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FFF: Teil IV

Bystanders | Behind The Mask | Starfish Hotel | Them | Ordinary Man | The Science of Sleep

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Rain, arms and cops - gute Mischung

Bystanders hätte auch gut das Centerpiece des diesjährigen Fantasy Filmfests sein können. Dafür hätten schon die Eckdaten dieses Thrillers genügt: Herkunft ist die Klassikerschmiede Südkorea und Regisseur ist Kyung-soo, ein alter Kumpel von Park Chan-wook (Oldboy). Dazu Hauptdarsteller der Extra-Klasse in Person von Eric Moon (A Bittersweet Life) und Shin Eun-kyung (My Wife is a Gangster) und eine ordentliche Portion Gesellschaftskritik. Als kongeniales Ermittlungsteam sind die beiden Polizisten auf der Suche nach einem Serienkiller, der es auf diverse Schulkinder abgesehen hat und die – wie sich bald herausstellt – offensichtlich nicht ganz zufällig ausgesucht worden sind. Serienmäßig finden sich da kleine Kapseln in den Mägen der Opfer, die den Plot voran treiben und die Verwirrung steigern.

Auch wenn die Sozialkritik das ein oder andere Mal etwas zu offensichtlich um die Ecke kommt und die gutgemeinte Portion Humor einmal zu oft auf die Situationskomik abzielt, ist Kyung-soo mit Bystanders ein fantastischer Film gelungen, der sowohl die Masse, als auch die anspruchsvollen Zuschauer vereinen kann. Die Spannung bleibt fast immer auf einem hohen Level und das geniale Ende lässt einen zwangsläufig für eine Weile sprachlos zurück, wenn sich die virtuelle Faust tief in den Magen gräbt.

Sebastian gibt:


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Fucking Hell, Nebel zieht aber auch immer.

Behind the Mask: The Rise of Leslie Vernon entführt uns in eine Welt, in der die Morde in der Elmstreet, am Crystal Lake und in Haddonfield tatsächlich passierten. Eine Welt, in der ein neuer junger Stern im „Business of Fear" aufzugehen droht: Leslie Vernon. Der lässt sich von einem Kamerateam dabei begleiten, wie er seine Zielgruppe, sein Final Girl, seinen Gegenspieler, den Schauplatz und andere Details aussucht. Er gibt Interviews, zeigt dem Team seinen Mentor, der natürlich längst nicht mehr im Geschäft ist, und versucht alles in die Wege zu leiten, um sein persönliches Weihnachtsfest zu einem vollen Erfolg zu machen.

Das Ergebnis ist vor allem für Anhänger des 80er-Jahre Slasherfilms ein riesiger Spaß. Wann bekommt man schließlich bei einem Film schon mal so explizit die andere Seite der Medaille mit. Dabei ist die Entwicklung des Films von Anfang an klar. Sobald Leslie Vernon auf die Jagd geht, wird aus der Mockumentary ein echter Slasher. Das unterhält problemlos bis zum Ende. Ist gewitzt und nie zu plump. Geschickt werden die Regeln des Slasherfilms dekonstruiert. Vielleicht sieht ja gar mancher Scream jetzt mit anderen Augen. Ein ausgeklügelteres Skript hat es in diesem Genre wohl nie gegeben.

Basti gibt:

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Trotz Hasenkostüm kein wirklicher Hit...

Starfish Hotel bringt es fertig, eine recht simple Ehebruch-Geschichte mit einer Menge bedeutungsschwangerer Mystik und Symbolik aufzuladen. Ein Versuch sich mit David Lynch zu messen, der von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Regisseur John Williams verlässt sich ausschließlich auf ausdrucksstarke Bilder. Die Gesichte könnte man in einem Satz erzählen. Aber dann würde es sich gar nicht mehr lohnen, dem Film eine Chance zu geben. Für 98 Minuten Unterhaltung ist das zu wenig. Trotz Donnie Darko-Hasenkostüm. Aber das hatte Kontroll damals ja auch. Anyway, Starfish Hotel bietet Fans des ruhigen Asiakinos nichts neues. Sicherlich kein Werk, das den Weg in meine DVD-Sammlung finden wird.

