aufnahmeprozess gewidmet habe.

Konntest du die Songs ohne Probleme zum Abschluss bringen? Kannst du Songs leicht loslassen?
Natürlich gibt es einige Songs, mit denen man sich herumquält und vielleicht ist das auch ein Zeichen dafür, dass sie nicht besonders gut sind. Bei diesen zehn Songs war es aber eigentlich kein Problem, sie fertig zu stellen. Schon allein wegen des begrenzten finanziellen und zeitlichen Rahmens. Aber das war letztlich auch sehr erleichternd. Denn als wir das Album aufgenommen und gemischt hatten und dann von Göteborg, wo wir das Album noch gemastert haben, zurückkamen, da fiel mir schon auch eine kleine Last von den Schultern. Da wusste ich, dass ich es geschafft hatte.

Interview, Fotos + Text: Robert Heldner


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