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FFF: Teil III

Renaissance | Strange Circus | Hachet | The Woods | Scared

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Ein Date lässt sich doch auch netter gestalten...

Atemberaubende Schönheit. Der seltene Moment, in dem sich die technische Möglichkeit, eine Welt zu erschaffen, vereint mit einem unbändigen Drang, dies nur in Style zu tun. Die einzig passende Referenz, die zu diesem streng in schwarz-weiß, ohne jede Grautöne und Abstufungen gehaltenen Animationsfilm einfallen würde, wäre Sin City, doch auch Rodriguez' Comic-Geniestreich reicht nicht an dieses staunenswerte Paris des Jahres 2054 heran. Renaissance ist hinsichtlich des Stilwillens das Metropolis, der Bladerunner des Animationsgenres. Selbst die Hauptfiguren verströmen soviel Stil, dass man sie – wenn auch nicht gleich heiraten – so doch zumindest mit ein bis vier Gin Tonic zu schmutzigem Sex überzeugen möchte.

Leider kann die Plotentwicklung nicht ganz mit dem stilistischen Overkill mithalten: eine klassische Film Noir Geschichte, Femmes Fatales allenthalben, verrückte Wissenschaftler, böse Mächtige und mächtig Böse bevölkern dieses Paris der Zukunft. Zum Glück spielt alles auf einer realistischen, überzeugenden Ebene, so dass Humphrey Bogart, nicht jedoch James Bond oder Batman mitgedacht wird. Trotzdem schleichen sich gewisse Längen in den Film ein und letztenendes ist man überrascht dass Renaissance weniger als die gefühlten zwei Stunden dauert. Einerlei: ein absolutes Muss, denn soviel Stil und brillante Technik in 105 Minuten hat man lange nicht gesehen. Blade Runner ohne das pochende Herz meinetwegen, aber immerhin noch seven out of ten.

Christian gibt:


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atemberaubend - in jeder Hinsicht

Kindesmissbrauch, abgetrennte Gliedmaßen, Voyeurismus, Gruppensex, Selbstverstümmelung, Sadismus, Totschlag, Obsession, Schulmädchen… klar, wir sind in Japan gelandet. Sion Sono, Regisseur von Suicide Club, präsentiert in Strange Circus mit Sicherheit einen der seltsamsten Fantasy Filmfest-Beiträge. Denn so abseitig die oben aufgezählten Sujets auch klingen mögen, so abseitig ist auch die Darstellung derselben und so vertrackt das Spiel mit den Wirklichkeiten und Traumebenen, die auf eine eingehende Beschäftigung mit Psychoanalyse schließen lassen. Das erstaunliche ist – und wohl auch nur im asiatischen Kino so zu finden – der Wechsel zwischen traumwandlerischer Schönheit in den Bildern und einem immer wieder trashigen Approach. Perfektion und Unzulänglichkeit reiben ihre Schultern aneinander, so dass man geneigt ist, die Unzulänglichkeiten als absichtlich zu interpretieren und nur zur Abgrenzung der Schönheit des Traums zu sehen. Ein ohne Frage überaus interessanter Film, der gegen Ende etwas an Struktur zu verlieren scheint (oder absichtlich verliert, um die Ebenen stärker zu verwischen, während er im gleichen Moment in seinen Worten eine Abgrenzung der Ebenen versucht), aber insbesondere in der ersten Hälfte atemberaubend wirkt. In jeder Hinsicht.

Christian gibt:

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"Scare Boat" - das ist natürlich schon mal super.

Ja, ja, das Genre des Fun-Splatters… man sollte sich also nicht darüber beschweren, dass das Publikum per se herausgerissene Gliedmaßen und Blutfontänen aberwitzig findet, wenn man sich zum Besuch von Hatchet entschließt. Und auch wenn der Fun-Splatter als Genre nicht meine Tasse Blut ist, ich ja nicht einmal die Mutter aller Schlachten, Braindead, amüsant finde, so muss man zugeben, dass Hatchet im Rahmen des gesteckten Ziels fraglos punktet. Ein gut geschriebenes Buch, absurde Einfälle, gute Dialoge und im großen und ganzen gute Schauspielerleistungen lassen nicht zu, dass wir an der bewussten Amateurhaftigkeit des verunstalteten Monsters lange herumkritteln. Gerade die erste halbe Stunde, in der noch kein Blut fließt, weist den Autor und Regisseur Adam Green als einen talentierten Drehbuchschreiber aus. Nicht auszuschließen, dass man von ihm noch hören wird, wenn der andere Adam Green längst all seine Gemstones verschenkt hat.

Christian gibt: 7 von 10


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Eine hübsche Blume für die Dame.

Scared kann sich leider nicht richtig entscheiden. Aus der mauen Geschichte über eine Gruppe von Erstsemesterstudenten, die einen Ausflug in ein Naturreservat macht und dabei recht bald mit dem Tod konfrontiert wird, hätte man einen ordentlichen Fun-Splatter machen können. So fließt zwar desöfteren Blut, aber Pakphum Wongjinda nimmt seinen Film einfach zu ernst um daraus richtig Kapital schlagen zu können. 81 Minuten sind knapp bemessen, um einen ganzen Schulbus voller junger Menschen ums Eck zu bringen. Der Bodycount entsprechend hoch. Wer sein Hirn vorher auf Standby-Modus schaltet, wird trotzdem unterhalten. Der Rest ärgert sich wahrscheinlich über das konstruierte Ende und die bloße Anneinanderreihung von Stupid Moves. Als hirnloser Slasher funktioniert Scared trotzdem recht gut. Kein Wunder: Regisseur Wongjinda klaut dreist aus Filmen wie High Tension und Co. Am 23.8. kommt der Film übrigens schon via Legend auf DVD raus. Als Partyfilm taugt er allemal. Der Titel: Scared - Endstation Blutbad.

Basti gibt:

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stell dir einfach vor Harry Potter wäre hinter dir her

The Woods ist Harry Potter in der Horrorversion. Die junge, widerspenstige Heather, noch nichts von ihren mysteriösen Fähigkeiten ahnend, wird von ihrer Familie in ein entlegenes Internat mit allsamt bizarren Bewohnern und Lehrern abgeschoben. Schon in den ersten Tagen macht sich eine bedrückende, mysteriöse Atmosphäre breit und Heather hört die Wälder immer lauter rufen… Beklemmend und ernst gemeint entwickelt sich zwei Drittel der Spielzeit ein hervorragender amerikanischer Teenie-Horrorfilm, der in den 60ern spielt und auf Oneliner dankenswerterweise gänzlich verzichtet. Doch wie so oft bei Horrorfilmen, die ihr Mysterium nicht erklären wollen, sondern auf der übersinnlichen Spur die Geschwindigkeitsbegrenzungen gen Ende übertreten, leidet auch The Woods an der Auflösung und verleidet so das letzte Drittel. Ein weiterer dramaturgischer Fehlgriff ist es zudem, die klaustrophobische Atmosphäre des Mädcheninternats mehr oder weniger grundlos gegen einen Krankenhausausflug zu tauschen und so die unablässig weiterdrehende Spannungspirale an die frische Luft zu setzen. Schade, The Woods ist mehr als ordentliches Horror/Thriller-Kino, das aber an manchen Stellen mehr Potential vermuten lässt.

Christian gibt:

Autoren: Christian Ihle und Sebastian Zapf


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