Basti gibt: 5 von 10


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Der pure Horror über schlanke 75 Minuten: Them

Der französische Them bietet nichts neues. Kein Gramm zuviel Plot. Es geht um ein Paar, das des nachts aus dem Schlaf gerissen wird. Und entdeckt, dass ihr riesiges Haus soeben von Einbrechern angegangen wird. Dass die es allerdings weniger auf Hab und Gut, als auf das Leben der beiden Protagonisten abgesehen haben, dämmert ihnen recht schnell. Auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest gab es keinen nervenbelastenderen Film. Die Spannungsschraube wird bis zum Schluss extrem angezogen. Und entlädt sich in einem stimmigen Schlussbild. Selbst das abrupte Ende funktioniert hervorragend. Das sahen zwar nicht alle Kinogänger so - inklusive einem Herren, der die 90 Minuten lieber im Tiefschlaf verbracht hat. Trotzdem: Them ist in dem was er macht nahezu brilliant. Dass er dabei keinerlei Neuland im Bereich des Terrorfilms betritt steht auf einem anderen Blatt. Wer sich drauf einlässt, der erlebt einen der spannendsten Filme der letzten Zeit. Wer das nicht tut, der darf sich auf gepflegte Langeweile freuen. Kaum vorstellbar, eigentlich!

Basti gibt:

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Die Schrotflinte - der beste Freund des Bedrohten.

Der belgische Ordinary Man katapultiert einen gleich mal in bester in medias res Manier in die story - und die hat es in sich. Ein Geiselnehmer, der eigentlich nichts Böses will und ein Opfer, das irgendwann auch nicht mehr aus seiner Rolle kann. Dazu eine gemeine Ehefrau und ein zweifelhafter Dorfpolizist, all das bietet dieser Film, der über die gesamte Distanz immer wieder nette Überraschungen offenbart. Eine Mischung aus unterhaltsamen Krimi und Zustandbeschreibung vom alltäglichen Beziehungshorror zwischen Alltag und hinterhältigen Gemeinheiten. Gerne mal ohne Vorwarnung brutal und immer basierend auf der Frage, ob sich hier noch ein Stockholm Syndrome entwickeln kann.

Die Charaktere überzeugen meistens und wie Regisseur Vincent Lannoo den Plot weiterführt, indem er mit den Wetterverhältnissen und den Jahreszeiten spielt, ist schon hervorragend gemacht. Da passt es nur zu gut, wenn die nächtliche Autobahnfahrt zu Beginn des Films mit einem Song der wunderbaren belgischen Band Girls in Hawaii unterlegt ist und bereits an den ersten Szenen deutlich wird, dass Ordinary Man auf zwei Ebenen funktioniert. Vielleicht nicht der Film des diesjährigen Festivals, aber sicher einer, der sich später lohnt auf (Leih-)DVD begutachtet zu werden. Kategorie: Geheimtipp.

Sebastian gibt:

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Der Alptraum eines jeden Plattensammlers:
Vinyl ohne Hüllen und bestimmt völlig verkratzt.

Den Festivalabschluss markierte dann der sterbensschöne Film The Science of Sleep. Der Franzose Michel Gondry, der sich bereits als Musikvideo-Regisseur (u.a. Radiohead und Björk) und mit dem Oscar-gekrönten Film Eternal sunshine of the spotless mind einen Namen machte, etabliert sich hier endgültig mit einem vor Einfallsreichtum und Verspieltheit nur so übersprudelndem Film.

In der Hauptrolle spielt Gael Carcia Bernal den etwas unbeholfenen Stéphane. Der erhoffte neue Job als vermeintlicher Graphik-Designer in seinem Heimatland Frankreich entpuppt sich als eintönige Arbeit an Pin-up-Girl-Kalendern und über seinen kreativen Output rümpfen die neuen Mitarbeiter auch nur die Nase. Zwar scheint er in Nachbarin Stéphanie (Charlotte Gainsbourg) eine Seelenverwandte gefunden zu haben, mit der er seine kindlichen Gedankenspielereien teilen kann, komplizierter wird die Lage dann als er sich in sie verliebt. Um dabei das Herz der schönen Stéphanie zu erobern ist ihm nichts zu ungewöhnlich, wer wollte nicht schon immer mal vom Verehrer eine portable Zeitreise-Maschine geschenkt bekommen? Um dem oftmals frustrierenden Alltag zu entfliehen entwirft er als Traummoderater seine eigenen Welten, in denen Realität ist, was er als Realität definiert. Mit außergewöhnlich farbenfroh und liebenswert gestalteten Träumen des Protagonisten und brüllend komischen Dialogen und Szenen (wenn etwa der liebeskranke Stéphane in der Kneipe einfach direkt aus dem Zapfhahn trinkt), hat Gondry mit The Science of Sleep ein kleines vor Fantasie überlaufendes Meisterwerk geschaffen – passende Titel hätten auch „Die fabelhafte Welt des Stéphane“ oder „Eine unendliche Geschichte für Erwachsene“ sein können.

Dominik gibt:

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